Fünf Tage lang – vom 19. bis zum 23. August 2013 war die Jury, bestehend aus Arno Brandlhuber/Berlin, Christian Kühn/Wien und Dorte Mandrup/Kopenhagen, durch ganz Österreich unterwegs, um aus den 30 Projekten, die zuvor von den bundesländerweise tätigen Nominierungsjurien aus insgesamt 90 Einreichungen ausgewählt wurden, die Preisträger 2013 zu ermitteln. 2.500 km wurden zurückgelegt und keine Mühen gescheut, um sich zwischen der pannonischen Tiefebene und den hochalpinen Gletschergebieten ausführlich mit den nominierten Objekten und deren BauherrInnen auseinanderzusetzen.
In diesem Jahr wurden in insgesamt fünf Bundesländern sieben BauherrInnen mit Projekten unterschiedlichster Prägung ausgezeichnet. Steiermark, Burgenland, Niederösterreich und Tirol gingen dabei leer aus.
Preisträger – Wien
- Wohnbebauung BOA
Köb & Pollak Architektur mit Alexander Schmoeger, Wien
- Pflegewohnhaus Liesing
Riepl Kaufmann Bammer Architekten, Wien
Preisträger – Kärnten
- Atelier Krawagna
Architekt Reinhold Wetschko, Klagenfurt
Preisträger – Vorarlberg
- Islamischer Friedhof
Architekt Bernardo Bader, Dornbirn
Preisträger – Salzburg
- Holzbau Meiberger
LP architektur ZT GmbH, Altenmarkt i. Pongau
- Erweiterung Gusswerk
ARGE Erweiterung Gusswerk: hobby a., LP architektur, CS-architektur, Strobl Architekten
Preisträger – Oberösterreich
- Agrarbildungszentrum Salzkammergut
Fink Thurnher Architekten
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Als der Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekten 1967 unter Präsident Eugen Wörle ins Leben gerufen wurde, waren die Bedingungen für Architektur und das Bauen im Allgemeinen in vielerlei Hinsicht andere als heute. Die mediale Aufmerksamkeit und gesellschaftliche Akzeptanz für neue Architektur war mit der heutigen nicht zu vergleichen. Umgekehrt mag es heute aufgrund komplexerer technischer und gesetzlicher Anforderungen und Rahmenbedingungen oft weniger einfach sein, ein gutes architektonisches Konzept bis zu dessen Realisierung uneingeschränkt zu verfolgen. Wir Architekten und Architektinnen sehen uns bei heutigen Bauaufgaben zusehends mit immer größer werdenden Gremien an Entscheidungsträgern und KonsulentInnen konfrontiert, die es zu überzeugen gilt und die umgekehrt uns mit Ihren Visionen und konkret formulierten Ansprüchen zu guten Lösungen anspornen. Damit ein gemeinsam erarbeitetes Projekt gelingt, ist der Goodwill aller Beteiligten notwendig. Die Rolle von Bauherren geht also weit darüber hinaus, nur eine budgetäre Grundlage für ein Gebäude, ein Grundstück, eine städtebauliche Maßnahme oder Freiraumgestaltung bereit zu stellen, sondern sie kann ein wichtiger Generator für außergewöhnliche architektonische Lösungen sein und einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Baukultur und zur Verbesserung der Lebensqualität leisten. Dies galt damals wie heute.
An Relevanz und Attraktivität hat der Bauherrenpreis nichts eingebüßt, ja sogar gewonnen. Für regionale und auch ausländische Bauherrenpreise war er Vorbild und Ideengeber. Für die Zentralvereinigung ist dies ein Ansporn das Profil ihres Bauherrenpreises weiter zu schärfen und die Ausschreibungskriterien den Herausforderungen der heutigen Zeit anzupassen. So kam 2010 zu den notwendigen Qualifikationen eines Preisträgerprojektes – in Ausführung und architektonischer Gestalt exzeptionell und in einer intensiven Kooperation zwischen BauherrInnen und ArchitektInnen entwickelt – hinzu, dass es einen positiven Beitrag zur Entwicklung seines jeweiligen Umfeldes zu leisten habe.
