28/05/2012
28/05/2012

LR Christian Buchmann (Foto: Schiffer)

WENZEL MRACEK
Kommentierter Pressespiegel zu den kulturpolitischen Aktivitäten des Steirischen Landesrates für Wirtschaft, Europa und Kultur, Christian Buchmann. (Auf ausdrücklichen Wunsch des Verfassers in ungekürzter Version; Anm.)

Nicht nur von Künstlerinnen und Künstlern glaubt Kulturlandesrat Christian Buchmann sich nichts erklären lassen zu müssen, wie er in einem Interview mit Michael Tschida festhält (Vgl. Kl. Zeitung, 01.01.2012, Nichtraunzer-Zone für den Kulturbetrieb, http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/kultur/2912228/nichtraunzer-zone...). Auch den infolge des steirischen Kulturfördergesetzes von 2005 installierten Kulturbeirat des Landes hält er für überflüssig. Eine mehrfach angekündigte Gesetzesnovelle soll im Landtag beschlossen werden.
Nach § 12 des KFG von 2005 fungiert der Kulturbeirat als „Mediator für die Kulturschaffenden und Berater der Landesregierung“. Weitere Aufgaben sind (Auszüge aus dem KFG 2005, Absatz 2 u. 3):

„… 1. an die Landesregierung mit kulturpolitischen und kulturellen wie künstlerischen Zielsetzungen heranzutreten, Vorschläge zur Verwirklichung größerer Projekte zu erstatten und sie in grundsätzlichen diesbezüglichen Fragen zu beraten;
2. die Landesregierung bei strukturellen Veränderungen (insbesondere bei längerfristigen finanziellen Verpflichtungen sowie Gesellschaftsgründungen) und bei Schwerpunktsetzungen sowie beim Wahrnehmen von Eigentümerrechten zu beraten;
3. Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen des Landes, die kulturelle Belange betreffen, zu begutachten.
(3) Der Landeskulturbeirat kann von sich aus zu grundsätzlichen Fragen der Kultur- und Kunstpolitik Stellung nehmen und diese Stellungnahmen veröffentlichen.“

In der Formulierung der Kleinen Zeitung ist die Abschaffung des Kulturbeirates durch „eine fragwürdige Gesetzesänderung“ (Kleine Zeitung, 19.03.2012, Beiratsdilemma) vorbereitet. Mit oben genanntem Absatz 2 ist es nämlich Aufgabe des Kulturbeirates, betreffende „Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen des Landes … zu begutachten“. Dazu wurde der Kulturbeirat jedoch nicht herangezogen und dass er seiner eigenen Abschaffung zugestimmt hätte, ist eher auszuschließen. Vielmehr versuchte KB-Vorsitzende Marlies Haas mit Unterstützung der Grünen und der KPÖ vor einem Unterausschuss zur Gesetzesänderung noch, „die Causa zu vertagen“(Falter, 13/12, Ein Ende ohne Argumente): „Eine zentrale Aufgabe unseres Gremiums besteht auch in seiner Mittlerfunktion. Schafft man dieses Gremium ab, bedeutet dies den Verlust eines unabhängig beratenden Expertengremiums als Ansprechpartner für die Kulturschaffenden. ( Kl. Zeitung, 15.02.2012, Kulturbeirat wehrt sich)
Sollte die Novellierung in beabsichtigter Form in Kraft treten, wäre die (!) beratende Instanz zwischen Kulturschaffenden und Landesregierung eliminiert, zumal es nicht Aufgabe des bestehenden Förderbeirates ist, sich mit längerfristigen kulturpolitischen Belangen auseinander zu setzen. Vielmehr beschränken sich dessen Aufgaben auf die Empfehlung respektive Beurteilung künstlerischer Einzelprojekte, die über Ansuchen zur finanziellen Förderung in die Kulturabteilung des Landes eingebracht werden.
Bei fallweise erstatteten Anreisekosten und einem „Sitzungsgeld“ von 100 Euro pro anwesendem Mitglied, dürften sich die jährlichen Kosten für den Kulturbeirat auf etwa 15.000 Euro belaufen. Wenn mit Kostengründen argumentiert wurde, wäre das eine vergleichsweise geringe Summe, die man sich durch Ausschaltung eines Beratergremiums ersparen würde.

Äußerst bedenklich in diesem Zusammenhang ist auch die bereits avisierte „Zusammenlegung“ der bisherigen Landes-Kulturabteilung A9 nunmehr in die Abteilung 10, „Kultur, Europa, Außenbeziehungen“ und die Besetzung der Leitung mit Buchmanns bisherigem Büroleiter Mag. Patrick Schnabl. Abgesehen von dem Faktum, dass sich Schnabls Erfahrungen mit Belangen steirischer Kultur bisher auf die Arbeit im politischen Büro seines Chefs beschränken, wäre er nun als Amtsleiter mit prinzipiell denselben Ressorts wie dieser (Wirtschaft, Europa, Kultur, http://www.politik.steiermark.at/cms/ziel/5474782/DE) betraut. Nicht allein Claudia Klimt-Weithaler, Klubchefin der steirischen KPÖ, kritisiert diese Neukonstellation als „weitere Entdemokratisierung und Oligarchisierung der Kulturpolitik“ und warnt per Aussendung davor, künftig „nur mehr auf politischer Ebene über die Mittelvergabe“( Der Standard, 28. Februar 2012, VP-Buchmann schafft steirischen Kulturbeirat ab ) zu entscheiden.
Im ORF-Interview (Steiermark heute, 05.03.2012) rechtfertigt Buchmann diese Maßnahmen sinngemäß damit, dass er ständig mit Künstlerinnen und Künstlern im Gespräch sei und Gesetzesnovellierung wie Neugestaltung des Amtes und dessen Besetzung von den KünstlerInnen hinsichtlich internationaler Kontakte sogar gewünscht seien.
Michael Tschida schreibt in einem Kommentar in der Kleinen Zeitung:

„Die Besetzung der höchsten Beamtenstellen riechen nämlich stärker nach politischem Farbspray als nach fachlicher Kompetenz. … Hearings? I wo! Freihändige Vergabe, meist an Leiter aus Politbüros! … Ins Zerrbild passt da die Abschaffung des Landeskulturbeiates. Das Beiratssystem, einst von Waltraud Klasnic initiiert und von Christian Buchmann noch in seiner Zeit als Grazer Kulturstadtrat als „Stein der Weisen“ propagiert, wird nun just von ihm aussortiert. Das unabhängige Expertengremium war eine versierte Erste-Hilfe-Truppe für die Kulturpolitik. Dass die Politik nun wieder selbst herumdoktern will, verheißt für die Patientin Kultur nichts Gutes, ist demokratiepolitisch bedenklich und alles andere als klug. Aber vielleicht ist die Klugheit ja nur noch eine altmodische politische Kategorie.“ (Kleine Zeitung, 04.03.2012, Die Patientin Kultur)

Kulturstadtrat Michael Grossmann:
„Diese externen Expertengremien tragen wesentlich zur Transparenz und zur Legitimierung politischer Entscheidungen bei und sind ein unverzichtbarer Faktor, wenn es um das Aufzeigen strategischer Entwicklungsmöglichkeiten geht.“ (Kleine Zeitung, 07.03.2012, Kulturbeirat)

