Man mag mir angesichts solchen Titels mangelnde Sensibilität vorwerfen, wenn gegenwärtig ein sich von allen Sinnen gebärdender Diktator Krieg gegen ein Land führt, von dem er behauptet, es sei seines. Blockbuster nämlich war die englische Bezeichnung für Fliegerbomben im Zweiten Weltkrieg.
Genug davon und Blockbasta! Oder, falls das russisch sein sollte, Достаточно этого!
Hier aber soll vom Kassenschlager oder Quotenbringer die Rede sein. In einem Grazer Einkaufszentrum ist um satte Eintrittspreise derzeit The Mystery of Banksy – A Genius Mind zu sehen. Eine Show, die im Vorjahr beispielsweise in Heidelberg zu besuchen war. Zeitlich überlappend laufen derzeit, beziehungsweise sind angekündigt, Events in Erfurt, Bremen und Leipzig. Veranstalter ist eine Unterhaltungsfirma (Entertainment GmbH) mit Firmenstandort in Passau.
Beworben wird die Ansammlung von Reproduktionen mit dem Verweis An Unauthorized Exhibition, mit dem offenbar unbedarften Besuchern vom Glatteis geholfen oder eventuellen Urheberrechtsklagen vorsorglich entgegengehalten werden soll. Letzteres erscheint ziemlich unwahrscheinlich. Banksy bleibt weiterhin anonym und Klagen mittels Rechtsvertretung sind bisher nicht bekannt. In diesem Sinn könnte ja jeder …, und die Passauer Firma für Unterhaltung hat das erkannt.
Anlässlich der Show im Einkaufszentrum hatte aber der Grazer Stadtrat für Kultur, Wirtschafts- und Tourismusentwicklung (vormals für Finanzen) eine Idee. Hinsichtlich größeren Publikumsaufkommens könnte man doch eine Banksy-Ausstellung im Kunsthaus Graz arrangieren. Autorisiert, versteht sich, eine Ausstellung mit Originalen also.
Katrin Bucher Trantow, interimistische Leiterin am Kunsthaus Graz, reagierte mit einem Kommentar in der Zeitung: Eine öffentliche Kunstinstitution habe die Aufgabe, „für die Kunst zu agieren, Künstler*innen in ihrem Sinne zu vertreten und sie für ein Publikum möglichst werkgetreu zu zeigen“ (Kleine Zeitung, 14.03.22). Werktreue gegenüber Banksys kontextbezogener Street Art ist am jeweils anderen Ort, etwa einem Kunsthaus Graz, per se auszuschließen. Ob Einkaufszentrum, ob Kunsthaus, ob jetzt oder später, auf der Website von Banksys Agentur wird die Frage klar beantwortet: „Banksy has NOTHING to do with any of the current or recent exhibitions and they are nothing like a genuine Banksy show.“
Den Kulturstadtrat verstehe ich nun so: Das Kunsthaus will nicht, während er sich die große Show wünscht, die Quotenbringer – es muss ja nicht gerade Banksy sein. Drei Tage nach dem Kommentar der Kunsthaus-Leiterin wird der Stadtrat in der Kleinen Zeitung zitiert. So man die Kulturberichterstattung in den Medien verfolge, konzentriere sich der „überwiegende Teil der Besprechungen auf sogenannte Blockbuster“ und ein „relativ kleiner Anteil“ beziehe sich „auf Besprechungen von Nachwuchsprojekten und lokalen Initiativen“. Unbenommen sei dem Stadtrat solcher Eindruck – der Zusammenhang mit Folgendem will mir allerdings nicht klar werden, wenn es nun um die inhaltliche Programmierung am Kunsthaus Graz geht. Diese „erschließe“ sich den Grazerinnen und Grazern nicht, sie „sei für Eliten“. Und: „Das Kunsthaus ist eine gemeinschaftliche Institution von Stadt und Land – unser Anliegen sollte es sein, ein gut verständliches und attraktives Programm zu gestalten, das sich einem breiteren Publikum erschließt und durch offene Architektur und Kommunikation auch eine Einladung ausspricht, sich mit moderner Kunst und Gesellschaftskritik zu befassen.“ Die Frage um moderne oder zeitgenössische Kunst überlassen wir hier den genannten Eliten. Der Stadtrat frischt aber offensichtlich eine Diskussion um Quotenbringer auf, wie wir sie nach Anstoß durch den damaligen Bürgermeister schon 2014 erlebt haben. Auch damals war von „Eliten“ die Rede, den zu Wenigen, die sich für die Ausstellungen im Kunsthaus interessieren. Nach meiner Erfahrung ist die Rezeption von Kunst doch einigermaßen mühsam. Man muss sich Wissen aneignen und lernen und wollen, sonst funktioniert’s einfach nicht. Und es blieb jedem freigestellt, ob er sich beispielsweise eine Ausstellung zu Utopie und Realität im Werk von El Lissitzky – Ilya und Emilia Kabakov (2014) ansehen wollte oder Graz Architektur (2017/18). Wahrscheinlich bestehen sogar Schnittmengen zwischen den Eliten, die in solche Ausstellungen gingen und „einem breiteren Publikum“, das sich in dieser Zeit Blockbuster wie Fußball-Länderspiele angesehen haben. 2021 trug eine Ausstellung in der Kunsthalle Kiel den Titel Joseph Beuys – Kunst für alle. Ich vermute, „alle“ gingen dort nicht hin.
Der Grazer Stadtrat aber „beruhigt“, wie er in der Kleinen Zeitung (17.03.22) sinngemäß zitiert wird: „Die Unabhängigkeit von Kuratorinnen und Kuratoren sei ihnen unbenommen, die neue Geschäftsführung werde das Haus ganz und gar unbeeinflusst führen können. Stadt, Land und das Universalmuseum Joanneum werden als Eigentümer weiter strategische Leitlinien entwickeln und Personalentscheidungen treffen.“ Zuckerbrot und Peitsche?
"Nur für Eliten!"
Es wäre einen Versuch wert, diese Mahnung über die nächste Ausstellung im Kunsthaus zu applizieren. Vorausgesetzt natürlich, der Begriff Eliten ist massentauglich, d. h. für den Normalbürger verständlich.
Weniger an strategischem
Weniger an strategischem "Zuckerbrot und Peitsche" zu erkennen als vielmehr Unkenntnis, Oberflächlichkeit und der Druck, dem der auch für Finanzen zuständige Stadtrat ausgesetzt ist.