„Auf die Künstler aufpassen.“ Laut Siegfried Nagl war das die spontane Antwort eines Neunjährigen, als der Grazer Bürgermeister im Rahmen seiner regelmäßigen Schülereinladungen im Rathaus eine Klasse befragte, was ihnen zum Begriff Kulturhauptstadt einfiele. Als zweiter Begriff sei schon „Häuser bauen“ gefallen, erzählte Nagl weiter.
Für vier Monate legt sich nach 2015 die zweite Auflage des Architektursommers über die Stadt. Gemeinsam mit dem Bürgermeister und Kulturlandesrat Christopher Drexler stellten die Projektleiterin Yvonne Bormes und HDA-Chef Markus Bogensberger das üppige Programm mit über hundert Veranstaltungen in einer Pressekonferenz vor.
Der Architektursommer sieht sich nicht als Festival. Es gibt auch kein Budget seitens der öffentlichen Hand für die Projekte. Umso beachtlicher ist die Bereitschaft aller derer, die zu diesem Feuerwerk an Architekturvermittlung beitragen. Es gab, berichtet Yvonne Bormes, seit September 2017 mehrere Vernetzungstreffen, aus denen fruchtbare Dialoge entstanden sind, die zu Projekten, Veranstaltungen und Workshops führten. Manche davon gehen über die steirischen Grenzen hinaus. Es gibt erstmals eine Kooperation mit Slowenien. Andere Projekte bringen Büros aus der Schweiz oder Wien in Graz zusammen oder reisen nach Deutschland weiter.
Landesrat Drexler sieht im Architektursommer eine der Chancen, das – wie er es bezeichnet – Generallamento „früher sei alles besser gewesen“ gerade zu rücken. Eine Interaktion zwischen Kulturschaffenden und Politik sei notwendiger denn je. Wie hinterlassen wir in einer solch dynamischen Zeit Spuren, die später nicht wegen ihrer Bedeutungslosigkeit oder Hässlichkeit ausgelöscht werden, sondern noch in fünfzig Jahren glänzen?
„Wie wollen wir leben?“ Für die bewusste Wahrnehmung unserer Lebenskultur stellen sich große Fragen. Als öffentlicher Bauherr in seiner Zweitfunktion als Gesundheitslandesrat sieht sich Drexler in der Verantwortung qualitätsvoller Architektur besonders bei den anzustehenden Bauten im Zuge der Neupositionierung der steirischen Krankenhauslandschaft.
Ein ähnliches Bekenntnis gibt auch Bürgermeister Nagl ab. In dieser „neuen Gründerzeit“, wie Nagl den Bauboom in Graz bezeichnet, ist „Architektur ein Mittel um Widersprüche und Wünsche gemeinsam zu lösen.“
In einem Vorbericht auf GAT wurden schon einige Programmhöhepunkte des Architektursommers angeführt. Hier noch einige weitere – sehr subjektive – Empfehlungen. Das Gesamtprogramm liegt in gedruckter Form ab sofort an vielen Stellen auf oder kann online abgerufen werden.
Architektur geht
Eugen Gross stellt sich als einer der verantwortlichen Architekten am 15.7. ab 10 Uhr vor Ort der Frage „Terrassenhaussiedlung, Quo Vadis?“
Joachim Hainzl führt am 22.7. mit Start um 11 Uhr durch den „Freiraum Südrand“ mit anschließendem Artbrunch im Schaumbad.
An drei Tagen (12., 19. und 28.9.) gibt die Holding Graz einen Einblick in die Kläranlage in Graz-Gössendorf.
Architektur flimmert
Am 27.7. ab 20.30 Uhr gibt es in Kooperation mit Diagonale und OPEN.LAB Reininghaus ein Sommerkino am ehemaligen Brauereiareal. Nach Architektur muss brennen von Mathias Frick und Die Sonneninsel von Thomas Elsaesser diskutieren die Diagonale-Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber mit dem Publikum.
Architektur in Serie, nennt sich die Filmreihe des Forum Stadtpark, kuratiert von Claudia Gerhäusser, die am 21.6, 19.7. und 20.9. „Film als Narration und Architektur als Träger und Vermittler einer Erzählung“ zeigt. Die Filmauswahl ist kurz vor dem jeweiligen Termin auf forumstadtpark.at abrufbar.
Bis 23.7. ist die Ausstellung Cinematic City – Hollywood in Graz oder kein Film aus meiner Stadt von Studierenden der Kunstuniversität im MUMUTH zu sehen.
Architektur arbeitet
Am 21.7. 11h leiten Martin Behr und Martin Osterider ganztags einen Foto-Workshop. Seit 2003 halten die beiden Szenen aus der Triestersiedlung fest und werden mit Interessenten „das Erkennen und das Dokumentieren des Besonderen im Alltäglichen“ erarbeiten.
Pimp up the Square, heißt es am 28.6. von 10 bis 14 Uhr am Kleinen Griesplatz. Anastasija Georgi baut Fundstücke wie TeilnehmerInnen des Workshops in Instant-Installationen um.
Christoph Wagner und Katharina Köglberger besetzen temporär freie Parkplätze im Stadtraum und transformieren sie in Wohnzimmer, Gärten oder in Spielplätze. Use a Lot am 7.7. und 8.7. im Grazer Stadtgebiet. (nähere Infos unter usealot.eu)
Architektur auswärts
Bis 31.10. ist noch die Grenzlandgalerie von Robin Klengel und Kud Ljud in Kooperation mit dem Pavelhaus zu sehen. Mit Hilfe eines Audiowalks und der Installation von Bilderrahmen in der Grenzlandschaft wird diese mit Bedeutung und Geschichte konfrontiert. Start ist am Grenzübergang Langegg.
Andreas Heller hält einen Monat lang einen Pop-up Store im KOMM.ST-LAB der Marktgemeinde Anger ab. Bis 14.7. werden Strategien des Kunstmarktes in SHOP hinterfragt.
In PAIRIDAEZA EXERCICES wird ein durch Dialoge und Interventionen künstlich geschaffener Raum in einem Wald im Grazer Umland in zwei geführten Begehung mit RHIZOM präsentiert. Treffpunkt 8.und 9.9. jeweils 16 Uhr in Purgstall bei Eggersdorf.