Frido Hütter in einem Kommentar:
„Das Gefährlichste für einen politischen Fachbereich ist, wenn er zur „Chefsache“ erklärt wird. Mitte der neunziger Jahre begannen Landeshauptmann Josef Krainer und der damalige Bundeskanzler Viktor Klima damit, die Kultur einzugliedern. Kultur-Minister und -landesrat gab es eine Zeit lang nicht mehr. Waltraud Klasnic setzte das System fort. Mittlerweile ist es bei uns üblich geworden, die Kultur irgendeinem Mandatar zuzuschieben, dessen Kunstsinn sich bis dato höchstens im Verborgenen geregt hatte. Während aber Krainer, Klasnic & Co großen Wert auf fachkundige Mitarbeiter und Berater (Nichols, Steps, Fiedler etc.) gelegt hatten, ist auch das aus der Mode gekommen.
Wie sonst hätte man es wagen können, die Fachabteilung Kultur mit ihrer kompetenten Leiterin Gabriele Russ aufzulösen und sie im Europaressort zu verstecken? In einem Land, dessen Attraktivität von außen sich nicht zuletzt aus Kunst und Kultur nährt. …
Bei allem Verständnis für die kostensenkende Straffung des Struktursystems muss man hier klar feststellen: Kunst und Kultur sind in der Steiermark zusehends einer politischen Gleichgültigkeit, nein, Verachtung ausgesetzt, vor der zivilisierten Bürgern eigentlich grausen müsste.“ ( Kleine Zeitung, 21.02.2012, Grausen)

„In den vergangenen Monaten waren von der sogenannten Reformpartnerschaft aus SPÖ und ÖVP rund ein Drittel der 39 Beiräte infrage gestellt worden, darunter der Kultur- und der Naturschutzbeirat. Andere beratende Gremien wie der Wirtschaftsförderungsbeirat – dieser beschloss erst am Dienstag eine bis zu 1,9 Mio. Euro schwere Förderung für die Andritz Hydro GmbH (Anm.: 01.03.2012, zur Bilanz der Andritz GmbH für 2011: „Der Nettogewinn legte um fast 30 Prozent auf rund 231 Mio. Euro zu.“ http://reports.andritz.com/2011/gr-teletrader?tt=newsdetail.asp&ID=15872... ) – sind nicht in Diskussion.
Aus dem Büro von Wirtschafts- und Kulturlandesrat Christian Buchmann (ÖVP) wurde der Sachverhalt auf Anfrage bestätigt: ‘Die Landesregierung wird nun vom Landtag beauftragt werden, die entsprechenden Schritte einzuleiten. Diesem Auftrag folgend werde ich eine Novelle des Kunst- und Kulturförderungsgesetzes vorbereiten, die nach diesem Beschluss des Landtages wohl auch eine Neuordnung der Beiratsstruktur des Kulturressorts beinhalten wird.’“ (Kleine Zeitung, 28.02.12, Land Steiermark wird Kulturbeirat abschaffen http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/kultur/2958579/land-kulturbeirat...)

Zu konkreten Inhalten der Gesetzesnovellierung wollte Buchmann bislang keine Auskunft geben. Nur ungefähr bestätigte er, den Landeskulturbeirat werde es in der Neuauflage nicht mehr geben, dessen Aufgaben soll künftig der Förderbeirat übernehmen. Auch Belange der Kunst im öffentlichen Raum würden im neuen Text „geschärft“.
Dass das steirische KF-Gesetz 2005 seit seiner Einrichtung als das fortschrittlichste Österreichs gilt, damit eine längst fällige, hohe Wertschätzung von Künstlerinnen und Künstlern einherging, berührt den Landesrat offenbar wenig.

Juliane Alton, die gemeinsam mit Tasos Zembylas im Vorjahr die Evaluierung der Kulturförderung in Graz vornahm, vergleicht 2007 in ihrem Artikel „Kultur in bester Verfassung“ die österreichischen Kulturfördergesetze:

„… Es ist daher wichtig, dass die Kulturförderung auf Landesebene als zentrale Kompetenz akzeptiert und möglichst gute Rahmenbedingungen geschaffen werden. 1974 war Vorarlberg Vorreiter – eine Position die im Moment eher die Steiermark mit ihrem Kulturfördergesetz vom Mai 2005 inne hat. Das steirische Kulturfördergesetz ist derzeit das aktuellste und wird daher im Folgenden beispielhaft zitiert, auch wenn in den Gesetzen anderer Bundesländer auch spannende Aspekte zu finden wären.
Die Steiermark hat einige Schritte gesetzt, die neu und wegweisend sind. Der Diskussionsprozess, der das neue Gesetz hervorbrachte, wurde über gute zwei Jahre in aller Breite geführt.
Die Steiermark nimmt sich ganz souverän die Kompetenz der Kulturförderung, indem sie ihre Entscheidungen bewusst unabhängig von anderen Gebietskörperschaften fällt. Während es sonst eher üblich ist, dass ein Fördergeber darauf wartet, was ein anderer tut („... legen Sie uns doch erst die Förderentscheidung der Gemeinde/des Bundes ... vor ...“, heißt es im steirischen Gesetz: ‘Das Land Steiermark als Träger von Privatrechten verpflichtet sich, in der Steiermark oder in besonderer Beziehung zur Steiermark ausgeübte kulturelle Tätigkeiten zu fördern. [Dadurch wird] die Förderung der Kultur und der Kunst durch andere öffentliche sowie durch private Förderungsträger nicht berührt.’ (§§ 1,3)
Diese Haltung erspart den Kulturschaffenden eine Reihe von Problemen: die Abhängigkeit vom Goodwill mehrerer möglicher Fördergeber, Verzögerungen durch das Warten auf eine andere Entscheidung, Präjudizwirkungen bezüglich der Förderhöhen (die berühmte Drittelparität) ... Die Steiermark schreibt auch die Möglichkeit der mehrjährigen Förderung fest und stellt den Kulturschaffenden ihre Organisationsform frei: ‘Förderungen können einzelnen oder mehreren Menschen (z. B. Gruppen von Kunstschaffenden) sowie juristischen Personen gewährt werden. Basisförderung wird auch für Vorhaben gewährt, die über jährliche Budgetansätze oder Gesetzgebungsperioden hinausreichen.’ (§ 3 Abs 5,6) Insbesondere Letzteres ist ein mutiger Schritt, dessen rechtliche Umsetzbarkeit oft bezweifelt wurde. In der Praxis gibt es für eine Reihe von Initiativen Dreijahresverträge.
Dass der Schwerpunkt der Förderung ‘im Bereich der Weiterentwicklung der Gegenwartskunst und der Gegenwartskultur’ (§ 2) gesetzt wird, versteht sich da fast schon von selbst. Von besonderem Interesse ist folgendes Bekenntnis: ‘Dieses Gesetz verfolgt auch das Ziel, den Gemeinden als Vorbild für deren Kunst und Kulturförderung zu dienen’ (§ 1).
Positiv überrascht, dass die Verwaltung sich betreffend Entscheidungsfristen selbst Regeln gibt und sich verpflichtet, Ablehnungen schriftlich zu begründen: ‘Die Entscheidung der Landesregierung über die Förderung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen, wenn dem Antrag nicht entsprochen wird. Beruht die Ablehnung eines Antrags auf der negativen Begutachtung durch den Förderbeirat oder die Fachexpertinnen/Fachexperten, so ist dessen/deren Begründung beizulegen. Die Entscheidung ist der Förderungswerberin/dem Förderungswerber innerhalb von 14 Wochen ab Einlangen des Antrags mitzuteilen, bei Begutachtung durch den Förderbeirat oder die Fachexpertinnen/Fachexperten spätestens sechs Wochen nach dessen bzw. deren Stellungnahme.’ (§ 5 Abs 7) Mit solchen Regelungen wäre vielen dringenden Wünschen, die Kulturschaffende und Kultureinrichtungen auch in Vorarlberg hegen, zumindest in der Theorie entsprochen, tatsächlich gibt es in der Steiermark zusätzlich das Recht auf ein Hearing im Beirat, wenn dieser ein Förderansuchen abgelehnt hat.

