Der Ausbau der A9 (Pyhrnautobahn, Anm. d. R.) zwischen Leibnitz und Graz mit dem Versuch, den Nutzen einer Autobahn über eine Verkehrsstudie nachzuweisen, ist ungenügend. Dieser Ausbau würde die unkontrollierte Ausdehnung der Zersiedelung im Süden von Graz begünstigen und wäre deshalb ein wesentlicher Treiber für massive Umweltprobleme. Zusätzliche Ansprüche an Verkehrsverbindungen sind immer mit zusätzlicher Zersiedelung verbunden, und umgekehrt steigen die Ansprüche an Mobilität mit der flächenhaften Ausdehnung der Zersiedelung. Dieser Zusammenhang von Bebauung mit Verkehrsaufkommen ist seit Jahrzehnten bekannt, wird aber von Verkehrsplanern, Politik und Hoheitsverwaltung kollektiv verdrängt. Diese Studie ist „retro“ und unterstützt das Handeln im Wissen, dass die Folgen dieses Handelns negative Wirkungen haben werden. In der bekannten Studie von Newman und Kenworthy wurde bereits 1980 der fundamentale Zusammenhang der Bebauungsweise mit dem Treibstoffverbrauch nachgewiesen und gezeigt, dass in kompakt gebauten Städten mit hoher Bebauungsdichte der Treibstoffverbrauch kleiner ist als in Städten mit großer Flächenausdehnung.
Die Fragestellung der Studie (Zitat: „Ziel der Verkehrsuntersuchung ist die Beantwortung der Frage, ob es ÖV-Maßnahmen(bündel) oder andere Mobilitätsmaßnahmen gibt, die das bestehende Ausbauerfordernis der A9 verzögern oder erübrigen“) greift zu kurz, weil sie die Verkehrsvermeidung nicht berücksichtigt. In einer zeitgemäßen Studie mit einer umfassenden Betrachtung von Mobilitätsansprüchen wäre zuerst zu untersuchen, wie zusätzlicher Verkehr verhindert werden kann. Dabei geht es nicht um Fahrverbote, wie die Studie suggeriert, es geht vielmehr um das Vermeiden von Verkehr. Es drängt sich eine Assoziation zur thermischen Sanierung des Gebäudebestandes auf: Auch hier ist die Umrüstung auf alternative Heizsysteme am wirksamsten, wenn zugleich der Bedarf an Heizenergie durch Wärmedämmung minimiert ist. („Die günstigste Heizenergie ist jene, die nicht benötigt wird“) Die geschätzte Zunahme des Verkehrs (Zitat Studie: „der induzierte Neuverkehr bleibt mit zusätzlich rund 670 Pkw-Fahrten/Werktag gering“) ist völlig unglaubwürdig, weil die wichtigste Alternative nicht untersucht wurde: die Anbindung des Grazer Stadtzentrums an ein zeitgemäßes S- Bahnsystem (kleine Intervalle, kurze Fahrzeiten).
In der Stadt, besonders aber im bestehenden, alten Stadtzentrum und in möglichen neuen urbanen Zentren, können wir den städtischen Raum nicht weiter für Fahrspuren verschwenden, weil wir den Platz dringend für die Umgestaltung zu "low-tech" Mobilität, für Grünräume und soziale Begegnungen benötigen. Mit dem Ausbau der A9 wird das Ziel, den Pkw-Verkehr in der Stadt Graz auf die Hälfte zu reduzieren, in weite Ferne rücken und der knappe öffentliche Straßenraum wird weiter für Fahrbahnen beansprucht werden. Die Reduktion des Autoverkehrs ist eine Voraussetzung, um Teile der Stadt Graz städtebaulich zu sanieren oder auch nur um städtebauliche Adaptionen vorzunehmen. Wenn das Land Steiermark dieses Ziel nicht unterstützt, behindert das die Entwicklung von Graz für eine klimagerechte Transformation.
Lassen Sie das nicht zu!
Studie auch verkehrsplanerisch mangelhaft
Ich fand es auch interessant, wie eine Studie der TUGraz in der heutigen Zeit und mit den Ansprüchen, die die TU an sich und ihre Mitarbeiter*innen stellt, zur Aussage kommen konnte, dass der A9-Ausbau mit einer dritten Spur alternativlos sei. Bei der Vielzahl an Möglichkeiten, Kfz-Verkehr zu vermeiden, ist das nicht wirklich nachvollziehbar. Und so ist es umso spannender nachzuschauen, wie dieses Ergebnis zustande kam, was berücksichtigt wurde und was nicht.
Neben den von Hrn. Arch. DI Steinegger bereits angesprochenen nicht berücksichtigten raumplanerischen Strategien, blieben z.B. auch wesentliche verkehrsplanerische Steuerungsmöglichkeiten in der Studie unberücksichtigt. Dazu zählt an vorderster Stelle eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung im Steirischen Zentralraum (vgl. S. 61 und 62 der Studie). In Städten wie Amsterdam oder Tokio kann der Effekt einer sukzessiven Parkraumreduktion und Kostenpflichtigkeit gut studiert werden.
Da man mittlerweile weiß, dass zusätzliche Straßenausbauten das Verkehrsaufkommen erhöhen, wäre zudem ein Stopp weiterer Ausbauvorhaben, wie der Fürstenfelder Schnellstraße, zu prüfen gewesen. Diese wurden jedoch als „Sowieso-Maßnahmen“ unhinterfragt übernommen (ebd. S. 61).
Zudem wurde in der A9-Studie zwar ein Szenario mit ÖV-Intensivierung behandelt, für den limitierend wirkenden Zubringerverkehr zu den leistungsfähigen ÖV-Netzen ist aber vielfach (wenn überhaupt) nur ein Stundentakt eingeplant (S. 67 ff), was verständlicherweise nur vergleichsweise wenige bewegt, auf den ÖV umzusteigen.
Aufgrund der vielfältigen negativen Umwelt- und Verkehrsauswirkungen eines Autobahnbaus hätte die Fragestellung der Studie eigentlich lauten müssen, was raum- und verkehrsplanerisch getan werden muss, damit ein A9-Ausbau vermieden werden kann. Wie dargelegt, wäre aber auch mit der bisherigen Fragestellung eine weitsichtigere, zukunftsfähigere Bearbeitung möglich und erwartbar gewesen.
Der Wert von studien
Allein der Absender einer Universität sollte die Richtigkeii einer Studie glaubhaft belegen , schon beim u-Bahn Projekt für graz war sich die hohe Wissenschaft nicht zu schade politisch missbraucht zu werden, mussff es e am Ende zugeben wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt zu haben, scheint hier wieder so zu sein. Akademiker besinnt euch Euren Eiden entsprechend wissenschaftlich und neutral zu Arbeiten, es steht zu viel am Spiel