"Wenn eine Frau ein Kind erwartet, so muß sie vieles vorbereiten, bei der Arbeit kann ihr der Mann nicht helfen; aber er kann auch etwas, er kann zum Beispiel eine Wiege bauen. Ich baute eine Wiege wie ein Schiff, mit Kiel und Spanten, dickbauchig wie eine holländische Kuff, sie konnte schaukeln, sie konnte aber nicht kippen. Unwillkürlich malte ich mir aus, wie es wäre, wenn man sich ein ganzes Haus aus Weidenruten baute. Das würde so aussehen wie große Planwagen der Kaufleute des Mittelalters oder wie die 'Prärieschoner' der ersten Siedler Amerikas. Das waren ja Häuser gewesen. Häuser. in denen man reiste." (aus Heinrich Hauser: Fahrten und Abenteuer im Wohnwagen, Dresden 1935)
Der Berliner Reiseschriftsteller Hauser war wie Arist Dethleffs ein deutscher Pionier, der sich 1933 nach eigenen Plänen eine Kleinstwohnung auf Rädern baute. Das Skelett der Arche bestand aus quer und längs verspannten, leicht biegbaren, aber robusten Eschenholzstäben, darüber wurden Pressspanplatten verlegt. Der fünfeinhalb Meter lange und zwei Meter breite Anhänger bestand nach Fertigstellung aus drei Räumen: Küche, Kinder- und Elternzimmer. Der Eigenbau wurde ohne große Beanstandung für den Verkehr zugelassen. (Damals war noch als Vorgänger des TÜVs der Dampfkesselüberwachungs-verein für technische Abnahmen verantwortlich). Die darauffolgende Durchquerung Deutschlands im Sommer 1934 war von vielen Heraus- forderungen begleitet. Das mehr als zwei Tonnen schwere und mit Zugfahrzeug dreizehn Meter lange Gespann war für manche Straßenverhältnisse nicht geeignet oder passte nicht unter die Bögen der Stadttore. Trotz aller Herausforderungen kehrte Hauser samt Frau und zwei Kindern nach 143 Tagen heil nach Berlin zurück. Ergriffen beendet er seine Reisebeschreibung: "Leb wohl, liebe treue Arche (…) Auf hölzerne Böcke wird man dich stellen. Deine Räder werden den Boden nicht mehr erreichen können (…) Aber wir werden dich nicht sterben lassen. Nur schlafen wirst du und von neuen Fahrten träumen, einen Herbst und einen Winter lang."
Zu dieser Zeit waren in Deutschland serienmäßige Caravans im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien noch selten. Dethleffs verkaufte zwar seit 1932 Wohnwagen, baute aber nur auf Bestellung. Die andauernde Wirtschaftskrise erzeugte kaum Nachfrage, die Straßenbeläge waren nur bedingt wohnwagentauglich. Darüber hinaus stattete die deutsche Autoindustrie ihre Personenwagen nur vereinzelt mit starken, „zugkräftigen“ Motoren aus.
Um 1935 schuf Hans Berger aus Rothschwaige bei München mit seinem Hausdabei ein erstes massentaugliches Produkt. In einem zwei Meter langen Gepäckanhänger befand sich ein gefaltetes Wohnzelt, das ähnlich einem Cabrioletverdeck funktionierte. Wurde es über den Anhänger gezogen und aufgeklappt, entstand ein vier Meter langer und eineinhalb Meter langer Raum. Der vordere Teil bot genügend Platz für Campingtisch und Sitzgelegenheiten, der Anhänger selbst war das „Schlafzimmer“ mit Aufstellmöglichkeit von zwei Klappbetten. Hausdabei war leicht zu transportieren, einfach aufzubauen und verhältnismäßig billig. Von der Presse gefeiert, wurde Hans Bergers Modell ein erster großer Erfolg in der deutschen Wohnwagengeschichte. Unter dem Markennamen Sportberger wurden nun auch exklusivere und komfortablere Modelle geplant. Mit Karawane, der ebenso begeistert aufgenommen wurde, ging ein klassischer Wohnwagen-Anhänger in Kabinenform ab 1938 in Produktion. Bis zu Kriegsbeginn wurde täglich ein Exemplar der von einem schwungvollen Design geprägten „Wanderniere“ gebaut und sofort ausgeliefert. Die Warteliste war lang.
Delhleffs Tourist, eine rundum verbesserte Weiterentwicklung seines eigenen Wohnautos von 1931, kam ab 1936 in die Serienproduktion. Er konnte seitlich vollständig geöffnet werden und war als erstes mit spezieller stoßdämpfender Schwingradfederung ausgerüstet.
