Das interdisziplinäre Team rund um das junge tschechische Büro CHYBÍK + KRISTOF Architects & Urban Designers und das österreichische breathe.earth.collective hat den internationalen Wettbewerb für das neue Verwaltungszentrum der tschechischen Forstverwaltung in Hradec Králové gewonnen.
Das Siegerprojekt, ein zweigeschoßiger Holzbau am Rande eines bestehenden Waldgebiets, besteht aus fünf Fingern, zwischen denen sich jeweils bewaldete Höfe aufspannen. Der Wald wird zum verbindenden Element, ein Waldlehrpfad rund um das Gebäude lässt Wald-Ökotypen erkunden. Diese wurden von Tomáš Babka und dem breathe.earth.collective, die auch für den Österreichbeitrag auf der Expo 2015 verantwortlich zeichneten, entworfen.
Bei dem im Sommer 2016 durchgeführten offenen zweistufigen Wettbewerb haben mehr als 40 Architekturbüros aus Tschechien, Spanien, Österreich, Polen, der Slowakei, Frankreich, den USA und den Niederlanden teilgenommen. Die international besetzte Jury, u.a. mit Dorte Mandrup-Poulsen, Dietmar Eberle und Miroslav Sik besetzt, entschied sich für den Entwurf von CHYBÍK + KRISTOF Architekten in Zusammenarbeit mit K4, Ivo und Jan Stolek, Tomáš Babka und breathe.earth.collective (s. INFO unten).
"Als wir zum ersten mal vor Ort waren, haben wir direkt einen Spaziergang in den umliegenden Wald gemacht und uns gefragt, wie wir Büroarbeitsplätze mit diesem Wald verbinden können. Das schönste wäre, wenn man sich einfach mit dem Laptop in den Wald setzen könnte. Mit seiner Ruhe, Frische und der guten Luft ist der Wald genau der richtige Ort zum Arbeiten. Die Idee war daher, Büroräume zu schaffen, die so offen und transparent wie möglich sind und dennoch, mithilfe des Waldes, geschützt und eigenständig werden. Daraus ergab sich die Grundrissgestaltung mit den fünf radial angeordneten Büro-Fingern, die sich, ausgehend von einem zentralen Lichthof, in den Wald hinein strecken,“ erzählt Architekt Ondřej Chybík.
Entwurfsbeschreibung der Architekten
Die Bürobereiche sind in fünf Gebäudefinger gegliedert, welche die fünf unabhängigen Verwaltungseinheiten aufnehmen sollen und im Winkel von jeweils 45° um den zentralen Lichthof mit dem Haupteingang angeordnet sind. Hier werden auch alle zentralen Funktionen, wie der Konferenzsaal, Kantine und Cafeteria, Besprechungsräume und Bibliothek gruppiert. Der sich über zwei Etagen erstreckende Lichthof mit seinen schlanken Holzstützen unter dem von oben belichteten Gitterrost-Tragwerk soll dabei wie eine zentrale Waldlichtung funktionieren.
Die einzelnen Bürobereiche sind so organisiert, dass es praktisch keine reinen Verkehrsflächen gibt, sondern jede Verwaltungseinheit ihre zugeordneten zentralen Funktionen in den innenliegenden Flächen organisieren kann – von Lagerräumen, über Teeküchen und Besprechungs- oder Empfangsmöglichkeiten, bis hin zur eigenständigen Erschließung durch Treppenhäuser. Die modulare Konstruktion erlaubt dabei eine unabhängige Aufteilung der Büroflächen, vom Großraumbüro über Kombibüros bis hin zu variablen Einzel- oder Gruppenbüros.
Das Gebäude ist als Niedrigenergiehaus mit Holz als primärem Baumaterial geplant. Das oberirdische Tragwerk besteht aus einem Gitterrost und Stützen aus Brettschichtholz. Die Fassadenelemente und innenliegende Querträger sind aus Vollholz, Untergeschoss und Treppenkerne aus Stahlbeton geplant.
Integraler Bestandteil des Entwurfs ist das Landschafts- und Vegetationskonzept, das die Architekten gemeinsam mit dem Landschaftsplaner Thomas Babka, und dem österreichischen breathe.earth.collective entwickelt haben, die bereits mit breathe.austria auf der Expo 2015 in Mailand einen eindrucksvollen technisch unterstützten Wald konstruiert hatten. Das gemeinsam entwickelte Konzept soll die äußere Landschaft aktivieren und im Innenraum des Gebäudes wahrnehmbar machen. Die Höfe zwischen den einzelnen Bürofingern werden daher mit verschiedenen lokalen Wald-Ökotypen gestaltet, die die Vielfalt der tschechischen Waldlandschaft repräsentieren. Dafür werden unterschiedliche Böden und Gesteine eingebracht, Verschattung und intensive Strauch- und Staudenschichten vorgesehen, um von Beginn an, eine differenzierte Waldlandschaft erleben zu können. In den folgenden 20 Jahren sollen sich daraus die unterschiedlichen Wald-Ökotypen sukzessiv entwickeln. Lediglich der zentrale Eingangsbereich ist als Park und Arboretum mit großgewachsenen Bäumen und technischen Installationen zur adiabaten Kühlung geplant.
Das Gebäude wird von einem Waldlehrpfad umrundet, der beginnend auf der Dachlandschaft des Gebäudes, anschaulich Prinzipien und Konzepte nachhaltiger Forstwirtschaft erklärt. Die Waldlandschaft ist integraler Bestandteil des Entwurfs und soll in ihrer Vielfalt und Atmosphäre erfahrbar werden, sowohl im Außenraum als auch an den Arbeitsplätzen.
Auftraggeber: Lesy České republiky, s. p.
Ort: Hradec Králové, Tschechische Republik
Team: Chybík+Krištof Architekten und Stadtplaner mit K4, Ivo und Jan Stolek, Tomáš Babka und breathe.earth.collective