22/07/2004
22/07/2004

Grazer Altstadt ist in Gefahr!, Kleine Zeitung, Dienstag, 5. September 1972

"Rettet die Grazer Altstadt!" Eine Aktion der Kleinen Zeitung

Rettet die Grazer Altstadt! Überall ein starkes Echo; Kleine Zeitung, Sonntag, 1. Oktober 1972

Grazer Altstadt: Gerstern, heute- und morgen?

Der Grazer Freiheitsplatz wie er früher einmal war; Kleine Zeitung, Samstag, 21. Oktober 1972

Der Fortschrittsrausch der frühen siebziger Jahre war auch in Graz forsch unterwegs. So gab es damals ernsthafte Überlegungen, unter dem Landhaus eine Tiefgarage anzulegen. Eine heftige Gegenbewegung formierte sich und verlangte, den historischen Stadtkern in seinen einmaligen Gestaltungsformen vor leichtfertiger Zerstörung zu bewahren. Ich erinnere mich lebhaft an eine Serie intensiver Gespräche in meinem Büro in eben diesem Landhaus. Aus ihnen entstand der Entwurf eines Gesetzes, das der Steiermärkische Landtag 1974 beschloß: das Grazer Altstadterhaltungsgesetz.
Kurt Jungwith, Ein Wort zur Altstadt, in: Friedrich Bouvier und Hasso Hohmann (Hrsg.), Lebendige Altstadt. Erfahrungen und Ausblicke am Beispiel Graz, Graz 1991,S 9.Als 1973 in Graz die erste Akademie zur Raumplanung abgehalten wurde, war dieser Gedanke für viele für die nun auch massiv einsetzende Umweltdiskussion, eine Nachfahrin der studentischen 68er Bewegung, bereits aufbereitet. So blieb die Diskussion um die brüchig gewordenen gesellschaftlichen und politischen Werte nicht innerhalb der politisch aktiven Kreise rund um die beiden Universitäten, sondern zog sich hier sehr schnell in die Praxis der Stadtplanung.
Das Engagement der Linksintellektuellen wurde nicht etwa von der Sozialistischen Partei aufgenommen - vielmehr, und das sollte sich als besonderer Grazer Weg erweisen, von der konservativen Partei, der ÖVP. Rund um einzelne - früher meist hochschulpolitisch tätige - Protagonisten gruppierte sich ein Kreis junger Politiker, der den 68er-Diskurs in der damals konservativ orientierten Stadtverwaltung sofort zu verwirklichen trachtete. Der Umbruch in der politischen Arbeit der Stadtplanung erfolgte anläßlich der Gemeinderatswahl 1973, die der langjährigen Mehrheitspartei, der SPÖ, gravierende Verluste bescherte.
Das Faß zum Überlaufen gebracht hatte die Pyhrn-Autobahn, die in Graz unterflurig, aber mitten durch die im Westen gelegenen Arbeiterwohnbezirke führen sollte. Es kam in der Folge erstmals zu einer Bürgerinitiative, einer Unterschriftenaktion und einer Volksabstimmung.
Elisabeth Katschnig-Fasch, Möblierter Sinn. Städtische Wohn- und Lebensstile, Wien 1998, S 101.Das Grazer Landhaus in Gefahr ! Bürger wurden überrumpelt!

Das Dröhnen der Preßlufthämmer im Grazer Landhaushof hat Politiker, Denkmalschützer und Grazer Bürger aus dem trägen Nachsommer aufgeschreckt. Denn das "Land Steiermark" hat mit Probebohrungen für eine noch zu planende dreigeschossige Tiefgarage unter dem Landhaushof begonnen.

[...] Ablehnend äußert sich der Grazer Vizebürgermeister Stöffler, der sein Verkehrs-Konzept, das die Erhaltung der Grazer Innenstadt miteinschließt, gefährdet sieht.
Vizebürgermeister Stöffler: "Das Land baut im rückwärtigen Teil des Landhaushofes eine Betriebsgarage. Es läßt sich natürlich schwerlich ein Grazer Verkehrskonzept entwickeln, wenn man sich von Seiten des Landes gar nicht um unsere Vorstellungen kümmert."
Stöfflers Konzept sieht neben der Errichtung einer Fußgängerzone im Altstadtkern einen Ring von Tiefgaragen vor. Es ist aber geradezu unlogisch und widersinnig, wenn mitten in der künftigen autofreien Zone neuerlich ein Verkehrserreger gebaut wird.
Pläne zur Wiederbelebung der Grazer Altstadt werden damit einfach über den Haufen geworfen. Ein ähnlicher Versuch liegt auch im Verkehr-Gutachten von Prof. Knoflacher vor, der u.a. vorschlägt, unter dem Hauptplatz eine Tiefgarage zu bauen.
Kleine Zeitung, Donnerstag, 28. September 1972, S 7.Tiefgarage: Niemand weiß was
Spitzenpolitiker: "Wir erfuhren von den Bohrungen erst aus ihrer Zeitung"

So etwas hat es in der Steiermark wohl noch nie gegeben: Spitzenpolitiker, wie Landeshauptmann Dr. Niederl, Erster Landeshauptmannstellvertreter Sebastian und Landerat Gruber erklärten gestern dezidiert: "Wir haben von Probebohrungen für eine Tiefgarage unter dem Landhaus erst aus ihrer Zeitung erfahren." Niederl fügte hinzu, daß von einem solchen Projekt innerhalb der Landesregierung nie die Rede war. Er habe gestern früh sofort eine Überprüfung dieses Falles angeordnet. Unsere Redaktionsmitglieder Karl Heinz Herper, Gerfried Sperl und Max Mayr versuchten gestern, den "Geheimbohrungen" auf den Grund zu gehen.

Landeshauptmann Dr. Niederl: "Der Plan einer Tiefgarage unter dem Landhaus war nie Gegenstand von Beratungen oder Verhandlungen innerhalb der Regierung."

Landesrat Prof. Jungwirth: "Mir scheint ein solches Projekt unsinnig. Verkehrsprobleme in den engen Innenstädten kann man nur noch mit Fußgängerzonen lösen. [...]
Außer einer Tiefgarage im Schlossberg scheint mir keine weitere in der Innenstadt vertretbar. Auch die Tiefgarage auf dem Freiheitsplatz lehne ich ab."

Stadtplaner Senatsrat Dr. Moser stellte "die Bitte an das Land Steiermark", doch "endlich gemeinsam mit der Stadt Graz und der Zivilschutzbehörde an das Projekt des Schloßberg-Stollens" heranzugehen.
Kleine Zeitung, Freitag, 29. September 1972, S 6 ff.

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