Seit damals werden auch alle eingereichten Objekte besichtigt. Pro Bundesland schlagen die ehrenamtlich tätigen Nominierungsjurien bis zu fünf Bauten vor. Aus dieser Auswahl kürt schließlich die „Hauptjury“ die Preisträger. Die internationale Besetzung der Jury – heuer Dorte Mandrup/Kopenhagen, Arno Brandlhuber/Berlin und Christian Kühn/Wien – ist dabei ein Garant, dass jedes der ausgezeichneten Objekte auch nach internationalen Maßstäben bestehen kann. Neben den traditionellen Bauherren-Würfeln und Urkunden dürfen wir den besten Bauherren Österreichs heuer dank der neuen Kooperation mit der Zeitschrift architektur.aktuell mit einer umfangreichen Publikation gratulieren.
Mögen die Preisträger 2013 vielen künftigen BauherrInnen Vorbild und Motivation sein. (Text: Christian Kühn)
Preisträger – Wien
- Wohnbebauung BOA, Adelheid-Popp-Gasse 1, 1220 Wien
Bauherrschaft: BUWOG Bauen und Wohnen GmbH, Wien Dr. Gerhard Schuster (Geschäftsführer)
Architektur: Köb & Pollak Architektur mit Alexander Schmoeger, Wien
Städtebauliches Leitprojekt: studio uek, Wien
Landschaftsarchitektur: Kräftner Landschaftsarchitektur, Wien
Planung: 2008–2010 / Bauzeit: 2011–2013
BOA markiert den nordöstlichen Abschluss einer ringförmigen Wohnbebauung, deren Grundkonzept auf den 2008 vom Wiener Architektenteam studio uek gewonnenen EUROPAN- Wettbewerb zurückgeht: eine schlangenförmige, mehrfach geknickte Struktur, die gut proportionierte Höfe unterschiedlichen Zuschnitts schafft. Das Ergebnis nennt sich OASE 22, wobei die Zahl für den 22. Wiener Gemeindebezirk steht, der damit nicht ganz zu Unrecht als städtebauliche Wüste apostrophiert wird. Schrebergärten, Einfamilienhäuser und großvolumige Industriebauten bilden die heterogene Nachbarschaft.
BOA überzeugt durch ein raffiniertes Erschließungssystem und gute Wohnungszuschnitte, in denen eine beachtliche Bandbreite an Typen fast wie in einem Lehrbuch durchdekliniert wird. Unter den 64 Wohnungen gibt es kaum zwei mit gleichem Grundriss. Die Einheiten reichen von der Einzimmerwohnung bis zu Wohngemeinschaften für betreutes Wohnen. Das Grundkonzept eines Gerüsts mit eingeschobenen Einheiten ist an der Hofseite deutlich zu spüren. Das wirkt locker und deutlich lebendiger als die Fassaden der unmittelbaren Nachbarschaft mit ihren durchlaufenden Balkonen oder ornamentalen Fensterfiguren.
Eine Besonderheit des Projekts ist das Angebot an halböffentlichem Raum, nicht nur auf der Ebene der Höfe, sondern auch auf dem Dach, wo sämtliche Bauteile von OASE 22 zu einem durchgängigen Spazierweg verbunden sind, der verschiedenen Nutzungen Raum bietet. Auf BOA finden sich unter anderem ein Gewächshaus und Hochbeete, die von den Bewohnern intensiv genutzt werden. Die Bauherren haben sich in diesem Punkt vorbildlich verhalten und nicht nur die juristischen Schwierigkeiten in Kauf genommen, die allein durch die Schaffung von Brücken zwischen ihren Bauteilen entstehen, sondern auch ein Budget für die Moderation der Nutzerinteressen zur Verfügung gestellt.
