Unsere zweite Route verläuft zunächst entlang der Badgasse, die ihren Namen von einem schon 1317 genannte Badehaus im Sack hat, an der auch der Grazer Pfarrer Heinrich beteiligt war. Dann geht es längst eines verschwundenen Alt-Grazer Wasserlaufs weiter, der sogenannten „Kotmur“. Es leitete hier in alter Zeit ein Nebenarm der Mur einerseits Flusswasser in die Besiedlung (es dürfte neben der Badstube im „Sack“ auch einer Mühle gedient haben), führte andererseits aber auch das Schmutzwasser wieder heraus. Der Wasserlauf kommt in mittelalterlichen Urkunden vor, war aber nie klar lokalisiert worden. Ich habe seine Lage klären können und schon in einigen Publikationen vorgestellt: Er wurde nördlich des heutigen Erich-Edegger-Stegs vom Flusslauf abgeleitet, verlief dann zwischen dem heutigen Palais Attems und dem Admonterhof in die Stadt. Eine schmale Reiche weiter und das Wässerchen gelangte in den Hof des Stadthauses der Admonter Benediktiner, dann durch die Badgasse, über den Franziskanerplatz, durch das Stainzerhofgässchen und schließlich durch die Raubergasse aus der Stadt.
Am oberen Teil des Wasserlaufs liegt der Start unseres Rundgangs, den wir durch die Einfahrt vom Kaiser-Franz-Josef-Kai aus oder durch das schöne Tor Badgasse 5 (Wappen von Abt Valentin Abel, 1558) erreichen könnten. Ich rate aber von einer Besichtigung ab, denn dieser Innenhof muss seit mehr als einem Jahrzehnt, als eine der beschämendsten Stellen in der Welterbestadt Graz bezeichnet werden.
11) Badgasse 5 (Kaiser-Franz-Josef-Kai 10): Admonterhof
Der Baublock lehnte sich schon im 13. Jh. an die seit 1250 bestehende Stadtmauer im Norden und Westen an, was erst klar wurde, als man 1983 an der Murseite ein gotisches Fenster mit Nonnenschluss freilegte. Ab 1555 baute Domenico dell’Allio an diesem Trakt. Der polygonale Eckerker wurde 1636 von Peter Vasol gebaut; wohl aus dieser Zeit hat sich in der Nordwestecke des Hofes eine typische Arkadenstellung der Renaissance erhalten: über dem Bogen im Erdgeschoss (mit einer ganz und einer in Resten erhaltenen toskanischen Säule, stehen zwei Bögen mit drei etwas kleineren Säulen, darüber eine Balustrade (Bild 2)).
Nähere Angaben und Bilder sind wie immer aus W. Resch, ÖKT 1997 bzw. den entsprechenden Adressen in www.grazerbe.at zu entnehmen.
12) Badgasse 3: Paradeishof
Direkt neben dem Tor zum Admonterhof öffnet sich der Durchgang in den Paradeishof (die Inschrift von 1784 bezieht sich auf den Gesamtumbau in ein Wohnhaus). Schon 1411 wird hier ein Spital genannt, das 1451 von Balthasar Eggenberger neu erbaut wurde. 1501 bis 1517 wurden hier provisorisch die Dominikanerinnen untergebracht, deren Kloster am Grillbühel vor dem Eisernen Tor aus Verteidigungsgründen abgebrochen worden war. Ab 1522 war das Spital in schlechtem Zustand, nach 1534 waren Neubauten nötig.
Aus dieser Zeit dürften die westlichen Arkaden der Südseite des wunderbaren Hofes stammen; sie sind nicht so hoch, aber doppelt so breit wie an den übrigen Hofseiten, die toskanischen Säulen nicht ganz so hoch wie die der ab 1570 errichteten übrigen Arkadengänge (Bild 3). Nachdem Seifried von Eggenberg 1568 den Spitalskomplex der „steirischen Landschaft“ verkauft hatte, begannen diese mit der Erbauung der evangelischen Stiftskirche und der Stiftsschule, in der ab 1594 Johannes Kepler lehrte.
Die Gegenreformation beendete 1598 diese Epoche, und 1602 wurde das Gebäude der Witwe von Erzherzog Karl II., Maria von Bayern, zur Stiftung eines Klosters der „Klarissen zu Allerheiligen im Paradeis“ überlassen, das dann 1784 von Kaiser Joseph II. aufgehoben und in ein Wohnhaus mit josephinisch-klassizistischer Plattenstilfassadierung umgebaut wurde.
13) Paradeisgasse 1
An die Stelle der Klosterkirche der Klarissen trat 1790 ein Wohngebäude. Die Figuren über dem Holzportal stammen vermutlich aus der Kirche. Im Keller und Erdgeschoß sind sicher noch Reste der mittelalterlichen Stadtmauer erhalten, leider heute verputzt. Im Hof gegen das Haus Kaiser-Franz-Josef-Kai 2 zeigen sich dem Hauptbau vorgelagerte Gänge mit viergeschossigen Pfeiler-Arkaden, die im dritten OG von ionisierenden Kapitellen gekrönt sind (Bild 4).
