Auf einer sich durch den Raum windende Rahmenkonstruktion ist pink und golden schillernde Folie angebracht wie sie in der Autotuning-Szene verwendet wird. Dem Klischee entsprechende Subwoofer brummen auf die Folie ein, die nun als zitternde Membran erscheint. Das eigene Spiegelbild vibriert in diesem Shock Absorber, dominanter Teil einer Ausstellung unter dem Titel Zornflüssigkeiten oder eben Rage Fluids.
Hannah Perry, 1984 in Chester geboren, hat ihre Studien am Londoner Goldsmith College und an den Royal Academy Schools of Art absolviert. Rage Fluids im Künstlerhaus Graz ist ihre erste institutionelle Schau, in der sie sich assoziativ und metaphorisch mit dem Macho-Gehabe ihrer Generation auseinandersetzt, mit Bruchstücken eigener Erfahrung und mit versatzstückartigen Inhalten aktueller Kommunikationsmedien. Fotos von ihrem Smartphone sind nach Mixed-Media-Verfahren (Siebdruck, Collage, Autolacke, Autofolien) in Tafelbilder übertragen, durchsetzt von kurzen Texten nach schnellen Gedanken. Für die aktuelle Ausstellung gestaltete Perry einen 360°-Film, in dem sich Besucherinnen und Besucher zwischen scheinbar schwebenden Körperfragmenten befinden, während auf der Tonspur die Suche nach dem Selbst infolge traumatischer Erlebnisse der Künstlerin zu hören ist.
Nach dreijähriger Recherche liegt nun eine Bestandsaufnahme nahezu des gesamten Werks des Grazer Künstlers Jörg Schlick (1951-2005) vor. Die Publikation versammelt Arbeiten aller Werkphasen des Autors, Konzeptkünstlers, Musikers, Malers, Kurzfilm-Regisseurs, Video- und Performance-Künstlers, Ballett-Choreografen und Bühnenbildners, erläutert durch Texte von Diedrich Diederichsen, Elisabeth Fiedler, Martin Prinzhorn und Helene Romakin. Das Buch bildet quasi das Zentrum einer retrospektiven Ausstellung im Souterrain des Künstlerhauses, die in Form eines Studienraums eingerichtet ist. Nach der großen Werkschau 2015 ist es nun die Biographie, der hier unter anderem mit Gemeinschaftsarbeiten – beispielsweise mit Martin Kippenberger oder Albert Oehlen – Raum gegeben wird. Vor dem im endlosen Rapport aufgebrachten Logo der Lord Jim Loge ist etwa Jörg Schlick in the mix zu hören: Samples von Musikstücken Schlicks, die Albert Oehlen neu bearbeitet hat und die nun als LP aufgelegt wurden. Ausstellungplakate verdeutlichen die internationale Präsenz des Grazers mit Soli und Beteiligungen unter anderem 1993 im Centre Pompidou, Paris, 1996 im Museum Ludwig, Köln und 2000 im Musée d'art modern et contemporain, Genf. Für Besucher steht im Studienraum zudem eine Bank mit 3.758 Datensätzen per Terminal bereit – „Keiner hilft keinem“.
Weil noch Zeit ist, eine Episode: Mit Wolfgang Bauer präsentierte Jörg Schlick 1984 den Film Die Kunst von A bis Z im Grazer Annenhofkino. Auf Einladungskarten wurde um Erscheinen in Abendkleidung oder Tracht gebeten, den Interessen des Publikums geschuldet war freilich auch ein ausgiebiges Buffet angekündigt. Ein volles Haus erlebte einen verheißungsvollen Vorspann, während der gesamte Film etwa 30 Sekunden dauerte. In blitzartigen Schnittsequenzen waren ein Bild von Wolfgang Bauer und ein weiteres von Jörg Schlick kaum zu sehen, die die beiden Künstler unter den Pseudonymen Herbert Aigner und Theo Zwirn (A und Z) zum Förderungspreis des Landes Steiermark eingereicht hatten.