Mit einem Mietpreis von 6,50 Euro pro Quadratmeter sind die Wohnungen dennoch preiswert. In den halböffentlichen Wegen, die das Haus durchziehen, lebt in diesem Projekt die ferne Erinnerung an den Brutalismus der 1960er Jahre weiter, an Robin Hood Gardens von Alison und Peter Smithson oder die Park Hill Flats in Sheffield, verpackt in eine dicke Schicht Vollwärmeschutz. (Text: Christian Kühn)
- Pflegewohnhaus Liesing, Haeckelstraße 1a, 1230 Wien
Bauherrschaft: Stadt Wien, Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV); Dr. Roland Paukner, Ingrid Thanner, MAS (Direktion der Teilunternehmung Pflegewohnhäuser), Walter Teuschler (leitender Direktor PWH Liesing)
Architektur: Riepl Kaufmann Bammer Architekten, Wien
Gestaltung Andachtsraum: Svenja Deininger, Wien
Gestaltung Glasflächen: Bele Marx & Gilles Mussard, Wien Landschaftsarchitektur: 3:0, Wien
Wettbewerb: 2006 / Bauzeit: 2009–2013
Darf ein Heim für alte Menschen so groß sein? Die intuitive Antwort lautet „nein“, aber dieses Projekt zwingt zum Um- denken. Über 300 Bewohner sind hier untergebracht, aufgeteilt in überschaubare Einheiten, zu denen jeweils zwei Tagräume und ein Pflegestützpunkt gehören. Die Atmosphäre ist gediegen, ohne bieder zu wirken, mit hoher Detailqualität, die Respekt vor den Bewohnern zeigt. Holzverkleidungen geben den Gängen einen wohnlichen Charakter, und in den Tagräumen bietet ein elektrisch geheizter Kachelofen einen kleinen Luxus, der im hohen Alter gern angenommen wird. Hier finden sich auch Kochzeilen, in denen die Bewohner selbst aktiv werden dürfen. Großes Augenmerk wurde darauf gelegt, die Balkone vor den Zimmern schwellenlos erreichbar zu machen, damit auch das Bett ins Freie gerollt werden kann. Das klingt selbstverständlich, erfordert aber aufwendige Fensterdetails mit Magnetdichtung, die eigens entwickelt wurden. Auch die verschiebbaren Fensterläden sind so detailliert, dass sie von den Bewohnern selbst leicht bewegt werden können.
Es ist dem Bauherrn hoch anzurechnen, dass er hier Konsequenz bewiesen und nicht am falschen Platz gespart hat. Das gilt auch für die Fassadenverkleidung aus brüniertem Messing, das einen vornehmen Charakter ausstrahlt. Dasselbe Material ist als Deckenverkleidung in der Eingangshalle verwendet, und unwillkürlich denkt man an eine Bank oder Versicherung aus den 1970er-Jahren, ganz sicher nicht an ein Altersheim. Die fast monumentale Geste, mit der das Haus als großer Block mit zwei Höfen in den Park gesetzt ist, etwas abgerückt von der Haeckelstraße, ist städtebaulich gut motiviert. Durch das Aufständern im Südosten und großzügige Verglasungen im übrigen Sockelgeschoß bekommt das Haus eine Leichtigkeit, die schon beim Betreten des Foyers als Durchblick bis tief in den Park erlebbar wird. Hier wird nicht verschleiert, dass ein Geriatriezentrum mit über 300 Betten eine große Maschine sein muss, aber es ist eine menschenfreundliche Maschine, die den Bewohnern ihre Würde lässt. (Text: Christian Kühn)
Preisträger – Kärnten
- Atelier Krawagna, Hauptstraße 232, 9201 Krumpendorf
Bauherrschaft: Dorli & Peter Krawagna
Architektur: Reinhold Wetschko, Klagenfurt
Ausführungszeitraum: Mai 2012 – November 2012
Die Bauherrschaft, ein Maler-Ehepaar, besitzt auf demselben Grundstück bereits ein Haus aus dem 19. Jahrhundert mit Blick über den Wörthersee. Das neue Ateliergebäude bildet den südseitigen Abschluss zur Straße, von wo auch ein Zugang auf das Hanggrundstück liegt. Der Neubau sollte den Zugang nicht einengen und den Dialog mit dem alten Haus herstellen. Funktional geht es um einen großen Atelierraum mit Nordlicht und die entsprechenden Nebenräume, Sanitärbereich und Kunstdepot.
