-
Mönchengladbach

Hans Hollein, Hausskulptur 1959

©: Hans Hollein

Zwei Ausstellungen widmen sich dem Schaffen des Architekten, Künstlers und Designers Hans Hollein anlässlich seines 80. Geburtstags. Die erste findet in Mönchengladbach statt, die zweite im Wiener Museum der Angewandten Kunst. (siehe Terminverweis unten).

Im Städtischen Museum Abteiberg, Mönchengladbach, das Hans Hollein 1972-82 errichtete, wird am 12.04.2014 die Ausstellung Hans Hollein: Alles ist Architektur eröffnet und mit einem Symposium begleitet.
Das Museum Abteiberg hat in Kooperation mit dem MAK, dem Österreichischen Museum für angewandte Kunst in Wien, eine Ausstellung realisiert, die Hans Hollein in neuen Perspektiven zeigt. Es geht es um eine Neubetrachtung, die das medial und interdisziplinär ausgreifende Denken dieses Architekten, seine anthropologischen Begriffe von Architektur und Design, die Nähe zu Pop Art, Joseph Beuys, der Gegenwartskunst seiner Generation sowie seine wegweisenden Projekte als Museumsarchitekt und Ausstellungskurator vor Augen führt.
Die Ausstellung wurde gemeinsam mit dem Berliner Architekten und Kurator Wilfried Kuehn entwickelt, sie integriert neue Forschungsansätze jüngerer Architektur- und Kunsthistoriker und basiert auf vielen Materialien und Dokumenten aus dem Atelier Hollein, die in dieser Ausstellung erstmalig veröffentlicht werden.

INTERNATIONALES SYMPOSIUM
Alles ist Architektur – Neue Forschung über Hans Hollein mit
_ Eva Branscome, Bartlett School of Architecture London
_ Samuel Korn, Berlin/Frankfurt
und weiteren Gästen

12:00 Uhr

BEGRÜSSUNG:
_ Norbert Bude, Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach
_ Dr. Ursula Sinnreich, Generalsekretärin der Kunststiftung NRW
_ Max Hollein, Direktor Städel Museum Frankfurt

EINFÜHRUNG: Wilfried Kuehn und Susanne Titz

14:00 Uhr
HANS HOLLEIN: ALLES IST ARCHITEKTUR.
Ausstellungsgespräch mit
_ Max Hollein, Direktor Städel Museum Frankfurt
_ Rita McBride, Rektorin Kunstakademie Düsseldorf
_ Kersten Geers, Architekt (OFFICE Kersten Geers David van Severen) Brüssel
_ Wilfried Kuehn, Architekt (Kuehn Malvezzi)
_ Kuratorin Susanne Titz, Direktorin Museum Abteiberg

Konzept: Wilfried Kuehn und Susanne Titz

Hans Hollein (*1934) war einer der Protagonisten in den Architektur- und Design-Debatten der 1960er und 70er Jahre, gemeinsam mit Oswald Oberhuber und Walter Pichler Herausgeber der Wiener Zeitschrift BAU, in der sich in den mittleren 1960er Jahren die Visionen einer international neuen Generation spiegelten und radikale Analysen der architektonischen Moderne stattfanden.

Hollein war früh auf Kongressen und in Medien präsent und es waren schon kleinere Aufträge für die Wiener Geschäftslokale Retti und Metek sowie die New Yorker Feigen Gallery, die ihn neben seinen experimentellen Ausstellungen als Künstler-Designer-Architekt publik machten. Vor dem ersten großen Bauauftrag in Mönchengladbach erhielt er 1967 auf Vermittlung von Joseph Beuys eine Professur für Architektur an der Düsseldorfer Kunstakademie, im gleichen Jahr erschien sein Text Alles ist Architektur und es begann die Verbindung zum damals neuen Mönchengladbacher Museumsdirektor Johannes Cladders: 1970 fand im alten Museum an der Bismarckstraße Holleins kulturhistorische Ausstellungsinszenierung: Alles ist Architektur. Eine Ausstellung zum Thema Tod statt, zwei Jahre später beauftragte ihn Cladders mit dem Bauentwurf für das Museum Abteiberg - ein ‚kuratorischer’ Direktauftrag, der ohne Wettbewerb geschah.