In der Steiermark ist offenbar ein wichtiger demokratischer Grundsatz Leitgedanke bei der Ausarbeitung des Gesetzes gewesen: nämlich jener, dass staatliche Verwaltung immer an die verfassungsrechtlichen Normen gebunden ist, auch im Bereich ihrer Privatwirtschaftsverwaltung.
Die normativen Leitlinien der Förderungsverwaltung (‘Kulturverfassung’) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Fiskalgeltung der Grundrechte in der nicht hoheitlichen Verwaltung (Gleichheitsgrundsatz! Gleiches soll gleich behandelt werden, Ungleiches ungleich)
Achtung vor der Pluralität der Kultur sowie dem Selbstbestimmungsrecht der Bürger/innen (Einrechnen der Asymmetrie zwischen Förderwerber/in und Staat, kein Politischer Druck über Subventionsvergabe)
Informations-, Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht (Förderverfahren müssen für Subventionswerber/innen vorherbestimmbar und berechenbar sein – die Amtsverschwiegenheit war eine Erfindung Metternichs, heute genügt der gesetzliche Datenschutz)
Sachlichkeitsgebot (allgemein nachvollziehbare Begründungen für das behördliche Handeln; der Grund ‘Budgetknappheit’ kann nicht das eine Mal Grund zur Ablehnung sein, das andere Mal nicht)
Achtung des Legalitätsprinzips und Willkürverbotes (der Ermessensspielraum der Behörde ist im Sinn des betreffenden Gesetzes im Rahmen der üblichen Praxis zu nutzen, Abweichungen davon müssen sachlich begründet sein)
Achtung des Effizienzgebotes (am besten durch die Rechnungshöfe zu überprüfen).“ ( Juliane Alton, 28.02.2007, Kultur in bester Verfassung, http://alton.at/juliane/texte/kulturverfassung-v ; erschienen in der Märzausgabe 2007 der Zeitschrift Kultur http://kulturzeitschrift.at)
Kunst im öffentlichen Raum
Im Juni 2011, angesprochen auf die ebenfalls im KF-Gesetz 2005 verankerte Kunst im öffentlichen Raum, äußerte sich Christian Buchmann mir gegenüber mit der denkbar abfälligen Bemerkung: „Ihr habt’s euren Glückshafen und ich kann für den Treibstoff sorgen.“ Meine Versuche, den Landesrat nach Budgetkürzung und Eingliederung des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum in das Universalmuseum Joanneum, von der nachvollziehbar über Österreich hinauswirkenden Projektarbeit und daraus resultierender Rezeption des Instituts für KiöR zu überzeugen, waren vergeblich. Merkwürdig zumal, als Buchmann bei jeder sich bietenden Gelegenheit von internationalen Auftritten bzw. internationalen Verbindungen der steirischen Kunst spricht (und im Besonderen davon, wie ihm gerade die Kunst im öffentlichen Raum am Herzen läge).
Zur, laut Gesetz, erfolgenden Finanzierung durch einen Fonds, in den jährlich ein Prozent der Gelder öffentlichen Bauvolumens in der Steiermark fließen sollen, erwiderte Buchmann während besagten Gesprächs 2011, dies sei nie praktiziert worden, auch nicht zur Zeit der vormaligen Kunst am Bau. Immer schon sei diese, wie auch das Institut für KiöR, aus dem Landeskulturbudget finanziert worden. Meinen Einwand, in diesem Wissen und als zuständiger Politiker wäre es doch seine Aufgabe, sich darum zu kümmern, dass die Finanzierung entsprechend dem KF-Gesetz geregelt werde, tat er damals mit der Ankündigung einer Gesetzesänderung ab: „Wir werden das geschickter formulieren … Wir haben zur Durchsetzung eine große Mehrheit im Landtag.“

Herwig Höller im Falter:

„Die Landesregierung hat 2011 gegen das steirische Kultur- und Kunstförderungsgesetz verstoßen. [Durch eine formale Anfrage] nach dem Auskunftspflichtgesetz [erfuhr der Falter], dass das Land Steiermark für 2011 eine Bausumme von 118.903.405,85 Euro veranschlagt hat. Ein Prozent davon muss, so das geltende Kulturfördergesetz, für Kunst im öffentlichen Raum (KÖR) bereitgestellt werden. 2011 wären somit 1,18 Millionen die legale untere Grenze gewesen. Kulturlandesrat Christian Buchmann (ÖVP) veranschlagte jedoch lediglich 500.000 Euro. Nicht die Bausumme sei von entscheidender Relevanz gewesen, meint Buchmann, sondern die Sparvorhaben der Landesregierung. Und er werde, so Buchmann weiter, eine Novelle des Gesetzes anregen.
Von Amtsmissbrauch sei man weit entfernt, heißt es dazu beim Verfassungsdienst des Landes: Niemand habe einen Rechtsanspruch auf die Mittel, daher könne auch niemand absichtlich geschädigt werden. Das ehemals von Werner Fenz geleitete Institut für Kunst im öffentlichen Raum wurde aber ohne Zweifel geschädigt, und Buchmanns Maximalstreichungen betrafen jene Institutionen, die seine Vorgänger besonders unterstützt hatten: Völlig legal wurde die Regionale abgeräumt, nicht gesetzeskonform eben auch KÖR.“ (Falter 37/11 Gesetzesverstoß und Kontrolle)

Im Übrigen, sagte Buchmann 2011 während unseres Gesprächs, sei das Institut für KiöR seit seiner Einrichtung 2006 Teil des UMJ (damals Landesmuseum Joanneum), damit auch nicht er, vielmehr die Leitung des UMJ für die Budgethalbierung im Zuge der Sparmaßnahmen zuständig. Auf meine darauf erfolgte Nachfrage relativierte der ehemalige Kultur-LR Kurt Flecker diese Ansicht: Allein Buchhaltung und Kontoführung seien seit 2006 vom UMJ geleistet worden, wofür das Institut jährlich auch 5.000 Euro bezahlte.
Ähnlich Werner Fenz im Falter-Interview, nachdem er als Institutsleiter gekündigt hatte:

„Unsere Buchhaltung war dort und die Verträge sind über das Joanneum abgeschlossen worden. Das wollte die Kulturpolitik [2006] so. Daraus wurde konstruiert, wir wären eh immer schon beim Joanneum gewesen. Das ist nicht richtig. Die Eingliederung halte ich für falsch, das Institut für Kunst im öffentlichen Raum hat mit dem Museum nichts zu tun. …
[Frage Falter:] Das war aber nicht der einzige Grund für Ihren Rücktritt, oder?
[Fenz:] Ich war zuvor bei Christian Buchmann …, er hat gesagt, ‘Fürchten Sie sich nicht, ich bin ein Fan der Kunst im öffentlichen Raum.’ Diese Standardsätze eben, ungefragt, man wollte das gar nicht hören. Dann hat er gesagt, Sie wissen schon, auch Sie werden gekürzt. Die Kürzung hat mir dann Wolfgang Muchitsch (Geschäftsführer Universalmuseum Joanneum, Anm.) mitgeteilt, da war der Herr Buchmann dann plötzlich verschwunden.

Was soviel Spaß gemacht hat an der Arbeit, war, dass man den Künstlern zeigen konnte, ihr seid wichtig für die Gesellschaft. Ihr seid im öffentlichen Raum wichtig, und wir möchten etwas anderes sehen als die Wahl- und Werbeplakate.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Buchmann, wo er abermals seine Begeisterung für KiöR geäußert hat. In diesem Zusammenhang sprach er von Bänken am Mariahilferplatz, und ich dachte mir, was meint er damit? Bis ich draufgekommen bin, er meint ein Stadtmöblierungsprojekt. Hinter dem Titel ‘City of Design’ steht Buchmann voll und ganz, ob er auch hinter der Kunst im öffentlichen Raum steht, weiß ich nicht. Die Worte hört man, allein es fehlt der Glaube. Die Linie, die Kurt Flecker vorgegeben hat, Regionale und KiöR, zack, die wurden um die Hälfte gekürzt. Zufall?

