Am 8. Juni 2021 hat Heidrun Primas das Forum Stadtpark Graz nach zehnjähriger Leitung in die Hände der jüngeren Mitglieder des Vereins gelegt. Eine Dreierkonstellation, bestehend aus Miriam Schmid, Markus Gönitzer und Robin Klengel bilden das neue Vorstandskollektiv.
Auch das ProgrammFORUM wurde neu gewählt: Fiston Mwanza Mujila hat die Sparte Literatur von Kinga Tóth übernommen. Sara T. Huber folgt Markus Gönitzer in der Gesellschaftspolitik. Ana Jeinić hat von Claudia Gerhäusser die Architektur und Markus Waitschacher von Eva Pichler und Gerhard Pichler (zweintopf) die Sparte der Bildenden Kunst übernommen. Clara Wildberger bleibt für Fotografie, Victoria Fux für Performance und Patrick Wurzwallner für die Sparte Musik verantwortlich.
Die neue Leiterin der Sparte Architektur, Ana Jeinić, erläutert ihr Programm mit folgenden Überlegungen und Interessenschwerpunkten:
• Architektur interessiert mich weniger in deren enger Bedeutung als Entwerfen einzelner Bauwerke, sonder eher in einem breiteren Sinne als Produktion des Raumes. Alle Prozesse, Tätigkeiten und Normen, die unsere Lebensräume maßgeblich verändern, sind dementsprechend aus meiner Sicht als architektonisch relevant zu betrachten und sollen in einem öffentlichen Diskurs thematisiert, analysiert und mitgestaltet werden. Das Forum Stadtpark sehe ich als einen wichtiger Ort dieses Diskurses, den ich weiter stärken möchte.
• Da die Nutzung und Verwaltung städtischer Räume immer mehr durch fortschreitende Technologiesierung und Automatisierung räumlicher Abläufe bestimmt werden, zählen technologische und infrastrukturelle Aspekte der Raumplanung und -gestaltung zu den primären Schwerpunkten der kollektiven Befassung mit den Themen Architektur und Stadt, die ich im Forum Stadtpark anregen möchte.
• Die Funktion dieser diskursiven Praxis soll aus meiner Sicht über bloße Kritik (der Gegenwart) hinausgehen und zur kollektiven Imagination der Zukunftsalternativen beitragen. Die Methode der kollektiven utopischen (Gegen)Spekulation, die ich in meiner theoretischen Arbeit beschrieben und im aktuellen Projekt Grazotopia angewandt habe, würde auch in meinem Engagement beim Forum Stadtpark eine wichtige Rolle spielen.
• Damit solche kollektiven Zukunftsentwürfe auch eine politische Relevanz erlangen, müssen sie auf einem analytischen und umfassenden Verständnis der gegenwärtigen räumlichen Systeme aufbauen. Um das kollektive, analytische Vermögen zu stärken, ist ein dauerhafter Wissenstransfer und -austausch nötig. Deshalb kommt in meinem Konzept des Spartenprogramms den nicht-hierarchischen pädagogischen Formaten eine große Bedeutung zu.
• Der Fokus auf den oben genannten Formen des Engagements bedeutet auch, dass das Architekturprogramm des Forum Stadtpark über Architekturvermittlung hinausgehen und sich in eine Art kollektiver Architekturpraxis verwandeln würde. Diese Praxis würde vorwiegend in den Formaten wie Workshops, Seminare, Exkursionen und Diskussionen erfolgen. Kleinere Ausstellungen würden weiterhin als ein wichtiger Bestandteil der Spartentätigkeit fungieren – sie würden aber ausschließlich im Rahmen breiterer diskursiver Programme gedacht und organisiert.
• Aus dem oben dargestellten breiten, politischen und praxisorientierten Verständnis der Architektur geht auch ein Interesse für spartenübergreifende Zusammenarbeit und gemeinsame Programmschwerpunkte im Forum Stadtpark hervor.
(Text: Auszug aus der Bewerbung von Ana Jeinić zur Leiterin der Architektursparte beim Forum Stadtpark)
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Lebenslauf
Ana Jeinić (geboren 1981 in Banjaluka, SFRJ) ist selbstständige Architekturtheoretikerin, Kulturschaffende und Utopistin. Sie studierte Architektur und Philosophie in Graz, Venedig und Delft.
Von 2010 bis 2015 war sie Universitätsassistentin am akk (Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften) und 2014 Gastlehrende und -forschende an der ESALA (Edinburgh School of Architecture and Landscape Architecture). Gemeinsam mit Anselm Wagner gab sie den Sammelband Is There (Anti-)Neoliberal Architecture? (2013) heraus, leitete das kuratorische Projekt Architecture After the Future (2016/17) und veröffentlichte zahlreiche Aufsätze, Essays und Spekulationen über Architektur, Design, Landschaft, Inseln und Utopien.
Ihre Arbeit wurde durch die europäische Plattform Future Architecture und Margarete-Schütte-Lihotzky-Projektstipendium gefördert.
Gegenwärtig schreibt und denkt sie intensiv über das spekulative Entwerfen und die Demokratisierung aufkommender Raumtechnologien, leitet das Projekt Grazotopia im Rahmen von Graz Kulturjahr 2020 sowie – gemeinsam mit Ana Dana Beroš und Mauro Sirotnjak – das Programm CITY<>HOSPITAL beim Kunstverein f.act.
Am 8. Juni 2021 wurde Ana Jeinić zur Leiterin der Sparte Architektur im Forum Stadtpark Graz bestellt.