Das 2014 im Verlag Papierfresserchens MTM erschienene Kinderbuch von vier Architekturstudenten der TU Wien gliedert sich in drei Teile. Der erste beschreibt den Ausbruch aller Tiere aus dem Tiergarten Schönbrunn. Durch ein Loch in der Wand nach einer Explosion flüchten alle Tiere in die Wiener Innenstadt. Dabei beobachten sie kaum Positives, kritisieren aber Seite für Seite urbane Unzulänglichkeiten wie die Wiener Ballkäfige, die Hütteln und Werbetafeln am Rathausplatz und die Nutzung der Dachgeschosszonen durch eine exklusive Klientel, dargestellt durch den Hai im Haus des Meeres.
Der zweite Teil des Buches überspringt einige Monate und beschreibt die Stadt, welche von den Tieren belebt wird, in einem beinahe postapokalyptischen Stadium. Menschen trauen sich nicht auf die Straße, welche zum Lebensraum der Tiere mutiert ist. Der Hai als Verkörperung der Reichen, welche die Wiener Dachlandschaft für sich beanspruchen, ist den Tieren nach wie vor ein Dorn im Auge. Ein "Happy End" kündigt sich an, als der Storch die Verhandlungen übernimmt und den Hai davon überzeugt, dass die Dachlandschaft allen zur Verfügung stehen soll.
Der dritte Teil ist viele Jahre später angesiedelt und zeigt architektonische Visionen aus dem Bereich der Verdichtung sowie der Nutzung öffentlichen Raumes inklusive einem Pendant zur New Yorker High Line.
Zwischen den Kapiteln werden die LeserInnen jeweils aufgefordert, auf freien Seiten ihre eigenen Visionen zu zeichnen.
Das Buch überzeugt durch seine ansprechende Grafik, für welche es auch den Pfann-Ohmann-Preis gewonnen hat, welcher Studierenden für herausragende zeichnerischen Leistungen verliehen wird.
Die Geschichte selbst hat über Strecken einen vorhersehbar belehrenden und besserwisserischen Charakter, welcher den Unterhaltungswert mindert. Das Buch möchte auf zahlreiche unterschiedliche soziale und baukulturelle Missstände hinweisen, schneidet diese Themenbereiche aber nur an. Die soziale Ungerechtigkeit der exklusiven Nutzung der Dachlandschaft, welche sich zum Hauptthema entwickelt, ist anhand des Modelles der Tiere schwer vermittelbar.
Der Aufbruch von Schönbrunn ist für Wien-KennerInnen aufgrund seiner zynischen und kritischen Inhalte interessanter als für LeserInnen, die sich erhoffen dadurch etwas über die Stadt zu erfahren. Aufgrund der bitteren Ironie, welche der Kritik der Tiere innewohnt, sei auch älteren Semestern die Lektüre des Buches empfohlen.
Das Buch ist über den Verlag für EUR 16,90 erhältlich.
ISBN: 978-3-86196-306-6
Hardcover, 44 Seiten, farbig illustriert
Die Autoren:
Arne Leibnitz, Andreas Lint, Benjamin Strassl, Ivan Tadic