14) Badgasse 1: Ehemaliges „Allerheiligenhaus“
Die sezessionistische Fassade in der Murgasse von 1910 lässt es nicht erwarten: im überdachten Innenhof führen seit dem Umbau zum „Jugendstilhaus“ vor einigen Jahren Rolltreppen in Renaissance-Arkaden im ersten und zweiten Obergeschoss; je drei freigelegte toskanische Säulen stützen die zwei Bögen (Bild 5).
Wir gehen nun durch die Murgasse zum Kai und umrunden den Kapistran-Pieller-Platz. Von hier lassen sich sehr schön die ersten Häuser der Neutorgasse überblicken, die bis 1803 noch das „Kälberne Viertel“ hieß. Hier standen die Fleischbänke hinter hölzernen Laubengängen (Bild 6 zeigt eine Ansicht um 1900, Bild 7 die aktuelle Situation der nächsten vier Stationen auf einen Blick).
15) Neutorgasse 11
Von den hölzernen Pfeilern haben sich noch zwei eiserne Stützen erhalten (Bild 8).
16) Neutorgasse 9: „Fischerhaus“
Hier wurden die einst hölzernen Pfeiler durch vier gemauerte ersetzt. Das Foto aus 1900 zeigt hier eine „Conditorei“, heute betreibt die Besitzerfamilie ein köstliches Geschäft für Kitsch und Kunst.
17) Neutorgasse 7: „Harmonikahaus“
Am eindrucksvollsten ist die neue Form bei diesem schönen Bürgerhaus gelungen: vier toskanische Säulen der Zeit um 1600 stützen die Überwölbung des Gehsteigs. Fassade und Portal des denkmalgeschützten und vor zwei Jahrzehnten renovierten Hauses sind sehenswert, das Jahr einer durchgehenden Erneuerung (1784) ist in den Kämpfern des schönen Portals (Initialen JG, Jakob Gasteiger, Haus-Nr. 376) und an den Zwickeln der Dachhäuschen zu erkennen (Bild 9).
18) Franziskanerplatz 1: „Schwalbennest“
Das in der 1. Hälfte des 18. Jhs erbaute Schopfwalmgiebelhaus musste im Zuge einer Renovierung 2004 fast vollständig erneuert werden. Der Bau ist auf stelzenartige hölzerne Säulen gestellt, die zu den wenigen in Graz erhaltenen Straßenarkaden aus Holz gehören.
19) Kapaunplatz 4/Hauptplatz 9:
Als Müllplatz wird der gesperrte Durchgang nach der gewölbten Vorhalle genutzt; hier sind links noch Reste heute vermauerter Arkaden zu erkennen (Bild 10).
20) Franziskanerplatz 14: Franziskanerkloster
Der Zugang zum gotischen Kreuzgang liegt direkt neben der von außen erkennbaren Apsis der Jakobskapelle. 1239 war von den Minoriten hier die früheste Klosterniederlassung in Graz gegründet und 1515 – nach der zwangsweisen Übersiedlung der Mönche in die Murvorstadt – von den Franziskanern übernommen worden (deren ersten Klosterbau ich in einer Urkunde Kaiser Friedrichs III. bei der Kirche in St. Leonhard feststellen konnte). Das südlich an die Kirche anschließende Klostergebäude besitzt einen sehenswerten gotischen Kreuzgang aus dem 13. und 14. Jh. mit beeindruckenden Grabplatten. Im 16. und 17. Jh. entstanden im Obergeschoss teilweise vermauerte, schöne Arkadengänge der Renaissance (Bild 11).
21) Franziskanerplatz 14: zweiter Klosterhof
Im Süden schließt an den Kreuzgang ein zweiter Klosterhof an; die Arkaden im Erdgeschoß der Nordseite sind größtenteils aber vermauert (Bild 12).
22) Neue-Welt-Gasse 6, Ehem. Wohnturm
Eine kürzliche Besichtigung des Gebäudes hat nicht nur besonders dicke Außenmauern gezeigt, die noch aus seiner Zeit als mittelalterlicher Wohnturm stammen. Eine Überraschung bot auch der Innenhof mit den Pfeilerarkaden in den drei Obergeschossen (Bild 13), deren eigenartigen Stützen an das Stiegenhaus der Hans-Sachs-Gasse Nr. 1 erinnern.
Fortsetzung folgt mit Raubergasse und Schmiedgasse.
Grazer Arkadenhöfe
Lieber Herr Laukhardt, wieder eine hervorragende Doku über die schützenswerten Bauten in Graz. Die schönen Bilder und die interessanten Informationen dazu, sind sehr Aufschlussreich und laden zum Nachgehen ein.
Liebe Grüße Herbert Ortner