Der Entwurf des Bundesvergabegesetzes 2017 befindet sich noch bis 3. April 2017 in Begutachtung. Während die Regierung die Förderung von Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) propagiert, bringt das neue Gesetz in Wirklichkeit gravierende Nachteile für diese: Denn der vorgelegte Entwurf schwächt die heimischen KMU – und mit ihnen das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Die geplanten Änderungen höhlen das Bestbieterprinzip dramatisch aus. Ein Preis-und Qualitätsverfall mit enormen negativen Folgen ist damit vorprogrammiert. Zu diesem Befund gelangt die Bundeskammer der Ziviltechniker (Architekten und Zivilingenieure) und fordert bei einer Pressekonferenz eine weitgehende Überarbeitung des Entwurfs.
Grundsätzlich sollte die Novelle die Qualität bei öffentlichen Vergaben stärken, stattdessen wird sie zum Nachteil der heimischen Wirtschaft. „Mit dem Entwurf zum Bundesvergabegesetz hat die Bundesregierung den heimischen KMU ein trojanisches Pferd vor die Tür gestellt“, ist Christian Aulinger, Präsident der Bundes-Ziviltechnikerkammer, überzeugt. „Die EU-Richtlinie wurde klar mit der Intention der Förderung von KMU erlassen, aber davon ist in der österreichischen Umsetzung nichts zu spüren. Das neue Gesetz ist zudem außergewöhnlich kompliziert und mit 260 Seiten besonders umfangreich.“ Der Baubereich ist davon besonders stark betroffen, doch auch zahlreiche andere Branchen wie die Kreativwirtschaft, technische und wirtschaftliche Prüftätigkeiten oder Beratungsberufe müssen mit Verschlechterungen rechnen.
Bestbieterprinzip wird dramatisch ausgehöhlt:
Qualität bleibt auf der Strecke
Konkret zu Lasten der KMU geht die Aufweichung des Bestbieterprinzips. „Die Novelle bot die einmalige Chance zur Förderung engagierter, regionaler Betriebe, die hochqualifizierte Leistungen anbieten. Mit dem vorgelegten Entwurf sinkt die Unterstützung aber umgekehrt auf einen neuen Tiefpunkt“, kritisiert der Vizepräsident der Bundes-Ziviltechnikerkammer Rudolf Kolbe. Bisher bedeutete das Bestbieterprinzip, dass im Zuge der Angebotsbewertung neben dem Preis noch andere Kriterien – insbesondere die Qualität – berücksichtigt werden. Jetzt kann die Anwendung des Bestbieterpinzips auch die Vergabe nach den niedrigsten Kosten bedeuten (z.B. Anschaffungs- und Wartungskosten). „Das ist kein Bestbieterprinzip, sondern ein – notdürftig behübschtes – Billigstbieterprinzip durch die Hintertüre“, beklagt Kolbe. „Gerade unsere heimischen KMU punkten besonders durch Qualität. Bei diesen verdeckten Billigstbieterverfahren bleiben Qualität, soziale Aspekte und Umweltschutz aber auf der Strecke.“
Rückschritt für alle geistigen Dienstleister
Darüber hinaus wird das verpflichtende Bestbieterprinzip bei geistigen Dienstleistungen eingeschränkt. Gerade bei geistigen Leistungen spielt jedoch die Qualität eine entscheidende Rolle. Schon in der Vergangenheit gab es im Bereich der geistigen Dienstleistungen immer wieder Probleme mit Billigstvergaben. Deshalb ist mit der Novelle 2015 das verpflichtende Bestbieterprinzip für alle geistigen Dienstleistungen eingeführt worden. Unverständlich ist, warum dies jetzt wieder eingeschränkt werden soll: Nur noch bei innovativen Konzepten soll die Anwendung des Bestbieterprinzipes verpflichtend sein. „Zu befürchten ist, dass geistige Dienstleistungen, wie Beratungsleistungen, Bewertungen oder Prüftätigkeiten damit nach dem Billigstbieterprinzip vergeben werden. Dass dies z.B. bei der Überprüfung der Brückenstatik ein enormes Sicherheitsrisiko für die Allgemeinheit darstellt, liegt auf der Hand“, warnt Kolbe. Damit wird eine wesentliche und allseits begrüßte Errungenschaft der erst 2015 beschlossenen Novelle zurück genommen.