Viel einfacher könnte eine Aufgabe nicht sein, denkt man. Aber gerade hier fallen jeder Fehler und jede verpasste Chance auf. Das Verglasen der Ecke an der Eingangsseite gehört zu den Chancen, von denen der Bauherr, der sein Atelier zuerst ganz ohne Sichtbezug nach außen gedacht hatte, überzeugt werden musste. Diese offene Ecke ist entscheidend für den Dialog mit dem alten Haus und für den Zugang ins Atelier, der ohne sie recht schroff geworden wäre. Zur Straße hin zeigt sich der Neubau hinter einer dichten Hecke als geschlossene, mit dunklem, leicht metallisch glänzendem Holz verkleidete Fläche, mehr Wandschirm als Volumen.
Über die Fassade würden sie sich jeden Tag freuen, berichten die Bauherren, da sie je nach Licht und Witterung durch das verschiedene Grün der Bäume für kurze Zeit zarte Farbnuancen annehmen würde. Ins Innere des Ateliers dürfen diese Nuancen aber nur in der Phantasie und auf der Palette des Bauherren: Hier ist vom Holz nichts mehr zu sehen: hellgrauer Boden, weiße Wände. Die Konstruktion – eine Holzriegelwand mit Balkendecke – lässt sich gerade noch in der Ausführung des nordseitigen Oberlichtbands erahnen. Es sind einige wenige Festlegungen, die dem Raum Qualität geben: Das Pultdach, dessen untere Kante genau auf halber Höhe des Oberlichtbands justiert ist, und ein schmales Fenster auf Bodenhöhe, das eine Stirnseite des Raums zum Garten hin öffnet und etwas Licht von unten ins Atelier holt. (Text: Christian Kühn)
Preisträger – Vorarlberg
- Islamischer Friedhof, Schotterried 1, 6844 Altach
Bauherrschaft: Gemeinde Altach Immobilienverw. GmbH & Co KG, Bürgermeister Gottfried Brändle
Architektur: Bernardo Bader, Dornbirn
Kunst: Azra Aksamija, Boston, USA
Wettbewerb: September 2007
Baubeginn: 2011 / Fertigstellung: Juni 2012
Islamische Friedhöfe gehorchen Regeln, die nicht leicht mit den christlichen kompatibel sind. Schon die Ausrichtung der Gräber nach Mekka passt nicht zur christlichen West-Ost-Orientierung, und auch die zeitlichen Abläufe sind im Islam deutlich anders. Da eine möglichst schnelle Beerdigung der Verstorbenen angestrebt wird, können Konflikte mit religiösen Festen anderer Konfessionen entstehen. Die zunehmende Zahl von Muslimen, die sich auch in ihrer neuen Heimat beerdigen lassen möchten, veranlasste die Vorarlberger Gemeinden, gemeinsam mit den betroffenen Religionsgemeinschaften nach einer Lösung zu suchen. Ergebnis der mehrjährigen, moderierten Diskussion war die Entscheidung, die zusätzlichen Grabplätze nicht auf mehrere Gemeinden aufzuteilen, sondern einen zentralen islamischen Friedhof in Altach zu errichten. Die Kritik, dass damit die Isolierung islamischer Staatsbürger gefördert würde, lässt außer Acht, dass im Islam der Tod alle irdischen Bindungen löst, zur Familie wie zur Gemeinde, und der Tote in erster Linie als Teil der Umma, der Gemeinschaft der Gläubigen, verstanden wird.
