Im Rahmen der Sommer-Radio-Reihe Architektursommer des Deutschlandfunks (Rubrik Gesellschaft) spricht Barbara Schäfer mit Andres Lepik, Direktor des Architekturmuseums der TU München, über Soziale Architektur.
Architektur könne sehr viel dazu beitragen, humanere und sozialere Lebensbedingungen etwa in Slums umzusetzen, sagte Andres Lepik, Direktor des Architekturmuseums München, im DLF (Deutschlandfunk). Am Beispiel von Projekten in Afrika erklärte er, wie wichtig eine Identifikation der Einheimischen mit den Bauten sei - und wie diese erreicht werde könne.
Barbara Schäfer:
Der Architektursommer von Essay & Diskurs geht in die vierte Folge. Heute hören Sie ein Gespräch mit Andres Lepik, seit 1. Oktober 2012 der Nachfolger von Winfried Nerdinger als Direktor des Architekturmuseums und Professor für Architekturgeschichte und kuratorische Praxis an der TU München.
Andres Lepik, geboren 1961, studierte Kunstgeschichte und neuere deutsche Literatur und Sprachwissenschaft an den Universitäten Augsburg und München. Nach seiner Promotion an der Bibliotheca Hertziana in Rom über Architekturmodelle der Renaissance begann er 1994 seine wissenschaftliche und kuratorische Arbeit an den staatlichen Museen zu Berlin, wo er die Architektursammlung vom 20. und 21. Jahrhundert der Neuen Nationalgalerie leitete.
Als Kurator konzipierte Lepik dort unter anderem Ausstellungen zu Renzo Piano, Rem Koolhaas und Oswald Mathias Ungers. Er wechselte an das Architecture and Design Department des MoMA, New York, wo er 2010 mit der Ausstellung Small Scale - Big Change für Aufsehen sorgte. Lehraufträge führten ihn nach Berlin und New York und er war Loeb Fellow an der Harvard University.
Herr Lepik, drei internationale Ausstellungen in fünf Jahren, in denen Sie und Ihre Mitarbeiter sich mit sozialengagierter Architektur befasst haben, Small Scale - Big Change 2010 in New York, Think Global, Build Social! 2013 in Frankfurt und Wien, Afritecture in München 2013/2014, Untersuchungen zum sozialen Bauen auf internationalem Parkett. Was genau ist sozial engagiertes Bauen heute?
Andres Lepik:
Im Grundsatz ist die Frage natürlich sehr breit. Ich würde einfach mal versuchen, ein paar Punkte zu benennen, kurzzufassen: Es geht darum, dass heute auf der ganzen Welt verschiedene Architektinnen und Architekten sich sehr stark engagieren für gesellschaftliche Bereiche, die bisher von der großen Architektur nicht erreicht wurden. Aber, ich sage mal, Favelas, Slums, Informal Cities, wie es heute bei den Planern so heißt, also alles das, was im Grunde ungeplante Städte sind. Und das war ja, ich würde mal sagen, bis in die 90er-Jahre hinein ja auch kein wirklich öffentliches Thema. Was haben Architekten in der Favela zu suchen? Das war die Frage, die immer beantwortet wurde mit "Nichts" eigentlich. Und es ging aber dann doch in den 90er-Jahren, da hat es angefangen, eine ganz starke Umkehr dieser öffentlichen, aber auch akademischen Meinung, dass nämlich dieses Wachstum der Slums und der Favelas ja nicht mehr aufzuhalten ist und auch nicht mehr umzudrehen ist. Und je mehr die Städte wachsen, desto mehr werden auch die Slums wachsen. Und da stellt sich einfach die Frage: Wenn man es nicht wegbekommt, sozusagen das, was man da nicht schön findet, dann muss man vielleicht überlegen, wie kann man dort mit architektonischen Lösungen dafür sorgen, dass Menschen humanere, sozialere Lebensbedingungen gewinnen. Und da können Architekten sehr viel zu beitragen....