Ein Haus im und für das Grätzl
Das von pos architekten, Wien, entwickelte Baugruppenprojekt JAspern in Wien-Aspern ist bewusst als urbanes, gemischt genutztes Haus für unterschiedliche BewohnerInnen konzipiert. Das Projekt ermöglicht Arbeiten und Wohnen im selben Haus über mehrere Generationen hindurch. Vom Angebot an Arbeitsplätzen im Haus wird die Vertiefung des Netzwerks im Viertel erwartet und Synergien für Menschen, die einen Arbeitsplatz in der Nähe des Wohnens schätzen. Barrierefreie Gestaltung verspricht hohe Selbstständigkeit auch im Alter bzw. bei veränderten Lebenslagen.
Entwicklungsprozess
Die Entwicklung der Baugruppe und des Projekts ist parallel zur Entwicklung der Seestadt Aspern gelaufen. 2010 war das Leitbild für die Seestadt mehr oder weniger klar: ökologisch und partizipativ sollte sie werden. Ab 2011 bis 2012 kamen auch die ersten Mitglieder der Baugruppe JAspern zusammen. In den darauf folgenden Jahren wurde der Bauplatz (Baufeld D13) festgelegt und Bewerbungsverfahren, Wettbewerb, Finanzierung und Wohnbauförderung durchgeführt bzw, fixiert. pos architekten entwickelten mit Fritz Oettl, der als Schnittstelle zwischen PlanerInnen und BewohnerInnen fungierte, sowie der als GbR organisierten Baugruppe JAspern ein partizipativ gestaltetes, sozial ausgewogenes, ökologisch und energetisch ambitioniertes Gebäude.
Die Baugruppe konnte ihr ganz persönliches Modell für entspanntes, gemeinsames Leben, Wohnen und Arbeiten realisieren. Die Gruppe besteht aus aktuell 18 Familien unterschiedlicher Zusammensetzung, Alter, Herkunft und beruflicher Orientierung. Eigenverantwortliches Bauen ohne Bauträger ermöglichte Kosteneinsparung, ebenso wie der Verzicht auf private PKW-Stellplätze, wodurch Mittel für Gemeinschaftsräume generiert werden konnten.
Gute Nachbarschaft
Jaspern besiedelt mit anderen vier Baupruppen das Baufeld D13, das eigens für Baugruppen reserviert wurde. Mit der Apotheke im Erdgeschoß wird ein wichtiger Beitrag zur Nahversorgung im neu entstehenden Grätzl auch für die benachbarten Baufelder geleistet. Die BewohnerInnen von Jaspern und der anderen Baupruppen haben die Gestaltung des Grünraums einem gemeinsamen Planerteam in die Hand gegeben und sie nutzen die Flächen des Baufelds D13 – ihres Blocks – auch gemeinschaftlich. Rasch geht man über den Hof, die Nachbarn besuchen, ein vielfältiges Angebot steht allen zur Verfügung, welches mit essbaren Pflanzen, duftenden Bäumen und Kräutern abgerundet wird. Das Projekt zielt insgesamt auf die Etablierung einer nachhaltig gut funktionierenden Haus- und Blockgemeinschaft ab.
Das Gebäude ist derzeit für 18 Wohnungen mit Park-, Hof- oder Seeblick und eine Apotheke ausgelegt. Sorgfältig ausgewählte Bauprodukte garantieren von Anfang an gesunde Wohnräume. Vorgeplante Aufrüstungs- und eventuelle Umnutzungsmöglichkeiten bereiten die Bewohner sehr gut auf die Zukunft vor. Dennoch konnte das gemischt genutzte Gebäude kostengünstig errichtet werden und erhielt die Wiener Wohnbauförderung.
Begegnungsräume
Die Erschließungszone von JAspern verbindet Öffentlichkeit, Gemeinschaftsflächen und Privaträume. Tageslicht erreicht durch die geschoßweise zurückspringenden Plattformen der Stiegen die unteren Geschoße. „Sehen und Gesehen werden“ auf kleinster Fläche im Stiegenhaus unterstützt die informelle Kommunikation. Die gesamte Dachterrasse – mit einer Meeting-Lounge, einem Waschsalon und Flächen für urbane Gartenarbeiten – steht allen zur Verfügung. Grillen, Gärtnern, Sitzen und Feiern – gemeinsame Aktivitäten – verankern die Zugehörigkeit und integrieren die Hausgemeinschaft zu einer Community. Vom Park gelangt man ebenerdig in den 4,00m hohen, akustisch und klimatisch optimierten Salon JAspern. Mit einer Gemeinschaftsküche ausgestattet, können hier bis zu 60 Menschen Platz nehmen. Eine Rampe führt bequem vom Hof zur tagesbelichteten Gemeinschaftswerkstatt und zur Fahrradgarage im aktiv genutzten Kellergeschoß.