Der neue Friedhof in Altach ist bewusst nicht von einer Mauer umgeben, auch wenn die Zugangsfassade diesen Eindruck erweckt. Hinter dieser, teilweise durch ein Holzgitter durchbrochenen Fassade liegen ein Waschraum für die Toten, ein kleiner Andachtsraum und ein überdeckter Verabschiedungsplatz. Von hier aus führt der Weg zu den fünf Gräberfeldern, die sich offen mit dem umgebenden Grünraum verschränken. Besiedelt werden die Felder mit Einzel- oder Doppelgräbern in einem Zufallsmuster nach vorgegebenem Plan. Bei aller Schwere der verwendeten Materialien wirkt die Architektur offen, als würde es hier um einen Aufbruch gehen und nicht um ein Ende. Man spürt in allen Details, dass sich die Bauherren Zeit gelassen haben, einen würdigen Ort für die besondere Aufgabe zu schaffen und der Islamischen Gemeinschaft eine Vorarlberger Heimat zu geben. (Text: Christian Kühn)
Preisträger – Salzburg
- Holzbau Meiberger, 5090 Lofer 304
Bauherrschaft: Meiberger Holzbau GmbH & CoKG, Walter Meiberger
Architektur: LP architektur ZT GmbH, Altenmarkt i. Pongau
Planungsbeginn: Jänner 2011/ Fertigstellung: Juli 2012
Ein Konglomerat aus alten Fertigungshallen, ergänzt um einen Lebensmittelmarkt im Erdgeschoß, das war der wenig spektakuläre Bestand, aus dem hier ein neuer Firmensitz für ein Holzbauunternehmen entstehen sollte. Die breit gelagerte Straßenfront mit zwei flach geneigten Satteldächern von je 25 m Spannweite musste eine umfassende Schönheitsoperation über sich ergehen lassen, die annähernd dem Versuch entspricht, einem Volkswagen Passat aus dem Jahr 1985 die Front und die Motorhaube eines Porsche Cayenne einzupflanzen. Das kann nicht gut gehen, müsste man annehmen, aber hier ist es gelungen. Nichts für Puristen klarerweise, aber Rhythmus und Gliederung der neuen Fassade, die sich wie ein leichter Schleier aus Holzlamellen vor den Bestand legt, wirken überzeugend. Nur im Erdgeschoß durchbricht eine Sichtbetonkonstruktion, die Eingangszone des Lebensmittelmarkts, diesen Schleier. Im ersten Obergeschoß liegen die Büros des Holzunternehmens, im Geschoß darüber eine Reihe von Kleinwohnungen, die ursprünglich für die Mitarbeiter gedacht waren, aber inzwischen auch frei vermietet werden.
Eine Raumschichte zwischen Bestand und Lamellen gibt der Fassade Tiefe und lässt Platz für unterschiedliche Einbauten: Balkone vor den Büros und Wohnungen, Lüftungsgeräte im Erdgeschoß, und auch die Treppen zu den Wohnungen, ein ruppige Konstruktion aus verzinktem Stahl, führt an der Nordostecke in diesem Zwischenraum nach oben. In den Büroräumen hat sich das Holzbauunternehmen mit durchwegs sägerauen Oberflächen eine Atmosphäre geschaffen, die gut zum Charakter der Firma passt. Besonderer Wert wurde auf die visuelle Verbindung von Verwaltung und Produktion gelegt: In den Besprechungsräumen erlauben raumhohe Verglasungen den direkten Blick in die Halle. Nachhaltigkeit beginnt bei diesem Projekt mit der Grundentscheidung zur sinnvollen Erhaltung und Ertüchtigung des Bestands anstelle der perfekten neuen Lösung. Nicht jedes Detail wird man kopieren wollen, aber in Summe überzeugen der Witz und der Mut zur Improvisation, den Bauherr und Architekt bewiesen haben. (Text: Christian Kühn)
- Erweiterung Gusswerk, Söllheimerstraße 16, 5020 Salzburg
Bauherrschaft: Gusswerk Eventfabrik GmbH, Marco Sillaber
Architektur: ARGE Erweiterung Gusswerk (hobby a., LP architektur, CS-architektur, Strobl Architekten)
Planungsbeginn: Jänner 2011 / Fertigstellung: August 2012
Ein ehemaliges Industrieareal am Salzburger Stadtrand, dessen bestehende Hallen vom Bauherrn bereits umgenutzt und erfolgreich vermarktet wurden, bot an der nordöstlichen Ecke Platz für eine Erweiterung mit einer Nutzfläche von rund 16.000 Quadratmetern. Der Bauherr kennt die Erwartungshaltung seiner zukünftigen Kunden, die vor allem aus dem Großhandel im Bereich der Textilindustrie kommen: Sie wünschen sich für ihre Brand-Center so etwas wie eine eigene Adresse. Das Projekt sieht daher acht im Grundriss quadratische Türme mit eigenen Zugängen vor, die über ein System von Innenhöfen auf zwei Niveaus erreicht werden. Das geneigte Gelände erlaubt dabei mehrere Eingangsebenen und ein verbindendes Sockelgeschoß, das die Logistik erleichtert. Die Ausführung der Türme in Stahlbeton mit einer Fassade aus Kunststoff-Stegplatten mit Fenstern aus nicht eloxiertem Aluminium erreicht laut Bauordnung zwar nur Lagerqualität, bietet aber perfekt belichtete Ausstellungsräume für die unterschiedlichen Bekleidungsmarken. Die Praxis zeigt, dass sich die Räume auch für Büronutzung eignen, bei Errichtungskosten von rund 800 Euro pro Quadratmeter eine durchaus interessante Option. Eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt zudem für niedrige Betriebskosten.