Die Architektur seines ersten Gebäudes wird nunmehr zu Raum und Umgebung einer Ausstellung über Hollein. Die These Alles ist Architektur wird dabei neu zitierbar, um an die Komplexität und Ganzheitlichkeit Holleins und einer architektonischen Generation zu erinnern, die - unter einigen umstrittenen Interpretationskriterien – in den 1980er Jahren als Postmoderne benannt wurde: Die Kultur- und Zeitgeschichte der 1960er Jahre wird fassbar, die Kritik an der Moderne, das Auftreten von historischer Selbstreflexion, gesellschaftlicher Emanzipation, das vor der ästhetisch definierten Postmoderne in Design und Architektur geschah (die Thesen von Strukturalismus und anthropologischer Theorie, die Literaturkritik von Leslie Fiedler, Cross the border - close the gap, 1969 und die Architekturkritik von Robert Venturi, Complexity and contradiction in Architecture, 1966, bzw. Learning from Las Vegas, mit Denise Scott Brown und Steven Izenour, 1972, sind Zeitgenossen).
Holleins mediale und publizistische Arbeit, seine Zukunftsvisionen wie die vom allseits verfügbaren mobilen Büro und von neuartigen Stadtlandschaften, Wohn- und Lebenskapseln, von teils futuristischen Ideen, teils atavistisch-archaischen Rückgriffen auf den gegrabenen Raum, Raumbildung als Höhlung, werden hier in scheinbar paradoxer Parallelität sichtbar.

Die Genese von Holleins Werks wird durch eine Neubetrachtung seiner Biografie plastischer, eine Annäherung an die historischen Bedingungen und Anknüpfungspunkte: Neben der Herkunft aus einer Bergwerksfamilie (Holleins wichtiger Bezug: das Museum als Bergwerk) tritt die Erfahrung der Nachkriegszeit in Österreich, ein Baustudium in den 1950er Jahren und ein anschließender Ausbruch aus den Wiener Kriegsruinen durch Reisen und ein USA-Stipendium, mit dem er von 1958 bis 1960 zwei Jahre quer durch Amerika reiste und Kontakte zu führenden Architekten knüpfte; Philip Johnson erwarb einige Jahre später Holleins Fotocollagen und führte sie in den Besitz des MoMA. Bisher unveröffentlichte Reiseberichte aus historischen Archiven sowie viele Zeichnungen, Skizzen, Collagen und Objekte werden die frühen Jahre in Holleins architektonischer Entwicklung darstellen, seine Entdeckung der Architecture without Architects, der Archaik der Pueblos, die gleichzeitige Affinität zu Pop und Science Fiction, die Medialisierung von Architektur als Design und Kommunikation. Zu sehen ist auch das auffällig skulpturale Moment seiner Zeichnungen und die generell große Bedeutung dieses Mediums: Gezeigt werden Holleins Anamorphosen von Kriegsschiff und Stadt (Flugzeugträger) oder solche von Frau und Landschaft, ebenso die vielen Entwurfsstudien für architektonische Räume und deren Details. Ganz frühe Studienarbeiten, Kirchenbauten, weisen voraus auf spätere Leitmotive, auf Architektur als Metapher, als Sprache, als Handlungs- und Kultraum.

Das gemeinsam mit Wilfried Kuehn entworfene Projekt ist keine Retrospektive, auch keine Architekturausstellung im klassischen Sinne, sondern ein essayistisches Vorhaben, das Holleins Werk, ebenso die Hintergründe und Einflüsse seines Denkens sowie auch dessen Einflüsse auf das Folgende neu sichtbar machen: Auslöser des internationalen Museumsbooms (Frank O. Gehry 1997: „There wouldn’t have been Bilbao without Mönchengladbach.“), stilbildend für die Architektur der 1980er und 1990er Jahre, wegweisend auch in der Medialisierung und Globalisierung von heutiger Architektur. Das Material aus den Beständen des Ateliers sorgt für Rückblicke, hiermit werden neue Forschungsansätze angeregt bzw. bereits in ihren akuten Denkansätzen portraitiert.

Die Ausstellung Hans Hollein: Alles ist Architektur wird in Kooperation mit dem Österreichischen Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst, kurz MAK in Wien vorbereitet, wo unter dem Titel HOLLEIN eine weitere Neubetrachtung des Werks von Hans Hollein stattfindet. Dort wird ein anderer Blick auf Holleins Architekturen mit neuen fotografischen Dokumentarserien von Aglaia Konrad und Armin Linke geworfen sowie Holleins Arbeit als Designer und Ausstellungsarchitekt thematisiert: vom 25. Juni bis 5. Oktober 2014 zu sehen im Österreichischen Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst, MAK Wien,

Die Ausstellung wird eingeführt und begleitet durch ein kuratorisch entworfenes Heft mit ca. 40 Seiten, das zur Gratismitnahme für alle Ausstellungsbesucher bereitliegt. Gemeinsam mit dem MAK Wien wird ein Foto- und Textband herausgegeben, der aus der neuen Dokumentarserie von Aglaia Konrad und Armin Linke den Blick hin auf eine neue Thematisierung von Holleins ursprünglichen Ideen und auf deren spätere – heutige – Realität richtet.

Verknüpfte Termine
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+