Das Geld für das Institut ist nicht Teil des Kulturbudgets. Deshalb zu sagen, das Kulturbudget muss gekürzt werden und das betrifft auch das Institut, stimmt so nicht. …“ (Falter 28/11, „Ich bin sauer“)

Infolge der von Fenz eingereichten Kündigung als Leiter des Instituts für KiöR stand im Falter zu lesen: „Das Fass zum Überlaufen gebracht haben sollen auch Statements von VP-Kulturlandesrat Christian Buchmann, der laut Ohrenzeugen zu den Einsparungen gesagt haben soll, man müsse auch geliebte Kinder ‘hart drannehmen’.“ (Falter 22/11, Paukenschlag)

Frido Hütter in der Kleinen Zeitung:

„… Die rabiate Kürzung ist in mehrfacher Hinsicht schlecht. Öffentlich integrierte Kunst wird auch von Menschen erlebt, die sich nicht in Museen und Galerien verirren. Sie ist neben all den Zweckbauten ein spielerischer Ausdruck dessen, was den Menschen zum Menschen macht. Und sie bietet zahlreichen Künstlern wenigstens einen kleinen Unterhalt.
Was treiben politisch Verantwortliche sonst mit (unserem) Geld? Kürzlich teilte der Rechnungshof nach Recherchen mit, dass sich die Kosten für die Renovierung des Zeltweger Flugplatzes von 46 auf 161 Millionen Euro erhöht haben.
… Abgesehen davon, dass man allein mit der Kostenüberschreitung die Kunst im öffentlichen Raum bis zum Jahr 2116 (!) hätte finanzieren können, stellt sich die Frage, auf wessen Schmutzpfoten diese irrwitzigen Summen gelandet sind.
… Und dann rupft man der Kunst vergleichsweise läppische 500.000 Euro und damit die Existenzgrundlage. Welcome to Banania!“ (Kleine Zeitung, 05.05.2011, Schmutzpfoten in Bananien)
Die Affäre Weibel
Den international hoch angesehenen Künstler, Direktor des ZKM Karlsruhe und Chefkurator der Neuen Galerie am UMJ, Peter Weibel, zu kündigen, kommt angesichts der vom LR ständig genannten internationalen Vernetzung des Grazer respektive steirischen Kulturbetriebes einem absurden Meisterstück gleich. Was jedenfalls damit geschafft wurde, ist die überregionale Aufmerksamkeit, die einem Provinzstück am Kulturstandort Graz geschenkt wurde. Der Abgang des maßgeblichen Kunsttheoretikers und Intellektuellen hat seitens der dafür Verantwortlichen inzwischen den Status eines Tabuthemas.

Die Bildunterschrift im folgend angeführten Artikel bezeichnet die auch in anderen Fällen auffallende Methodik (ein Foto zeigt Peter Pakesch und Christian Buchmann): „Joanneum Geschäftsführer Peter Pakesch brachte Kulturschaffende in ganz Österreich gegen sich auf, Landesrat Buchmann ging auf Tauchstation“. Neben dem Foto ein Kommentar des Kunstsammlers Ernst Ploil (dort zitiert aus den Salzburger Nachrichten): „Beim Sparen hat man sich jener Leute entledigt, die man vorher schon drangsaliert hat.“
Weiters in diesem Artikel der Kleinen Zeitung:

„Der steirische Kulturbetrieb zerfleischt sich, und der politisch verantwortliche Herr über das Geschehen schweigt. Wo ist Kulturlandesrat Christian Buchmann? Wusste er vom Hinauswurf des Leiters der Neuen Galerie [Anm. Weibel war nicht Leiter, sondern Chefkurator; allerdings wurde die Leiterin der NG, Christa Steinle, aus dieser Position entfernt]? Falls ja: Wo liegt der tiefere Sinn der Strategie, den international renommierten Peter Weibel samt kongenialer Ausstellungskuratorin [sic. s.o.] Christa Steinle ein halbes Jahr vor der Neueröffnung des Joanneumviertels publikumswirksam abzuschießen?
Falls nein: Hält er die Fäden in seinem Ressort noch in der Hand? Buchmann versucht offenbar, durch die Malaise durchzutauchen. Oder, wie es ein Parteigänger formuliert: ‘Buchmann ist wohl eher ein Anhänger der politikfreien Politik.’
Doch je länger er schweigt, desto mehr zieht er die Pfeile auf sich. Österreichweit formiert sich die Kunstszene, um ihrer Solidarität mit Weibel und Steinle Ausdruck zu verleihen.

Richtig ist, dass Pakesch und Weibel einander noch nie grün waren. Der Zwist wurzelt in der Zeit, als Kulturlandesrat Gerhard Hirschmann Weibel den Joanneum-Geschäftsführer vor die Nase setzte. Steter Tropfen höhlt den Stein, die Causa Steinle brachte das Fass zum Überlaufen.
Pakesch jedenfalls sitzt gut auf seinem Ast: Buchmann hat auf eine Neuausschreibung verzichtet und ihn erst im Dezember bis zum Jahr 2017 verlängert.

Buchmann gerät zum zweiten Mal in diesem Jahr massiv unter Druck. Jetzt ist es die Kultur, …
Beim ersten Mal warf ihm Industriellenvereinigungspräsident Jochen Pildner-Steinburg nach der Lexus-Nexus-Affäre rund um Buchmann-Intimus Ulfried Hainzl den Fehdehandschuh zu. Nur mühsam wurde ein Waffenstillstand erreicht.

[Von der] gemeinsamen Schelte [nämlich Pildner-Steinburgs und des auf Hainzl folgenden WK-Präsidenten Josef Herk] für die Landesregierung, die das jetzige Finanzdesaster selbst verschuldet habe, durfte sich wohl in erster Linie auch wieder Buchmann als [vormals] zuständiger Finanzlandesrat in den vergangenen Jahren betroffen fühlen.“ ( Kleine Zeitung, 03.04.2011, Vermisst: der Landesrat für Kultur)

Das Formieren der Kunstszene blieb sichtlich ohne Wirkung. Dass man aber frühestens hier zeigte, wie man sich der Experten (siehe Kulturbeirat) entledigt, liegt mit Blick auf die Chronologie auf der Hand.
Karlheinz Schmid, Herausgeber der in Regensburg erscheinenden Kunstzeitung, dürfte das auch bemerkt haben:

„Wie man eine traditionsreiche, international renommierte Institution innerhalb kürzester Zeit und zudem kurz vor dem 200. Stiftungsgeburtstag mitten in der Phase des Aufbruchs, Umbaus und der Festvorbereitungen, gnadenlos (und letztlich von der Dummheit der Verantwortlichen geprägt) niedermetzeln kann, das dokumentieren derzeit in Graz der Intendant des Joanneums, der ehemalige Galerist Peter Pakesch, und sein als Sparkommissar tätiger Verwaltungsdirektor Wolfgang Muchitsch. Was dieses Duo der Öffentlichkeit als Reform verkaufen will, sieht faktisch so aus, dass aus 24 Museumsabteilungen 13 gemacht werden, dass einzelne Entscheidungen offenbar weniger sachbezogen als vielmehr unter dem Aspekt personeller Abrechnungen mit nicht willfährigen Mitarbeitern getroffen werden. (Anm: Peter Pakesch und Wolfgang Muchitsch gaben zu Jahresende 2011 den Jubiläumsband 200 Jahre Universalmuseum Joanneum. 1811-2011 heraus. Darin die Darstellung aller Abteilungen und Departements nach Neuaufstellung. Obwohl Buchmann wie Pakesch darauf beharren, das Institut für Kunst im öffentlichen Raum sei seit Gründung Teil des UMJ; spätestens jedenfalls, wie oben beschrieben, mit der Anbindung im Jahr 2011. Das Institut für Kunst im öffentlichen Raum ist in diesem Band aber mit keinem Wort erwähnt.)
Vorerst krönender Höhepunkt im seit Monaten währenden Tiefgang: Die Geschäftsführung des Universalmuseums, dass einst schlicht Landesmuseum hieß, kündigte soeben fristlos dem Chefkurator der Neuen Galerie, dem ZKM-Direktor Peter Weibel, und schickte die seit rund zwei Jahrzehnten tätige Leiterin, Christa Steinle, in einen sogenannten Sonderurlaub. Ein Skandal.
Ein Skandal auch, wie die vorzeitige Vertragsauflösung begründet wird. Weibels Verhalten sei „dem Ansehen und den Interessen der Universalmuseum Joanneum GmbH abträglich“, so heißt es, und er, Weibel, habe dem ‘Ansehen unseres Hauses Schaden zugefügt’. …
Dass durch diesen Schritt nicht nur … verdiente Persönlichkeiten demontiert werden könnten, sondern auch das Joanneum insgesamt einen Reputationsverlust erleidet, scheint den Kleinmeister aus und in Graz wenig zu stören. Womöglich ist es ihm wurscht, wie sein ‘pathologischer Hass auf die Neue Galerie’ (Weibel) größer ist als jegliche Verantwortung für das komplette Joanneum. Umso weniger verständlich, dass der Pakesch-Vertrag bereits im vergangenen Jahr mehr oder weniger heimlich verlängert wurde. (Anm.: Tatsächlich wurden die Verträge von Wolfgang Muchitsch und Peter Pakesch ohne Neuausschreibung im Jahr 2010 durch Christian Buchmann bis 2017 verlängert. Siehe: Buchmann sorgt für Kontinuität beim Universalmuseum http://www.kultur.steiermark.at/cms/beitrag/11382444/6537958
Der Rechnungshof kritisierte. Im Jahr zuvor, 2009, wurde das Landesmuseum Joanneum in Universalmuseum Joanneum umbenannt.) Laut Landesrechnungshof wäre aber die Neuausschreibung vorgesehen gewesen. Und auch dringend notwendig, wie die aktuellen Ereignisse in Graz zeigen.“ (Kunstzeitung 177 / Mai 2011, Skandal in Graz: Pakesch und Joanneum trudeln ins Abseits) Der Rechnungshof kritisierte. Im Jahr zuvor, 2009, wurde das Landesmuseum Joanneum in Universalmuseum Joanneum umbenannt.)

Medialer Überdruck war es offenbar, der Buchmann schließlich doch wieder zum Auftauchen zwang. Eine „Aussprache“ zwischen Pakesch und Weibel fand in Anwesenheit von LR Buchmann statt, der sichtlich den stillen Mediator gab:

„Nachdem Kulturlandesrat Buchmann Weibels Vertragsaufkündigung als ‘Entscheidung der Geschäftsführung’ hinnahm, herrschte nicht nur in der Kunstwelt Empörung. ÖVP-intern soll man dem Vernehmen nach schon über die Ablöse Buchmanns nachdenken: ÖVP-Geschäftsführer Bernhard Rinner und Klubchef Christopher Drexler, beide kunstaffin, sollen dabei als potentielle Buchmann-Nachfolger gehandelt werden.“ (Der Standard, 04.04.2011, Waffenstillstand zwischen Pakesch und Weibel http://derstandard.at/1301873806873/Waffenstillstand-zwischen-Pakesch-un...)

Dann ging es noch um die Kalamitäten, wie es zu den Eröffnungsausstellungen im Joanneumviertel kommen soll: „Kulturlandesrat Christian Buchmann sagte, er sei nicht der ‘Intendant der Intendanten’, um ‘Detailfragen’ könne und wolle er sich nicht kümmern“ (Kleine Zeitung, 18.05.2011, Der Griff nach Plan B) – und zog sich damit erneut aus der Affäre. Als nur logischer Schluss bleibt der Eindruck bestehen, dass Buchmanns Nicht-Eingreifen seine Akzeptanz gegenüber diesen Vorgängen und Pakeschs Maßnahmen bestätigt. Michael Tschida: „Durch Animositäten bleibt nur Schrott, alle sind havariert.“ (Kleine Zeitung, 18.05.2011, Hättmawärma). Betreffend die Absetzung von Christa Steinle schreibt Thomas Trenkler in Der Standard mit Bezug auf den Jubiläumsband zum 200jährigen Bestehen des Joanneums:

„Im Text über das Kunsthaus hebt man natürlich hervor, dass ‘unter Leitung von Peter Pakesch (2003-2011) eine Reihe von international mit großem Interesse besprochenen Ausstellungen realisiert’ wurden. Im Zusammenhang mit der Neuen Galerie hingegen wird nur Wilfried Skreiner erwähnt (1966-1992). Dessen Nachfolger Werner Fenz (1993-1997) und Christa Steinle (1998-2011) verschweigt man.
Fenz wird wenigstens nebenbei als Kurator einer Ausstellung genannt. Steinle aber taucht bloß in einer Fußnote auf – als Mitherausgeberin eines Buches. Der Hass auf die Leistungen der nun abgesetzten Direktorin muss groß sein.“ (Der Standard, 14.01.2012, Der große Hass)

Nochmals Trenkler:

„[Peter Pakesch] bewarb seine Ausstellungen in der ‘blauen Blase’ weit intensiver als jene der hauseigenen Konkurrenz [Neue Galerie], der darüber hinaus weit weniger Mittel zugestanden wurden. Steinle/Weibel stahlen Pakesch dennoch immer die Show mit exzellenten Ausstellungen. (Anm.: „Nicht ich kann entscheiden, wieviel Werbebudget das Kunsthaus bekommt (z.B. 330.943 EUR im Jahr 2008). Aber Intendant Pakesch kann entscheiden, wieviel Werbebudget die NG bekommt (z.B. 47.645 EUR im Jahr 2008).“ Peter Weibel auf http://joanneum-weibel-steinle.mur.at) Und sie konnten zumindest etliche Jahre lang ihre Autonomie verteidigen. 2011 wurden sie aber demontiert – und Christian Buchmann, der Landeskulturreferent (ÖVP), schaute zu beziehungsweise weg.“ (Thomas Trenkler in Phönix, März 2012, Verharren und verpulfern)

In einer Diskussion zum Thema „Kulturbudgets“ am 12. 12. 2011 wird Peter Weibel konkreter und spricht das wohl allem zugrunde liegende Problem an, das Der Standard so wiedergibt:

„Der Unmut in der steirischen Kulturszene wächst weiter und macht sich zunehmend Luft. Das wurde am Montag bei einer Podiumsdiskussion, zu der die steirische Gesellschaft für Kulturpolitik ins neue Joanneumsviertel geladen hatte, mehr als deutlich. Wie berichtet, wandten sich erst vor wenigen Wochen alle namhaften Institutionen für bildende Kunst in Graz mit einem Papier an die Öffentlichkeit, in dem sie aufzeigten, was sie unter effizienter Kulturpolitik verstehen würden. …
Am Podium saßen der Nochchefkurator der Neuen Galerie, Peter Weibel, die Intendantin des Steirischen Herbstes, Veronica Kaup-Hasler, Schriftsteller Philipp Blom und der Exkulturlandesrat Kurt Flecker (SP).
Joanneums-Chef Peter Pakesch und Kulturlandesrat Christian Buchmann (VP) waren nicht gekommen. …
Weibel rief dazu auf, dem ‘Märchen über das Sparen’ nicht zu glauben. Man spare nicht, man flute die Märkte mit Geld, ‘wieso wird die Kultur nicht überflutet mit Geld?’“ (Anm. Beispiele: Für Airpower Zeltweg 800.000 Euro; für Spielberg 9 Mio. Euro; für Andritz GmbH, die gerade für 2011 einen Gewinn 231 Mio. Euro ausweist, 1,9 Mio. Euro aus dem steirischen Landesbudget; 1,2 Mio. Euro Euro aus dem steirischen Landesbudget für den wirtschaftlichen Bauchfleck Beta Young Creative Lab; etc.) …
Nachdem viele unter den rund 150 Gästen ihrem Ärger Luft gemacht hatten, rief Weibel: ‘Die Kulturschaffenden müssen den Rücktritt von Landesrat Buchmann verlangen. Er ist ein willfähriger Exekutor von Herrn Pakesch.’ Applaus im Auditorium.“ (Der Standard, 13.12.2011, Die Kunst und das Märchen vom Sparen)

Anwesend war Buchmann damals nicht, in einem folgenden Interview mit der Kleinen Zeitung aber erwidert er: „Peter Weibel habe ich als einen sehr kunstsinnigen Menschen kennengelernt, aber mittlerweile kommt er ins Altersgranteln. Damit zerstört er selbst seinen Ruf.“ (Kleine Zeitung, 01.01.2012, „Nichtraunzer-Zone für den Kulturbetrieb“) Abgesehen von der Beleidigung, ihm „Altersgranteln“ zu attestieren, kommt ein Adjektiv wie „kunstsinnig“ einer Qualifizierung Peter Weibels als Dilettant gleich, als Amateur oder im Wortsinn Liebhaber der Kunst, was völlig an Werk und Meriten Weibels für die Kunstgeschichte, für die Steiermark und Österreich vorbeizielt. Eine wohl gezieltes Abkanzeln, ganz nah dem bewusst geringschätzigen „Glückshafen“.

Wenig erbaulich ist, wie oben schon skizziert, der Umgangston den LR Christian Buchmann mit Kulturschaffenden pflegt. Den könnte man als durchwegs zynisch und oft wirklich beleidigend beschreiben. Vom „Glückshafen“ war schon die Rede, aber Auszüge aus einem weiteren Interview sind wohl die aussagekräftigsten zu seinem Verständnis gegenüber Kulturpolitik, künstlerischen Inhalten und den mit diesen beschäftigten Menschen: „Sich an einen [sic.] bürgerlichen Kulturreferenten zu reiben, ist ja in einer linken Kulturschickeria sicherlich immer wieder ein schönes Spiel.“ (Kleine Zeitung, 01.01.2012, „Nichtraunzer-Zone für den Kulturbetrieb“) Den Landesrat beim Wort genommen – er sage geradeheraus, was er sich so denkt, hat er auf solche Kritik schon einmal bemerkt –, klingt „linke Kulturschickeria“ denn doch verdächtig ähnlich dem andernorts inzwischen salonfähig gewordenen populistischen Diskurs um massive Kürzungen des Kulturbudgets, den der niederländische Kulturminister Halbe Zijlstra in Übernahme einer Äußerung des Rechtsaußen-Politikers Geert Wilders führt. Dort heißt es: Kultur sei ein „linkes Hobby“, eine „Freizeitbeschäftigung für Alt-68er“. (Johannes Konst in der Frankfurter Rundschau, 17.08.2011, Kein Geld mehr für das linke Hobby http://www.fr-online.de/kultur/kulturfinanzierung-kein-geld-mehr-fuer-da... ) Dass der sich um internationale Verbindungen kümmernde Kulturlandesrat auch andere als österreichische Zeitungen liest, wird er hoffentlich nicht in Abrede stellen wollen.

Hinsichtlich der „Nichtraunzer-Zone“, die sich der LR in diesem Interview „für den Kulturbetrieb“ wünscht, stellt Tiz Schaffer später im Falter klar, dass „Kritik geübt“ wurde. „Und die große Schwester der Raunzerei“ „ihren Auftritt zu Recht“ hatte.

„Derzeit schaut es im steirischen Kulturbetrieb alles andere als rosig aus. Zur Erinnerung: Den großen Institutionen wurde anständig was runtergeräumt, den mittleren und kleineren ging’s auch schon mal besser. Das Joanneumsviertel steht nun da wie eine Eins, ganz im Gegenteil zum Programmbudget des Universalmuseums Joanneum. Noch immer ist nicht klar, welche Zukunft auf das Grazer Künstlerhaus wartet. Und zahlreiche namhafte Institutionen der bildenden Kunst in Graz haben eindringlich auf ihre und die prekäre Situation im Lande hingewiesen.“ ( Falter, 1-2/12, Genug geraunzt!)

Ruhigen Gewissens kann man inzwischen behaupten, da habe sich nichts Gravierendes zum Besseren gekehrt, ein neues KF-Gesetz liegt an, nach etlichen Konzepttheatern um das Künstlerhaus ergeht jetzt ein „Call“, um einen qualifizierten Betreiber zu finden, und ein weiterer „Call“ wird den bisher mit langfristigen Förderverträgen bedachten Kulturschaffenden unter neu formulierten Bedingungen schlaflose Nächte bereiten. Nur die Besten, in den Augen des Landesrates, werden bestehen können, nachdem er auch ein „Fan des Wettbewerbs ist“(siehe das Thema Falter weiter unten):

„Ich möchte, dass es Planungssicherheit, Finanzierungssicherheit für Säulen und Leuchttürme der Kulturentwicklung der Steiermark gibt. Klar ist aber: Es gibt kein Fortschreiben des status quo. Es muss sich jeder neu bewerben. Aber diejenigen, die sich bewähren, werden mit entsprechend Treibstoff ausgestattet. …
Ich sage immer dazu: In guten Zeiten können eh alle großartig arbeiten, in angespannteren Zeiten nur die Besten. Und jetzt müssen sie halt zeigen, dass sie die Besten sind.“ (Kleine Zeitung, 01.01.2012, „Nichtraunzer-Zone für den Kulturbetrieb“)

Der Kulturbeirat ist weg und zu vermuten ist, dass zum neuen Gesetz auch die Regelung der Finanzierung für Kunst im öffentlichen Raum fällt und so nicht mehr aus einem Prozent des Landesbauvolumens kommen muss. Eine Erleichterung jedenfalls für den Landesrat, der sich in Hinkunft auch darum nicht mehr kümmern muss.

