Wer *, den Preisträger Innovatives Kino bei der Diagonale 2019, versäumt hat, heuer gibt es noch mehr *. Nein, hier fehlt kein Wort. Mit * (oder „Stern“) kam im Vorjahr einer der ungewöhnlichsten Experimentalfilme im Festival des österreichischen Films an. Johann Lurf sammelte – mit Hilfe von vielen Unterstützern aus der Szene – Sternenhimmel aus Filmen von den Anfängen des Kinos bis in das Heute und kompilierte sie chronologisch zu einem Kinoerlebnis der einmaligen Art. Voraussetzung für die Auswahl war das „nackte“ Himmelsgewölbe ohne jegliches Objekt oder darunter sich befindlicher Landschaft im Bildausschnitt. Die manchmal so nur Sekundenbruchteile aufblitzenden Sequenzen werden vom Originalton der jeweiligen Filmszene begleitet, ein rauschhaftes Soundtrackbouquet aus Stimmen, Geräuschen und Musik. Die 2019er Version ist um Fundstücke aus dem vergangenen Jahr erweitert. Mittlerweile nennt der Nachspann fast 600 Filme. * soll auch in den nächsten Jahren als Fixstern, immer wieder mit neuem Leuchten angereichert, als ein Mitternachtsspecial der Diagonale gezeigt werden.
Johann Lurf ist auch für den heurigen Diagonale-Trailer verantwortlich. Politische Statements konterkarieren ein sich rückwärts drehendes, vielfärbiges Wasserrad. Der Trailerclip Nationalismus ist Gift für die Gesellschaft stammt aus Cavalcade, der gemeinsam mit anderen Arbeiten wie den mit Laura Wagner produzierten Earth Series zusätzlich im Rahmen einer Ausstellung im Space 03 des Kunsthaus Graz zu sehen ist.
„Die Diagonale‘ 19 verspricht Leinwandgedichte, High-Speed-Pixelstürme und entschleunigte, präzise Beobachtungen, investigative Dokumentarfilme und zuversichtlich stimmende Kurzspielfilme, treffsichere Komödien und Lichtspielträumereien“, so das Intendantenduo Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber bei der Pressekonferenz.
Und natürlich gibt es auch Filme über, mit, von Architektur.
Testa erforscht die Strukturen der Argentinischen Nationalbibliothek. Clorindo Testa plante das Gebäude in einem brutalistischen Stil schon 1961. Der tatsächliche Bau fand erst drei Jahrzehnte später statt.
60 Elephants, Episodes of a Theory lässt den mittlerweile 95-jährigen französischen Architekten und Stadtplaner Yona Friedman, in den 1960ern einen der großen Visionäre für zukünftige Lebenswelten, ausführlich zu Wort kommen.
Sabaudia wieder setzt sich mit der heutigen Bedeutung der während der Diktatur Mussolinis Anfang der 1930er entstandenen Planstadt südlich von Rom auseinander. Mit diesem Film ergänzt die Medienkünstlerin und Architektin Lotte Schreiber ihre Serie von filmischen Untersuchungen über Architektur und Stadtraum (Wittgensteins Haus, Tlateloco, Borgate, tracing Thalerhof) um ein weiteres Kapitel.
Eine Stadt, die es nicht gibt, lässt Johannes Gierlinger in einem filmischen Essay über das polnische Bialystok entstehen. Remapping the origins verknüpft – in Anlehnung an den hier geborenen Experimentalfilmpionier Dsiga Vertov – aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen in Europa mit einem Ort, der in den letzten hundert Jahren immer wieder zu einem Brennpunkt konfliktreicher Geschichte wurde.
Auch False Memories zeigt eine Fiktion. In einem Außenbezirk der chinesischen Hafenstadt Qingdao befindet sich eines der weltweit größten Filmstudios, das „Oriental Movie Metropolis“. Michael Simku untersucht die Strukturen, die zwischen Filmproduktionen für den Weltmarkt, politischem Einfluss und Big Data Überwachung herrschen.
Als Österreichpremiere ist Erde zu sehen. In seinem unverkennbaren lakonischen Stil geht Nikolaus Geyrhalter dem Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Natur nach. Er zeigt mit einer Kupfermine in Spanien, einem Mamorsteinbruch in Italien, einer Großbaustelle in den USA oder dem Bau des Basistunnel unterm Brennerpass auf tiefe Wunden in unserem Planeten.
Architektur und dunkle Geschäfte bietet der Film der Regisseurin Elena Tikhonova an. Ein russischer Oligarch möchte seine Villa mitten auf der Schwedenbrücke in Wien bauen lassen. Kaviar lässt vielerlei Begehrlichkeiten rund um das Geld, das der dubiose Geschäftsmann einsetzt, damit alles wie geschmiert läuft, entstehen. Die Culture-Clash-Komödie bietet möglichweise mehr Realität als so mancher investigative Dokumentarfilm.
* : Samstag 23.3., 23:30, Kiz Royal
http://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=9492
Testa: 22.3., 18:00 Rechbauer und 24.3. 13:00 UCI Annenhof 5
http://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=9327
60 Elephants, Episodes of a Theory: 22.3., 18:00 Rechbauer und 24.3. 13:00 UCI Annenhof 5
http://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=9331
Sabaudia: 22.3., 18:00 Rechbauer und 24.3. 13:00 UCI Annenhof 5
http://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=9333
Remapping the origins: 20.3. 18:00, Rechbauer und 21.3. 10:30, Schubertkino 2
http://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=8948
False Memories: 20.3. 18:00, Rechbauer und 21.3. 10:30, Schubertkino 2
http://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=9360
Erde: 21.3., 18:00, Kiz Royal und 23.3., 15:30, UCI Annenhof 5
http://www.diagonale.at/filme-a-z/?ftopic=finfo&fid=9489
Kaviar: 22.3., 18:00, UCI Annenhof 6 und 24.3., 18:30, UCI Annenhof 5
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Ausstellung (s. auch unten)
Johann Lurf
Earth Series mit Laura Wagner und Cavalcade
In Kooperation mit der Diagonale ´19
13.03. – 22.04.2019
Eröffnung: 12.03.2019, 19 Uhr
In Kooperation mit der Diagonale ´19
Kuratiert von: Katrin Bucher Trantow
Ort: Space03