Die gebürtige Steirerin Ulli Gladik führt in ihrer Dokumentation global shopping village – Endstation Kaufrausch den Zuseher in eine bauliche Manifestation einer kapitalistischen „immer mehr – Spirale“. Sie bittet Architekten, Shoppingcenter-Entwickler und Kritiker vor die Kamera und versucht in unaufgeregten Bildern Entstehungsvoraussetzungen, Handlungsstrategien und Auswirkungen von Shoppingcentern auf die Spur zu kommen.
Neben Standorten in Deutschland und Kroatien werden auch österreichische und mit speziellem Steiermarkbezug, die Arena Fohnsdorf, beleuchtet. Die Regisseurin untersucht exemplarisch die Auswirkungen der Arena auf die umliegenden Ortschaften. Das Ortskernsterben, die Abwanderung aus Stadtzentren sind europäische Tatsachen. Der Film ergründet unter anderem den Beitrag von Einkaufszentren zu diesem Phänomen.
Kein sozioökonomisches Problem kann auf eine simple Ursache reduziert werden, jedoch wird der Einfluss dieser riesigen Einkaufstempel selbst von den zu Wort kommenden Entwicklern nicht bestritten – lediglich einige Lokalpolitiker scheinen immer noch nicht begriffen zu haben. Am Beispiel Fohnsdorf wird ersichtlich, dass die Verantwortung in einem neoliberalen Wirtschaftssystem schwerlich den Entwicklern und Betreibern gegeben werden kann. Sie treten in ihrer Argumentation und ihrem Habitus ähnlich jenen CEOs und Managern auf, die bereits aus Filmen wie Erwin Wagenhofers Let’s make Money und We feed the World bekannt sind. Teils sogar reflektiert, erzählen sie von ihrem Streben in einem System, das auf stetigem Wachstum beruht – Stillstand bedeutet Konkurs.
Symptomatischerweise zeichnet sich die Raumplanung im Film durch Abwesenheit aus – nicht einmal eine schriftliche Stellungnahme konnte erreicht werden – und auch in Fohnsdorf wird ein Versagen derselben nachgewiesen. Die Werkzeuge der Raumplanung greifen hier schlecht und können durch findige Juristen zu leicht ausgehebelt werden. Bei Verkaufsflächen von 50.000 Quadratmetern und mehr steht der Einflussbereich eines Shoppingcenters in keinem Vergleich mehr zur Größe der Verwaltungseinheiten. Als Resultat kämpfen Gemeindepolitiker geradezu darum, Standorte in ihrem Gebiet zu ermöglichen. Eine "Kathedrale des Konsums" in der Nachbargemeinde hätte durch das große Einzugsgebiet dieselben negativen Auswirkungen auf das eigene Ortszentrum, von der Wertschöpfung würden nur die Nachbarn profitieren.
Die Arena ist längst zum Zentrum des Bezirks Murtal avanciert, junge Menschen behaupten sogar, dort wohnen zu wollen und die Betreiber denken ernsthaft über Wohnbau im Einkaufszentrum nach. Auch wenn eine räumliche Verlagerung eines Siedlungszentrums nicht unbedingt negativ zu sehen ist, so ist doch offensichtlich, dass diese Strategie zu einer vollkommenen Privatisierung von „Stadt“ in den Händen Weniger führt.
Ein weiterer Schwerpunkt des Films liegt auf jenen Jahren um 2008, in denen die Wirtschaftskrise den, auch in dieser Branche boomenden, Ostgeschäften einen herben Schlag versetzte. Eine Phase des Nachdenkens setzte ein, Konzepte wurden leicht abgeändert, doch das Grundsystem der Kapitalvermehrung blieb erhalten und die Entwickler entwickeln weiter.
Der Film besticht teils durch skurril anmutende Aufnahmen, jedoch verzichtet er weitgehend auf die wohl eindrucksvollsten Bilder – jene von leerstehenden, nicht mehr gebrauchten, unrentablen Shoppingarchitekturen. Um ein umfassendes Bild der Problematik zu zeichnen, hätte auch dieses Thema Eingang finden müssen. Der Wahnsinn des Systems zeigt sich am offensichtlichsten, wenn den Betreibern eines großen, beinahe leerstehenden, im Sommer in den Medien gewesenen Shoppingcenters in Oberösterreich als Strategie für die Ruine nur mehr einfällt: „Wir werden es [...] um 14.000 Quadratmeter Verkaufsfläche ausbauen.“ (s. Link 1)