Räumliche Qualitäten
Jede Wohnung verfügt in jedem Geschoß über private Freiräume. Die multifunktionellen, polygonal geformten, bis zu 2,30m tiefen Balkone spenden im Sommer Schatten. Die raumhohen Öffnungen schaffen eine optimale Verbindung von innen und außen mit viel Sonne und einen weiten Blick. Für gehobene Wohnqualität sorgen auch die Raumhöhen, die mit 4,00m im Erdgeschoß und 2,80m in den darüber liegenden Geschoßen im Wohnbau exzeptionell sind und eine alternative Nutzung als Büro, Ordination oder auch Kindergruppe ermöglichen.
JAspern weist nur wenige tragende Außenwandpfeiler und Säulen im Inneren auf. Innenwände können in jedem Geschoß flexibel eingeteilt werden. Auch in Zukunft können Nutzungen, Wohnungsgrößen und Fassade variierend umgestaltet werden. Dank der Konstruktionsweise sind Einheiten von minimal 40,00m2 bis maximal 340,00m2 möglich.
JAspern zeichnet sich zudem durch höchsten energetischen Standard, besonders hohen Nutzer-Komfort, sowie einen innovativen sozio-kulturellen Ansatz aus. Mit der Dachterrasse, dem ebenerdigen Veranstaltungssalon mit Gemeinschaftsküche, der geräumigen Fahrradgarage samt Werkstatt verfügt das Haus über ein gutes Angebot an Gemeinschaftseinrichtungen.
Regional und ökologisch
Das integrale Design stellt sicher, dass im Winter die solare Wärme möglichst lange im Haus verbleibt. Nur in sehr kalten Perioden unter -5 Grad wird zusätzlich die Fernwärme genutzt. Die Büroflächen werden mit Erdsonden gekühlt. Im Sommer wirken die Balkone als Schattenspender und halten die Wohnungsinnenräume natürlich kühl. Am Dach sind alle Anschlüsse für eine 450 m2 Photovoltaikanlage vorgerichtet, jederzeit kann auf Plusenergiestandard aufgerüstet werden. Hauptbestandteil des verwendeten Betons ist lokaler Schotteraushub aus der unmittelbaren Umgebung. Im gesamten Gebäude wurde der Einsatz ökologischer Baumaterialien bevorzugt. Anstelle von PVC wurden Holz-Alu-Fenster, Kaseinwandfarben, Linoleum, Eichen- oder Buchenparkett eingesetzt. Der Dachsalon ist aus Holz errichtet. Die Stahlbetonkonstruktion wurde mit Ziegelit-Elementen nichttragend ausgefacht und bringt hervorragende Öko-Bilanz. So kann bei Bedarf sogar die Fassade komplett verändert werden.
Alle eingesetzten Materialien sind nach strengsten Kriterien ausgewählt. Die gesamten Inhaltsstoffe jedes einzelnen Produktes wurden chemisch auf ihre Auswirkung auf die gesunde Raumluft und auf die Umwelt geprüft und gegebenenfalls durch ein Alternativprodukt ersetzt. Jeder Schaum, jeder Kleber, jeder Lack, jede Farbe, jeder Brandschutzanstrich, ebenso wie der Fassadenputz oder die eingesetzten Folien mussten diese strenge Prüfung überstehen. Weder Formaldehyd noch andere schädliche Stoffe konnten in JAspern nachgewiesen werden.
Besonderes Augenmerk wurde auch auf Langlebigkeit und Wartungsfreundlichkeit gelegt. Der hohe Dämmstandard ohne Wärmebrücken gewährleistet hervorragende Bauteil- und Schimmelsicherheit. Die Dichtheit ermöglicht ein Lüften nach Bedarf. Alle Einheiten sind mit einer effizienten Wohnraumlüftung ausgestattet. Maßgeschneiderte Detaillösungen garantieren eine einfache Handhabung, leichte Wartung und Tauschbarkeit von Elementen mit geringerer Lebensdauer. Auch im laufenden Betrieb wird auf Ressourcenschonung geachtet: Für die Bewässerung der Beete und Gärten wird Regenwasser genutzt.
JAspern ist passivhauszertifiziert und erhielt mit 970 Punkten das Gebäude-Zertifikat Klima-Aktiv-Gold.