„Beim Landeskulturbeirat werde ‘nur das Wort abgeschafft’, versteht Buchmann die Aufregung nicht. Dieser, der Förderbeirat und der Fachbeirat werden aus Spargründen in eine neue Beiratsform fließen …
Der Landeskulturreferent verteidigt auch den Personalentscheid für Patrick Schnabl, der ab 1. August das Dreierressort [A10, Kultur, Europa, Außenbeziehungen] leiten wird: ‘Er hat sich schon in der Privatwirtschaft und auch bei uns im Amt bewiesen. Nun gibt es die Chance, aus der Kulturabteilung etwas Neues zu machen. Jedenfalls habe ich noch keine Beileidsbekundungen wegen der Änderung erhalten’, man habe diesbezüglich ganz im Interesse der Künstler und Kulturschaffenden gehandelt.“ (Kleine Zeitung, 06.03.2012, „Aufwertung der Kulturabteilung“)

Eine Beileidsbekundung wäre völlig fehl am Platz, es geht vielmehr um Kritik. Das „Amt“ und die „Privatwirtschaft“ seien Präferenz genug, meint Buchmann also, das Kulturamt mit seinem Büroleiter zu besetzen. Die Interessen der Künstler kann Buchmann aber nach eigener Aussage wohl nur vermutet haben, denn das ihn am besten beizeichnende Statement gab er in jenem Interview mit der Kleinen Zeitung: „Ich habe das Kulturressort in der Stadt Graz von 2003 bis 2005 geführt. Mir braucht von den Künstlern keiner was zu erklären. Mein Wissen fließt nun auch in meine Arbeit auf Landesebene ein.“ (Kleine Zeitung, 01.01.2012, „Nichtraunzer-Zone für den Kulturbetrieb“)

Jüngstes, an dieser Stelle, zu den internationalen Verbindungen im Kulturbereich:

„ ‘Mir ist die internationale Vernetzung der steirischen Kunstschaffenden wichtig, sie ist auch eine laufende Forderung, die an mich herangetragen wird. Die Regierung hat daher auf meinen Antrag einstimmig beschlossen, dass wir jungen Künstlerinnen und Künstlern den Aufenthalt in Ateliers in kulturellen Hotspots Europas ermöglichen’, freut sich Kulturlandesrat Dr. Christian Buchmann.“ (www.kultur.steiermark.at/cms/beitrag/11640435/6537958 ,veröffentlicht Der Kulturreferent am 22.03.2012 auf der Homepage; die Kulturzeitung 80 übernimmt den Artikel wörtlich in ihrer Ausgabe vom März 2012.)
Neben der „Neuordnung der Kulturpreise“ – Vergabe nur mehr alle drei Jahre, Verleihung während einer (1) gemeinsamen Veranstaltung – ist auch eine „Aufwertung“ der Stipendien für junge Kulturschaffende beschlossen worden. Diese sollen die Möglichkeit haben, „einige Monate im Jahr Ateliers in internationalen Hotspots zu besuchen“. „Daher“ hat die Landesregierung „beschlossen, dass 2012 diese Hotspots Beograd, Bukarest, Istanbul und Skopje sein werden“. Mehrmals „freut“ sich Buchmann in dieser Aussendung, von „High-Profile-Residenzen“ ist die Rede und oftmals noch von „Hotspots“. Das dicke Ende zum Schluss fällt aber denkbar dünn aus:

„Das Budget des Landes dafür beträgt 20.400 Euro, damit werden einerseits die Mietkosten der Ateliers bestritten, aber auch ein monatliches Stipendium in Höhe von 850 Euro für die Kunstschaffenden finanziert. Zusätzlich können Reisekostenzuschüsse gewährt werden.“ (Ebda.)

Wie alles begann: Falter, Regionale:

„Und es begab sich aber in der steirischen Medienlandschaft, dass der Falter nach fünf Jahren jetzt von der Kulturabteilung des Landes auch nicht mehr unterstützt wird. Wirtschaftslandesrat Buchmann, der auch Kulturlandesrat ist, sagt in einem Interview in der jüngsten (Anm.: Kulturzeitung 80, April 2011, „Der Weg ist schmerzhaft, aber machbar!“) Ausgabe der Zeitschrift 80: ‘ … es tut mir auch leid, dass es dem Medium nicht gelungen ist, so große Akzeptanz bei den steirischen LeserInnen zu finden, dass eine Finanzierung durch Wettbewerb am Markt möglich geworden wäre … Mediale Vielfalt ist wichtig, ich bin aber ein Fan davon, dass sich Medien dem Wettbewerb stellen, egal, ob sie groß oder klein sind und egal, welcher Verlag sie herausgibt.’ Daumen hier also weg vom kleinen Finger (Anm.: Ein Zeichen der Pfadfinder, will heißen: Die Großen helfen den Kleinen.) und das heißt, wenn es der Falter in den nächsten Wochen nicht schafft, sich ohne Subventionen wirtschaftlich zu behaupten, dann steht dort jedenfalls nichts mehr, das man in und außerhalb der Steiermark über Weibel, Steinle, Buchmann und Pakesch, Muchitsch, Fenz und die anderen lesen könnte, kurz über die Kultur(en) in der Steiermark.“ (GAT, 20.04.2011, Auf Biegen und Brechen: Wer macht die Kunst in der Steiermark? http://www.gat.st/pages/de/nachrichten/4807.html)

Die Streichung der Landesförderung für den Falter war eine der ersten Aktionen Buchmanns unter dem Titel „Sparmaßnahmen“. Persönlich dürfte er aber wohl davon ausgegangen sein, dass er gerade von Seiten des Falters mit der schärfsten Kritik zu rechnen haben würde – wie sich auch gezeigt hat. Irgendwie hält der Steiermarkteil des Falters derzeit zwar noch den Kopf über Wasser. Geleistet hat der LR damit jedenfalls eine weitere Ausdünnung der steirischen Medienlandschaft auf dem Gebiet qualifizierter Kultur- und Politikberichterstattung. Den Falter als nicht wettbewerbstauglich zu bezeichnen, kommt einem weiteren Zynismus gleich. Wer hätte erwartet, dass sich ein kritisches Qualitätsmedium wie der Falter in die Abhängigkeit von Inserenten begibt, um vielleicht auf das Niveau der im Wettbewerb befindlichen Werbepostillen zu sinken?

Ebenso scheint Buchmann ein Problem mit dem biennalen Festival regionale zu haben. Wie demnächst zu erfahren sein wird, kann man zwar auch mit der Hälfte des ursprünglichen Budgets gutes Programm machen. Allerdings erscheinen hier Buchmanns Kriterien der internationalen und lokalen Einbindung von Künstlerinnen und Künstlern und die Teilhabe der Bevölkerung relativiert.
Anders als der Falter bietet die Kulturzeitung 80 dem LR ein Podium mit der suggestiven Frage:

„Die ‘regionale’ wurde auf die Hälfte, sprich auf 2 Millionen Euro, gekürzt – warum gibt es dieses Festival überhaupt noch, obwohl es seit seinem Bestehen bedauerlich wenig Besucherzahlen [sic.] vorweist und auch medial kaum Echo erzeugen kann?
[Buchmann:] Die regionale 12 habe ich im Herbst thematisch beschlossen übernommen und mir wird in zahlreichen Gesprächen mit Bürgermeistern aus der Region vermittelt, dass das Projekt unterstützt wird. Intendanz und Geschäftsführung der regionale 12 arbeiten intensiv an einer Programmierung gemeinsam mit regionalen Kunst- und Kulturschaffenden. Ich erwarte mir vor allem regionales Echo über die Projekte und hoffe, dass in der Region das Selbstverständnis der Bevölkerung positiv beeinflusst werden kann. Solche Erfolge werden nie in medialer Berichterstattung oder in Besucherzahlen messbar sein. Ich gebe aber zu, dass mir eine Diskussion um einen Felsen [Ai Weiwei] – wie 2010 passiert, zu wenig mediales Echo wäre.“ (April 2011)

In einer Diskussion auf Radio Steiermark (04.04.2011) sagte Buchmann, man müsse sich genau ansehen, wie die regionale12 von den Menschen angenommen werde. Wie die regionalen 08 und 10 angenommen wurden, interessiert dabei offenbar nicht. Viel interessanter jedenfalls fänden die Leute, sagte Buchmann, „Trigon“ und den Blick nach Slowenien, Kroatien und Westungarn. Sind das nun Seherqualitäten oder wird sich das Ansinnen, internationaler zu werden statt „regional“ zu sein, als selbsterfüllende Prophezeiung erweisen? Man „werde die Ergebnisse der regionale12 in Murau abwarten und das Konzept regionale zu gegebener Zeit auf seine Richtigkeit prüfen“ (11.02.2011, www.kultur.steiermark.at/cms/beitrag/11397175/6537958 ), hieß es schon während einer Diskussion in Wies.