Mehrfachbelastung für KMU
„Bei Planungsvergaben stehen oft große, mächtige Auftraggeber vielen kleinen Planungsbüros gegenüber, die von ihnen wirtschaftlich abhängig sind. Dieses Ungleichgewicht führt schon jetzt oft zu einem für KMU existentiell bedrohlichen Preisverfall“, betont Kolbe des Weiteren. Anstatt dieser Ungerechtigkeit gegenzusteuern, wird diese Entwicklung durch den neuen Gesetzesentwurf noch verstärkt: Den Zuschlag für ein Projekt muss nun auch ein Bieter mit nicht angemessenen, weil viel zu niedrigen Preisen erhalten, solange er dies betriebswirtschaftlich begründen kann – z.B. weil er das Projekt für die Zukunft als Referenz benötigt. Das führt in letzter Konsequenz zu einem ruinösen Preiskampf, den heimische KMU mit hohen Qualitäts- und Sozialstandards gegen Billiganbieter nicht gewinnen können. „Überleben werden diesen Preiskampf wenige internationale Großbüros, wie dies in anderen Staaten und anderen Branchen bereits der Fall ist. Die negativen Folgen sind bekannt,.“ schließt sich Aulinger dieser Kritik an.
Wirtschaft wird durch aufgeblähte Ausschreibungen geschädigt
Zusätzlich werden KMU im vorliegenden Entwurf auch durch aufgeblähte Ausschreibungen belastet. Bisher wurden alle Leistungen, die bei einem Planungsvorhaben getrennt vergeben werden – etwa, Verfahrensorganisation, Sachverständigengutachten, Projektsteuerung, Architektur- und Fachplanung oder Bauaufsicht – auch für die Schätzung des Auftragswertes getrennt betrachtet. Da es sich um eine Vielzahl von kleineren Aufträgen handelt, profitieren besonders regionale KMU von diesen Projekten. Nun müssen alle diese Dienstleistungen zusammengezählt werden. Dadurch werden auch kleinere Projekte wie die Erweiterung eines Kindergartens, der Umbau einer Schule oder eine Straßensanierung künftig nicht mehr nur in Österreich, sondern EU-weit ausgeschrieben. Das führt aufgrund der komplexeren Vergabeverfahren und erhöhter Formvorschriften zu einem hohen Mehraufwand für Gemeinden und Bieter. „Auch die Möglichkeit für Unternehmen, sich überhaupt für den Auftrag bewerben zu können, wird dadurch unnötig erschwert“ kritisert Kolbe.
Obwohl der Auftrag derselbe bleibt und sich nur die Berechnung ändert, werden anhand der dann kumulierten Auftragssummen auch wesentlich höhere Anforderungen an die Bieter (beispielsweise erhöhter Jahresumsatz, etc.) gestellt. Diese Berechnungsmethode führt letztendlich dazu, dass KMU ins Hintertreffen geraten und die regionale Wirtschaft geschädigt wird.
Negative Folgen um jeden Preis vermeiden
Die negativen Folgen des Entwurfs sind evident und für den Wirtschafts-Standort Österreich fatal. „Wir müssen alles daran setzen, damit der drohende Preis- und Qualitätsverfall nicht zur Realität wird“, fordert Präsident Aulinger. Um eine sinnvolle Vergabepraxis zu forcieren, sieht Aulinger den Gesetzgeber am Zug:
„Es ist höchste Zeit, dass das Bestbieterprinzip – und mit ihm jene Betriebe, die hohe Qualität zu angemessenen Preisen bieten – gestärkt statt geschwächt wird. Dafür braucht es ein zeitgemäßes Bundesvergabegesetz. Der vorliegende Gesetzesentwurf erfüllt diesen Anspruch in keinster Weise und muss daher vor Inkrafttreten unbedingt überarbeitet werden.“
dann wirds wohl zeit hier den
dann wirds wohl zeit hier den sogenannten schulterschluss mit allen betroffenen zu suchen und auf die strasse zu gehen.
würde mir wünschen, im dienste der transparenz, zu erfahren wer im ministerium lässt sich diese art von gestztesnovellierung einfallen - welche politischen kräfte arbeiten hier ?