14/01/2016

Vom Nutzen der Architekturfotografie / On the Uses of Architectural Photography
Hrsg. v. Angelika Fitz / Gabriele Lenz
BIRKHÄUSER, 2015

- Nutzen der Architekturfotografie für die Baukultur
- Einblicke in die Archive international tätiger Architekturfotografen
- Gemeinsame Analysen von Fotografen, Architekten und Architekturvermittlern

14/01/2016

Frog Queen, Liebenauer-Hauptstraße 82c, 8041 Graz, 2007

Architektur: SPLITTERWERK©: paul ott photografiert
©: IG Architekturfotografie

Architekturfotografie ist als Auftragsarbeit vielschichtig. Es gilt die Herausforderung, Bilder zu erzeugen, die ästhetische und künstlerische Überlegungen des Fotografen mit den Vorstellungen von Architekt und Bauherrn in einem gemeinsamen Ausdruck vereinen. Projektpräsentation, Marketing und PR treffen auf das Freie und immer wieder Radikale in der Perspektive des Künstlers. Längst sind ehemalige strenge Definitionen und enge Rahmen, wie eine Abbildung zu sein hat, damit Architekturfotografie gegeben ist, schon aufgehoben.
Die Ursubstanzen Form, Struktur und Licht hat das Medium um den Faktor Mensch im Kontext der Umgebung erweitert.
Im digitalen Zeitalter kam mit dem Rendering, das die ehemalige Zeichnung zum fotorealistischen Abbild wandelt und durch Animationen plötzlich Bewegung ins Statische bringt, ein neuer, mächtiger Konkurrent. 

2003 wurde in Wien die Interessensgemeinschaft Architekturfotografie gegründet. Ziel war es – wie es die Vereinigung selbst formuliert – „über die verschiedensten inhaltlichen Aspekte der eigenen Arbeit umfassend und auf breiter Ebene zu informieren“. Aktuell umfasst die Gruppe 21 FotografInnen, die sowohl national wie auch international tätig sind.
 
Ende vorigen Jahres ist bei Birkhäuser nun Vom Nutzen der Architekturfotografie erschienen, ein Kompendium, in dem erstmals nun Arbeiten – fast – aller Mitglieder in einem Buch versammelt sind.

Im Titel lehnen sich die beiden Herausgeberinnen Angela Fitz und Gabriele Lenz an ein Werk Friedrich Nietzsches an. Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, 1874 erschienen, war ein Aufruf gegen den in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgekommenen Historismus, weg von einer Geschichtsvermittlung als Ansammlung von Fakten, hin zu einem emotionalen und sinnlichen Zugang zum Wissen.
Auch Fitz und Lenz wollen neue Zugänge zur Architekturfotografie öffnen. Anstatt einer Leistungsschau „bester Bilder“ werden Zugänge zu den Aufträgen aufgezeigt, visueller Kontext, Arten der Inszenierung hinterfragt, Wirkungsweisen von veröffentlichten Fotos besprochen.

Vom Nutzen der Architekturfotografie postuliert in zehn Kapiteln unterschiedliche Perspektiven von Nutzen. Es dekonstruiert und montiert den Begriff neu anhand vieler noch unveröffentlichter Fotografien als „Beweismittel“ dafür. Es wird der Mensch hinter dem Material gesucht, zeigt Fotografien außerhalb jedes Kanons, präsentiert persönliche Projekte der Fotografinnen und Fotografen oder holt sie hinter der Kamera hervor und zeigt sie schlicht auch einmal bei der Arbeit.
Ein Kapitel stellt bereits publizierten Bildern eines Objektes alternative, im Archiv verschwundene Aufnahmen gegenüber und eröffnet einen frischen Diskurs über Deutungsmöglichkeiten von Fotografien.

Das Buch gibt einen gelungenen Einblick in Arbeitsprozesse leidenschaftlicher Formsucher, verweist auf Verbindendes und Trennendes im Zugang zu ihrer Arbeit. Es verdeutlicht, welche Bandbreite eine Dokumentation von Architektur haben kann, wenn kritische Analyse das Repräsentative begleitet. Das hervorragende und immer wieder überraschende Bildmaterial wird durch kurze Kommentare –  parallel in Deutsch und Englisch – von Fachleuten verschiedenster Provenienz gelungen ergänzt.

Vom Nutzen der Architekturfotografie weckt beim Betrachter ab der ersten Seite das Interesse. Der intelligente und abwechslungsreiche Aufbau macht das Buch als Bildband wie auch als Textsammlung lesens- und betrachtenswert. Es sollte in keiner Architektenbibliothek fehlen.
 
Vom Nutzen der Architekturfotografie / On the Uses of Architectural Photography
Hrsg. Angelika Fitz / Gabriele Lenz
Birkhäuser 2015, 288 Seiten,
250 Farbabbildungen, € 49,95

Mit Essays von: Angelika Fitz, Elke Krasny, Gabriele Lenz und Philipp Ursprung sowie kurzen Textkommentaren von zahlreichen ArchitektInnen und ArchitekturvermittlerInnen.

Mit Fotografien von: Markus Bstieler, Peter Eder, Gisela Erlacher, Pez Hejduk, Eduard Hueber, Hertha Hurnaus, Markus Kaiser, Angelo Kaunat, Bruno Klomfar, Alexander Eugen Koller, Zita Oberwalder, Pia Odorizzi, Stefan Olah, Paul Ott, Lukas Schaller, Manfred Seidl, Margherita Spiluttini, Rupert Steiner, Dietmar Tollerian, Günter Wett.

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