Die Grazer Stadtentwicklung zielt aufgrund starken Wachstums und begrenzter Flächen auf die Verdichtung von innerstädtischen, infrastrukturell gut ausgestatteten Lagen ab, wo sie energieeffiziente, ressourcenschonende und emissionsarme Quartiere mit hoher Lebensqualität realisieren will. Neben der Schaffung von hochwertigem Wohnraum sind dabei qualitätsvolle öffentliche Räume, attraktive Fuß- und Radwege, bestmögliche Anbindungen an den öffentlichen Verkehr sowie die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs wichtige Zielsetzungen der Stadt.
Das in Bau befindliche 127.000 Quadratmeter große Quartier an der Waagner-Biro-Straße liegt nordwestlich des Grazer Hauptbahnhofs. Das ehemalige Industrie- und Gewerbegebiet wird, moderiert von Architekt Markus Pernthaler, bis 2023 zu einem smarten, energieautarken Stadteil transformiert. (Siehe auch Stadt Graz, Link > smartcitygraz.at)
Status Quo Jänner 2020
Die Smart City Graz an der Waagner-Biro-Straße ist im Werden.
Eva Paulusberger traf im Jänner 2020 den Leiter des Stadtplanungsamts, DI Bernhard Inninger und den Projektleiter DI Michael Mayer zu einem Gespräch.
Paulusberger: Welche Gebäude sind aktuell in der Planung und werden realisiert?
Mayer: Das Modellfoto (siehe unten) zeigt, welche Gebäude wann realisiert wurden und werden. Während der Science-Tower mit seinem einzigartigen Energiekonzept (Planung: Markus Pernthaler Architekten) und die Cool City mit ihrer „sportlichen“ Bebauungsdichte bereits 2017 fertiggestelllt wurden (Planung: Arch. DI Georg Eder), entsteht südlich des Science-Towers gerade Smart City Süd von Pentaplan Architekten mit Wohnungen, Nahversorgung, Shops und Kinderbetreuung. Weiters wird in diesem Jahr südlich des Schulcampus das Projekt Smart Corner (Planung: DI Jörg Jandl) gebaut und im kommenden Jahr die Energiezentrale entlang der Bahn, angrenzend an die Helmut-List-Halle (beide Planungen: Markus Pernthaler Architekten). 2021 kommt dann die Straßenbahn (Fertigstellung 2022) sowie die Bebauung der Smart City Mitte und Smart City Nord (Planung: Nussmüller Architekten) inklusive des Nikolaus-Harnoncourt-Parks. 2023 sollen alle diese Bauvorhaben und die NMS des Schulcampus realisiert sein.
Was ist Ihr derzeitiger Lieblingsort?
Inninger: Besonders gelungen ist der Schulcampus mit Volks- und Neuer Mittelschule aufgrund ihrer Freiflächen und hoher Aufenthaltsqualität (Planung: Alexa Zahn Architekten, die VS ist seit September 2019 in Betrieb). Der Schulcampus wird sich mit seinem großzügigen, multifunktionalen Erdgeschoß zum schul- und quartierübergreifenden Treffpunkt entwickeln – eine wichtige Aufgabe innerstädtischer Schulgebäude.
Mayer: Mir gefällt das green.LAB als Ort der Wissensvermittlung besonders gut. Hier treffen die Menschen im Areal aufeinander. Das green.LAB bezeichnet sich selbst als „permanent temporäre Stadtoase in urbanen Transformationsprozessen“. Es beschäftigt sich mit ökologischem Gedankengut, erprobt und vermittelt bis 2021 Methoden grüner Infrastruktur, die in Maßnahmen zur Klimawandelanpassung münden sollen.
Inninger: Das green.LAB ist auch Ort des Stadtteilmanagments vor.ort – eine Institution, wo potenzielle Konflikte deeskaliert werden können und mit Menschen auf Augenhöhe über den neuen Stadtteil gesprochen wird. Von Beginn an ist das Stadtteilmanagment Partnerin der Stadtentwicklung sowie Anlaufstelle für alle interessierten BürgerInnen. Mittlerweile gilt der Ort als wichtiges Element des Sozialraums.
Wie wird die Entstehung des neuen Stadtteils in der Bevölkerung angenommen?
Inninger: Auffallend positiv beim ganzen Vorhaben waren die durchgängig friedlichen Dialoge mit den BewohnerInnen des Umfelds. Hier gab es kaum Konflikte oder Beschwerden. So wurde für die NutzerInnen der Hundewiese neben der Helmut-List-Halle eine Alternative im Nord-Osten des Areals geschaffen. Auch die nun entstehende Fußgängerzone um die Helmut-List-Halle ist als großer Erfolg zu werten – hier wurden 70 Auto-Stellplätze reduziert.
Hinsichtlich Fußgängerzonen und öffentlicher Raum: wie werden die Freiflächen realisiert?
Inninger & Mayer: Der aus einem Wettbewerb hervorgegangene öffentliche Raum hat sicher die größt mögliche Qualität: Den zentralen Park und die Grünräume an der Waagner-Biro-Straße sowie an der Bahntrasse gestalten freiland Umweltconsulting mit Hohensinn Architektur, die Platzbereiche und die Achse Waagner-Biro-Straße werden vom Atelier für Architektur – Thomas Pilz und Christoph Schwarz – realisiert. Hier wurde eine spezielle Idee eingesetzt: gefärbte bunte Steine werden schachbrettartig angeordnet; innerhalb dieser Straßengestaltung werden Felder mit Wasser und Baumbestand eingebunden. Zudem entstehen trassenbegleitende Grünräume innerhalb der Freiflächen. Da hier mehrere ArchitektInnen, Bauträger und Eigentümer involviert sind, war uns wichtig, die Idee mit den bunten Steinen einheitlich umzusetzen.
Welche Mobilitätslösungen wurden, auch unter Berücksichtigung der neuen Straßenbahn, gefunden?
Inninger und Mayer: Es war anfangs eine Herausforderung, eine zufriedenstellende Lösung für alle VerkehrsteilnehmerInnen zu finden. Prinzipiell lässt sich allerdings in den letzten Jahren eine klar sichtbare ämterübergreifende Mentalitätsänderung hinsichtlich eines aufkeimenden Ökogedankens feststellen. Bewegungen wie unter anderem Fridays for Future haben hier sicher zum breiten Umdenken beigetragen.
Das nachhaltige Verkehrskonzept wurde lange durchdacht und detailliert ausgetüftelt. Nun werden die Aufenthaltsqualität für FußgängerInnen und die klein-klimatischen Verhältnisse stärker berücksichtigt; für die AutofahrerInnen wird eine Tempobremse wirksam. Der Straßenquerschnitt wird intensiv bearbeitet und eine dritte Baumreihe bleibt bestehen. Mit dem Bau der Straßenbahn wird voraussichtlich im April 2020 begonnen; die Finalisierung ist mit 2021/2022 geplant.
Danke für das Gespräch.
So cool?
Kann mir oder uns Herr Inninger oder der Architekt auch erklären, was an der Cool City cool ist?