„Landesrat Christian Buchmann will sich übrigens ‘die Regionale in Murau zunächst genau anschauen’ und erst dann über ein Weiterleben des biennalen Festivals entscheiden. Sollte er das Totenglöckchen läuten, wird ihn wohl der Verdacht umwehen, eine ‘rote’ Erfindung (von Kurt Flecker) zu Grabe getragen zu haben.“ (Kleine Zeitung, 06.01.2012, Land der Hämmer, hürdenreich)

Nach Vorstellung des Programms der regionale12 verweist Michael Tschida nochmals auf den „Standpunkt“ des Kulturreferenten:

„Buchmanns Standpunkt ist ja, „mir die Regionale in Murau genau anzusehen“ und erst dann über ein Weiterleben des biennalen Festivals entscheiden zu wollen. Er wird zugeben müssen: Das Gesamtpaket 2012 ist höchst ansehnlich. 20 Gemeinden beteiligen sich, von den drei Festivalzentren in Murau, Stift St. Lambrecht und Krakautal aus kann man zu 24 Projekten mit mehreren 100 Aktiven aufbrechen.“ (Kleine Zeitung, 29.03.2012, Die Eingreiftruppe Kultur)

Das entspricht immerhin den ursprünglichen Intentionen des Festivals, der Auseinandersetzung mit Gegenwarts-Kunst und Kultur in peripheren Regionen auf überregionalem Niveau. In Anbetracht der bisherigen Themenannäherung des Kulturlandesrates ist dennoch zu befürchten: What goes around comes around.

Creative Industries Styria und Beta Young Creative Lab
Talente aus der Kreativwirtschaft sollte das 2010 gegründete Beta Young Creative Lab weiterbilden, internationale Design-Aufträge sollten für die steirische Kreativwirtschaft lukriert werden. Nach eineinhalb Jahren zog der Landesrat bei diesem seiner Liebkinder die Notbremse.

„Das Land hat bisher 1,2 Mio. Euro an Anschubfinanzierung beigesteuert, vom erhofften Umsatz in der Höhe von 240.000 Euro konnte 2011 nur etwa die Hälfte gemacht werden - bei gleichbleibender Tendenz.
Der Aufsichtsrat sehe keine realistische Chance, dass die vorgegebenen strategischen und kaufmännischen Ziele in absehbarer Zeit erreicht werden, begründete Buchmann die Schließung. Gleichzeitig betonte der Wirtschaftslandesrat sein Bekenntnis zur Förderung der Kreativszene. Die SFG sei beauftragt worden, gemeinsam mit den Fachhochschulen, der Interessenvertretung und Investoren aus der Wirtschaft Nachfolge-Modelle zu entwickeln.“ (Der Standard, 14.03.2012, Ende für Projekt „Beta Lab“ http://derstandard.at/1331207305360/Steiermark-Ende-fuer-Projekt-Beta-Lab )

Es sei das Management, dem es „leider nicht gelungen ist, die Unternehmen der Kreativwirtschaft vom Nutzen dieses Projekts zu überzeugen und Partner zu gewinnen“ (Ebda), erklärte Aufsichtsratsvorsitzende Claudia Brandstätter-Kobalt. Dem Wirtschaftslandesrat ist das auch nicht gelungen. Wenn auch nicht aus dem Kulturbudget, zeigt das Beispiel doch, wie leicht Gelder in vom LR präferierte Projekte fließen. Stete Kritik in den Wind geschlagen, kostete der Versuch Beta Lab die Steiermark 1,2 Millionen Euro (siehe Weibel, die Wirtschaft mit Geld überfluten) bei einer Jahresmiete von 160.000 Euro für die 730 Quadratmeter im „Designhighlight“ MP09, genannt Der schwarze Panther.(www.graztourismus.at/cms/beitrag/10154481/2871572)

„Buchmann, dessen Name auf dem Projekt klebt, will reinen Tisch machen: ‘Ich habe den Aufsichtsrat mit der Evaluierung beauftragt. Dann entscheiden wir, wie es weitergeht.’“ (G7/Die Stadtzeitung, 22.01.2012, Das Design-Debakel)

Und im Interview dazu sagt der LR lakonisch: „Wenn es keinen Nutzen bringt, stellen wir es ein.“ (G7/Die Stadtzeitung, 22.01.2012, Das Design-Debakel) Von Sparen war in diesem Zusammenhang jedoch nie die Rede und was weg ist, kann ohnehin nicht eingespart werden.

An der Titelehre City of Design hatte auch Christian Buchmann seinen Anteil:

„6.5 Millionen Euro Steuergeld stecken in der City-of-Design-Trägergesellschaft. Die EU gewährte vom erhofften 2,5-Millionen-Anteil keinen Cent. Knapp ein Jahr nach der Titelverleihung wird am Projekt Kritik und der Ruf nach mehr Kontrolle laut. …
Wochen vor dem ersten Geburtstag der Design-City bröckelt es nicht nur an der Fassade der von Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) initiierten Designer-Kaderschmiede Beta Lab, … auch bei der Trägergesellschaft des Leitprojekts City of Design, der [sic.] Creative Industries Styria (CIS), tut sich eine Baustelle auf. … Laut EU nicht förderungswürdig. … Die Netzwerkarbeit in der Kreativbranche und die Auslandsreisen der Creative-Industries-Truppe sowie von Politikern von Istanbul über Shanghai bis Seoul nimmt man daheim nicht wahr. …
Dass Design in der städtischen Agenda noch nicht ganz oben steht, weiß [Eberhard] Schrempf jetzt: ‘Ich habe versucht, der Politik klar zu machen, dass wir mehr Geld und Finanzierungssicherheit brauchen, wenn die City of Design Fahrt aufnehmen soll.’“ (G7/Die Stadtzeitung, 29.01.2012, Design oder nicht sein?)

Mit Tante Jolesch möchte man hoffen, dass hier, spät aber doch, jemand „abhütet“. Bürgermeister Nagl (ÖVP) ist da anderer Meinung: „Ja, wir müssen die Mittel aufstocken.“
Und: „Buchmann, Motor hinter der Titelwerbung, entlässt das Kind in die Obhut des Rathauses: ‘Ich wünsche mir, dass die Stadt aus dem Titel nun etwas macht.’“ (G7/Die Stadtzeitung, 29.01.2012, Design oder nicht sein?)

Inzwischen moniert auch der Rechnungshof, dass bei allem geflossenen Geld weder Effekte noch Ziele zu verzeichnen sind.

Wozu nun all das Geraunze?
Mit der avisierten Gesetzesänderung entledigt sich Christian Buchmann beratender Gremien. Mit Besetzung des Landeskulturamtes durch seinen Büroleiter ist abzusehen, wessen Stimme in kulturellen Belangen die maßgebliche sein wird. Mit der Neuordnung zur Vergabe langfristiger Förderverträge wird unter Auspizien des Sparens die Zahl der Geförderten sinken. Die Umgangsformen, Zynismen und Diffamierungen sonder Zahl des Landeskulturreferenten gegenüber Kulturschaffenden sind unwürdig. Immer wieder Behauptungen, für diverse Kulturbelange nicht zuständig zu sein, kein erkennbarer Einsatz zur Verbesserung der Situation der Kulturschaffenden und fehlende Diskussions- bzw. auch nur Kompromissbereitschaft charakterisieren diesen Landesrat.

Kommentar eines Kunsthistorikers in der Kleinen Zeitung (27.02.12): „Die Politik sollte sich für die Kultur ‘Fachleute’ leisten und sie nicht so nebenbei mit der Wirtschaft betreuen.“

Verfasser/in:
Wenzel Mracek, kommentierter Pressespiegel
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+