Für besondere Aufmerksamkeit sorgte der dritte namhafte Wohnwagen- erzeuger der Zwischenkriegszeit. Der Schwabe Hans Seitz wurde 1936 mobil, weil sein Wochenendhaus von Einbrechern ausgeräumt wurde. Um in Zukunft sein Freizeit-Hab-und-Gut immer in seiner Nähe zu wissen, konstruierte er sich auch selbstständig einen Wohnwagenanhänger. Als er 1937 mit seinem liebevoll Kleiner Strolchi genannten Eigenbau auf einem Internationalen Camping Kongress in Wiesbaden viel Zustimmung ob der fachmännischen Ausführung erhielt, gründete er sein eigenes Unternehmen, Schweikert – nach dem Mädchennamen seiner Frau. Lina Seitz war es auch, die Wohnwagen- geschichte schrieb, weil sie als erste Frau mit Strolchi über die Alpen fuhr. Von vielen Experten wurde vorab gemutmaßt, eine Alpenüberquerung mit Anhänger werde aufgrund der PS-schwachen Motoren und der steilen Passstraßen scheitern. Doch Familie Seitz, jeweils mit eigenem Gespann getrennt fahrend, schaffte das Kunststück doppelt. Die Benzinpumpen der Zugfahrzeuge wurden dabei mit nassen Tüchern abgedeckt, um eine Überhitzung zu verhindern. Das Kühlwasser in ihren beiden Ford Eifel kochte ununterbrochen. Rund zwanzig Liter Wasser mussten nachgefüllt werden. Dieser Husarenritt war der Grundstein für erfolgreichen Caravan-Bau bis 1985. In der besten Phase wurden jährlich 1200 Fahrzeuge hergestellt.
Landstreicher hieß das erste Modell eines nach wie vor am Markt befindlichen Unternehmens. Westfalia waren 1938 die ersten Wohnwagenhersteller in Deutschland, die sich an den deutlich geräumigeren amerikanischen Caravans orientierten. Ihr Wohnwagen bot vier Personen Platz und war mit großzügigen Stauräumen ausgestattet. Das Modell war für vermögende Menschen als Zielgruppe ausgerichtet. Der Rennlegende Hans Stuck wie auch Zarah Leander besaßen einen Landstreicher.
Im Vergleich zu Europa waren in den späten 1930er Jahren in den USA bereits über 250.000 Wohnwagen unterwegs. Einige Unternehmen kamen auf jährliche Produktionseinheiten von 3000 Stück. Die längsten Objekte maßen über zehn Meter. Produzenten wie Continental Trailer oder Palace Corporation übertrafen sich mit Aluminiumaufbauten, Indoor-Duschen und gediegener Inneneinrichtung. Im Schult-Trailer war standardmäßig eine großzügige Badewanne eingebaut. Im Aussehen erinnerten die amerikanischen Modelle an Eisenbahnwagons und bestachen durch ihre Rundungen. Mit Trailer Town in texanischen El Paso und dem Ideal Trailer Village in Sacramento gab es auch schon frühe Trailer Parks mit Infrastruktur wie individuellem Stromanschluss, fließenden Wasser und Sanitäranlagen.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beendete jäh den Aufschwung des Wohnwagenbaus in Europa. Die nun produzierten Modelle wurden für militärische Zwecke genutzt. Die neuen Benutzer waren Kriegsberichterstatter, Truppenbetreuer oder Techniker, die abseits von Dörfern oder Städten ihr Einsatzgebiet hatten. Später wurden Caravans bei Quartiersknappheit vor Ort auch zu Stützpunkten in besetzten Gebieten. Mit fortlaufendem Krieg setzte Materialknappheit Neuproduktionen Grenzen. Das NS-Regime beschlagnahmte nun vorhandene private Wohnwagen und adaptierte sie für den Kriegseinsatz. Die Lebenserwartung für solche Wohnwagen war – nicht wenig überraschend – gering. Die Produktionsstätten von Schweikert und Westfalia wurden bei Angriffen ebenfalls schwer beschädigt.
In den ersten Nachkriegsjahren war an eine Wiederaufnahme des Wohnwagenbaus vorerst nicht zu denken. Erst Anfang der 1950er kam der Wohnwagenbau langsam wieder in Schwung. Es waren die schon vor dem Krieg bekannten Unternehmen. Dethleffs brachte sein Vorkriegsmodell Tourist, nun neu isoliert, runderneuert auf den Markt. Sportberger erregte mit seiner Uboot-esken Land-Yacht L6 neuerlich große Aufmerksamkeit.
Auf gehobenes Publikum setzte Mikafa am Beginn der Wirtschaftswunderzeit. Das Unternehmen war ursprünglich 1928 als Flugwerft gegründet worden. Nach dem Krieg schwenkte es auf Fahrzeugbau um. Seine Spitzenmodelle hießen Prominent und Präsident. Sie boten auf 9 bzw. 15 Quadratmetern reichlich Platz und waren unter anderem mit Holzvertäfelung, Plexiglasfenstern, fließendem Wasser, Badewanne und abgetrenntem WC sowie einem „Keller-Stauraum“ ausgerüstet. Mit Ende der 1950er spezialisierte sich Mikafa als eine der ersten Firmen auf Wohnmobile.
1956 schlug auch die Geburtsstunde für einen der heute größten Player am Markt. Ernst Hymer bekam vom Flugzeughersteller Dornier den Auftrag, einen Transportanhänger für die Do27, ein militärisches Mehrzweckkleinflugzeug, zu bauen. Der gelernte Flugzeugingenieur Hymer legte sein Fachwissen bald auf den zivilen Fahrzeugbau um und revolutionierte den Markt mit seinen aerodynamischen Modellen Puck, Faun und Troll.
Ab 1960 wurde auch die Entwicklung von Wohnmobilen vorangetrieben, Das Hymermobil gilt heute als meistverkauftes Wohnmobil in Europa. Der wirkliche Boom für das Wohnreisen auf Rädern startete ab den 1960ern. Als Freizeit zu Urlaub wurde und Mitteleuropa Südeuropa entdeckte.
Fortsetzung folgt….