Architektur neu denken, spannende Persönlichkeiten anlocken und deren kreatives Schaffen im Kontext der Räumlichkeiten des ehemaligen Sudhauses der Brauerei Adambräu einem breiten Publikum zugänglich machen – das liegt Arno Ritter, Leiter des Architekturzentrums Tirol, seit seinem Amtsantritt vor 29 Jahren am Herzen.
30 Jahre Bestehen feiert der unabhängige Verein zur Förderung der Architekturkultur in Tirol 2024. Beinahe ebenso lange prägt und schärft Arno Ritter mit Ausstellungen, Diskussionen und Exkursionen das öffentliche Bewusstsein, „dass eine anspruchsvolle Gestaltung unserer Umwelt die Lebensqualität der Menschen verbessert“. Zum Start in das Jubiläumsjahr gab es bereits eine Reihe von Veranstaltungen mit Vorträgen und Führungen entlang 30 Jahre Architektur und Tirol durch Innsbruck. „Zum Abschluss feiern wir ein Fest, das nicht zufällig mit dem der diesjährigen Architekturtage verbunden ist, beschäftigen sich diese doch unter dem Motto ‚Geht‘s noch?‘ mit den Herausforderungen des Planens und Bauens für eine Gesellschaft im Umbruch. Und genau damit wird sich das aut auch in Zukunft auseinandersetzen“, so Ritter. Im Gespräch gewährt der Leiter des aut Einblicke, Rückblicke und Ausblicke.
29 Jahre später: Arno, wie hat es dich von Wien nach Tirol verschlagen?
Ich betrachte mein Leben als eine Summe glücklicher Zufälle. Ich habe keine einschlägige Ausbildung, habe aber neben meinem Studium der Publizistik in Wien dank meiner architekturvernarrten Kommiliton:innen viele Veranstaltungen an der Angewandten besucht. So hat es mich zuerst zur ÖGFA (Österreichische Gesellschaft für Architektur) verschlagen, bevor mir 1994 angeboten wurde, die Stelle als Leiter des Architekturzentrums in Tirol zu übernehmen. Ich habe Ja gesagt – und bin geblieben.
Was kann das aut in deinen Augen für eine „gute Gestaltung“ für Innsbruck bewirken?
Ganz ehrlich? Nicht besonders viel. Wir verstehen uns auch nicht als Gestaltungspolizei – freuen uns aber, wenn wir Diskussionen anregen können. Es gibt zwar viele Konflikte und Hässlichkeiten im Land, dennoch tut sich was: man ist generell sensibler geworden, was die Infrastruktur, Landschaft und das Gebaute anbelangt. Wenn wir mit dem aut, dem WEI SRAUM. Designforum Tirol oder Institutionen wie der Kunst und Architekturschule für Kinder und Jugendliche bilding zu einem Gesellschaftswandel beitragen können – wunderbar.
Was hat dich bei der Konzeption der vergangenen 200 Ausstellungen angespornt – und tut es noch?
Meine Motivation ist es, Menschen zu verführen, sich mit bestimmten Themen zu beschäftigen. Dass wir neben der Kreativszene eine breite Masse an Besucher:innen ansprechen, ist für mich der beste Beweis, dass unser Konzept funktioniert. Bis zu 13.000 Gäste im Jahr sind auf Innsbruck bezogen eine stattliche Zahl. Ein Mehrwert sind auch unsere Räumlichkeiten im Adambräu. Geschickt bespielt gelingt es uns mit unseren Installationen immer wieder, die Sinne der Leute anzusprechen und deren Seele zu berühren.
(D)Ein Wunsch für die kommenden 30 jahre aut?
Da möchte ich mich gar nicht auf das aut fokussieren. Ich hege vielmehr die große Hoffnung, dass wir es im Laufe dieser Zeitspanne schaffen, sensibler, qualitativer und nachhaltiger mit unserem Lebensraum umzugehen. Mir stellt sich – wie vielen von uns – die Frage, wie wir unseren Lebensraum nachfolgenden Generationen guten Gewissens übergeben können. In Bezug auf die Architektur heißt das: weniger neu bauen, Substanzen wiederbeleben und vorhandenen Ressourcen ein zweites Leben schenken. All diese Gedanken sind auch Programm bei uns im aut.
Auf was dürfen wir uns 2024 noch freuen?
Unter dem Motto „geht's noch?“ finden von 6. bis 8. Juni rund um das aut die Architekturtage 2024 statt. Inhaltlicher Schwerpunkt der österreichweiten Veranstaltung sind Themen wie Bodenversiegelung, Ressourcenverbrauch und der Umgang mit Bestandsgebäuden.
Dazu gibt es verschiedene Touren, die größtenteils im SNKTBRTLM, dem Wiltener Gewerbegebiet St. Bartlmä enden. Neben dem Programmangebot für Kinder findet dort am 8. Juni auch das Abschlussfest samt Jubiläumsfeier statt - wozu ich alle Interessierten herzlich einladen möchte.