06/08/2020

Folge 2 der Serie we want our street back – street back toys

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06/08/2020
©: Klammer | Steinegger

Kreuzung Triesterstraße – Grenzgasse, 4-spurig

©: Josef Klammer

Triesterstraße – Grenzgasse PUNTIGAM BOULEVARD

©: Wolfgang Steinegger

street back 3D hat eine Vorgeschichte, die man für das Verständnis des Projekts nicht verschweigen darf. Im Jahr 2018 war das Büro DI Steinegger als Teilnehmer zu einem einstufigen Realisierungswettbewerb nach dem Grazer Modell geladen, Ziel des Wettbewerbs war die „Erlangung von Bebauungsvorschlägen für eine Wohnbebauung“ (ca. 500 Wohneinheiten) an der Ecke Triesterstraße / Grenzgasse am südlichen Rand von Graz. Der Auslobung bewusst widersprechend, hat der Beitrag des Büros Steinegger auf die geforderte monofunktionale Wohnbebauung zu Gunsten eines urbanen Funktionsmix verzichtet, zumindest 20% der Nutzfläche für Nicht-Wohnnutzungen vorbehalten und damit die gewünschte Mindestanzahl von Wohnungen nicht erreicht. Zur großen Überraschung wurde der Beitrag trotzdem mit dem 3. Preisrang bedacht.

Eingezwängt zwischen Triesterstraße und der HL-AG Koralmbahn, hat der Standort keine vernünftige öffentliche Mobilitätsanbindung, was beim Hearing auch klar zum Ausdruck gebracht wurde. Der externe Fachexperte für Verkehrsplanung hat angemerkt, dass die Auslastung der vierspurigen Triesterstraße noch „ausreichend Kapazitäten“ aufweise, um den durch die neue Wohnbebauung zusätzlichen motorisierten, individuellen KFZ-Verkehr aufzunehmen. Dazu wurde seitens der Jury mündlich angemerkt, dass man ja seine Teilnahme absagen könne, wenn einem diese Vorgabe nicht „passt“. Da auch in der Auslobung eine „Initialzündung“ für den Stadtteil gewünscht war, war diese Haltung der Auslöser, über die Wettbewerbsaufgabe hinausgehend, eine Untersuchung der städtebaulichen Randbedingungen vorzunehmen, nicht zuletzt auch in der Erwartung, nach der Juryentscheidung einen Entwicklungsprozess zur „suburbanen Wüste“ einzuleiten. (siehe pdf-Download: Urbanisierung – Wettbewerb Triesterstr. Plakat 1) Aber auch hier hat die hoheitliche Stadtplanung nach dem Ende des Verfahrens eine Diskussion zur Wahl des Standorts und des Programms ignoriert, und so reiht sich das Verfahren als Beispiel zu den verpassten Chancen einer vernunftbasierten Stadtentwicklung und Mobilitätswende und zur Verbesserung der negativen Folgen des Klimawandels ein.

Bei der Einreichung zum Kulturjahr Graz 2020 Kultur schafft urbane Zukunft ist mit einem Teilprojekt die weitere Urbanisierung des Standorts vorgeschlagen worden. In einem virtuellen Prozess auf der Grundlage des Wettbewerb-Beitrags sollte unter dem Titel street back 3D in der Visualisierung des Stadtteils ein virtuelles, verdichtetes Stadtzentrum an einer Linie der nichtexistenten Stadtbahn an der Triesterstraße entstehen. Aus der Fahrbahn der Triesterstraße ist so ein virtueller Straßenraum mit dem Kunstnamen PUNTIGAM BOULEVARD geworden, mit einem belebten Erdgeschoß, mit öffentlichen Straßen und Plätzen ist der PUNTIGAM BOULEVARD mit einer neuen, bisher nicht vorstellbaren, besonderen Aufenthaltsqualität für FlaneurInnen und BewohnerInnen verknüpft.

Diese Sicht der Triesterstraße mit dem PUNTIGAM BOULEVARD und dem reduzierten PKW-Verkehr auf zwei Fahrstreifen im Zustand nach der Dekarbonisierung ersetzt den Durchzugsverkehr der Triesterstraße und die Trostlosigkeit der „suburbanen Wüste“ im Süden von Graz. Virtuelle, szenisch urbane Vitalität durch straßentypische Verhaltensweisen und Tätigkeiten (Menschengruppen, Logistik, Läden, DienstleisterInnen, TouristInnen,  Markt, informelle Kommunikation, Tratsch, Gruß, Fest) und die öffentliche Vereinnahmung der Straße soll den Betrachter und die Betrachterin in eine Zukunft leiten, in der diese vitale Urbanität im virtuellen Stadtteil mit dem „Ballett der Straße“ (Jane Jacobs) eine öffentliche Bühne findet.

Dieses Teilprojekt ist die Basis zum nächsten Projekt mit dem Titel
street back Apps, das in der Folge an dieser Stelle präsentiert werden soll.

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