Bemerkenswert ist in diesem Fall auch der Planungsprozess: Der Bauherr veranstaltete unter den vier Architekten, die bereits die Sanierung der diversen vorhandenen Hallen übernommen hatten, einen Wettbewerb. Das Siegerkonzept wurde dann von allen vier Teilnehmern gemeinsam weiterentwickelt und in unterschiedlichen Rollen bei der Umsetzung begleitet. Das Ergebnis ist eine eigenartige Mischung aus Poesie und Improvisation, Formbewusstsein und Profitdenken. Nichts spricht gegen diese Kombination, wenn sie von Bauherrn und Architekten gemeinsam gelebt wird. Dann bedeuten – wie das vorliegende Projekt beweist – Form und Profit nicht mehr ganz dasselbe wie bei isolierter Betrachtung. (Text: Christian Kühn)
Preisträger – Oberösterreich
- Agrarbildungszentrum Salzkammergut, Pichlhofstrasse 52, 4813 Altmünster
Bauherrschaft: Landes-Immobilien GmbH vertreten durch das Amt der OÖ Landesregierung, Abteilung Gebäude- und Beschaffungs- Management, Mag. Gerhard Burgstaller
Architektur: Fink Thurnher Architekten
Wettbewerb: März 2007
Baubeginn: April 2009 / Fertigstellung: Sept. 2011
Durch die Zusammenlegung von zwei landwirtschaftlichen Schulen am Standort Altmünster musste das bestehende Schulgebäude wesentlich erweitert werden. Die im Bestand fragmentarisch vorhandene Struktur eines ortstypischen Vierkanthofes war Vorbild für das neue Ensemble. Der zentrale Innenhof bildet das Zentrum, um das sich die Lebensbereiche Lernen, Arbeiten und Wohnen anordnen. Die Ausführung der Erweiterung erfolgte als konstruktiver Holzbau. Durch die Verwendung von unbehandelter, heimischer Weißtanne konnten Fassaden, Böden, Wände, Decken und Möbel aus einem einheitlichen Material hergestellt werden. Den Kriterien der angestrebten Nachhaltigkeit wird durch die Verwendung weiterer ökologischer Baumaterialien wie Schafwolle, der Minimierung von Oberflächenbehandlungen sowie der energetischen Optimierung entsprochen. Das gesamte Gebäude erreicht Passivhausstandard.
Diese Schule erreicht das Beste, das ein guter Bildungsbau erreichen kann: Sie begeistert Schüler und Lehrer. Das liegt einerseits am Raumangebot: So gut wie jede Klasse hat neben dem normalen Klassenraum einen Zusatzraum mit Oberlicht und einer Verglasung zu den Gängen, in dem Projekt- und Gruppenarbeit Platz haben; jede Lehrerin und jeder Lehrer hat einen eigenen Arbeitsplatz in einem gut gegliederten Großraum mit Blick ins Grüne. Es liegt aber auch an der Qualität im Detail, die das Vorarlberger Architekturbüro erfolgreich nach westösterreichischen Standards eingefordert hat. Das alles ist keine Selbstverständlichkeit: Ohne öffentliche Geldgeber, die Sparsamkeit nicht an oberster Stelle reihen, ohne Nutzer, die ihre Anforderungen klar vermitteln können, und ohne Bauherren, die auf einem offenen Architekturwettbewerb bestehen, kann ein Projekt auf diesem Niveau nicht realisiert werden. Langfristig wird diese Investition in Bildung sich rentieren. Auch wenn der Raum für eine gute Bildung sicher nicht die Hauptrolle spielt: Wer in solchen Räumen zur Schule gegangen ist, fühlt sich grundsätzlich gut aufgehoben und respektiert, und wird diesen Respekt als Erwachsener gern weitergeben. (Text: Christian Kühn)