15/01/2011
15/01/2011

Bildquelle: Stadtbaudirektion Graz

Die Reininghausgründe im Westen von Graz

Auf Antrag von 14 GemeinderätInnen der Oppositionsparteien BZÖ, FPÖ, KPÖ, SPÖ und dem parteilosen Mandatar Mariacher trat der Gemeinderat am Donnerstag, dem 13. Jänner 2011, zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um unter anderem über die Zukunft der Reininghausgründe zu beraten.

In diesem Rahmen übergab SPÖ-Stadtrat Karl-Heinz Herper dem Grazer Bürgermeister Siegfied Nagl einen gemeinsamen Forderungskatalog von BZÖ, FPÖ, KPÖ, SPÖ und dem parteilosen Mandatar Mariacher. Die Oppositionsparteien wollen künftig in alle Geschehnisse rund in Sachen Reininghaus eingebunden werden. Stadträtin Kahr betonte, dass es um die Information des Gemeinderates und der Öffentlichkeit über die neue Situation rund um Reininghaus gehe und darum, dass alle Kräfte ihre Vorschläge einbringen können. "Uns geht es um die Sache: Wie kann eine soziale und ökologische Stadtentwicklung in Gang gesetzt werden?", so Kahr. Und weiter: "Wir sehen die jetzige Entwicklung sehr nüchtern. Ein privater Investor kauft das Areal, es gibt noch keine Anzeichen auf Filetierung. Der im Februar 2010 einstimmig beschlossene Rahmenplan ist die Grundlage, um die Interessen der Stadt durchzusetzen. Darin sind auch Pläne für kommunalen Wohnbau enthalten. Mein Appell an den neuen Eigentümer: Er könnte auch in Graz ein soziales Gesicht zeigen und Grundstücke für den sozialen Wohnbau kostengünstig zur Verfügung stellen!"

Die SPÖ fordert einen Sonderausschuss, der das Projekt künftig begleiten soll. Dieser Ausschuss gewährleiste breite politische Mitwirkungsmöglichkeit und völlige Transparenz, die Einbindung von AnrainerInnen und BezirksvertreterInnen, damit zukunftsorientierte Stadtteilentwicklung möglich sei. Abschließend stellte Herper eine Reihe von Fragen in den Raum: Gelte der beschlossene Rahmenplan, ein Attraktivierungsprogramm für den Westen, noch? Sind Verkehrs-, Grün-, Freiflächen und Flächen für den kommunalen Wohnbau gesichert? Wurde der neue Investor von der Stadt über den Rahmenplan in Kenntnis gesetzt? Fließt dieser Rahmenplan 1:1 in den Flächenwidmungsplan oder muss er nochmals mit dem Liegenschaftseigentümer überarbeitet werden? Soll Reininghaus noch immer ein energieautarker Stadtteil werden?
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Stadtbaudirektor Mag. DI Bertram Werle stellte in seinem Referat die bisherigen Entwicklungsschritte der vergangenen fünf Jahre sowie die nächsten Schritte zur Entwicklung des Reininghaus-Areals vor. Im Jahr 2005 verkaufte die Brau-Union das nicht mehr benötigte Areal an das Unternehmen Asset-One. Gemeinsam mit den zuständigen Stellen der Stadt wurde ein Rahmenplan als konzeptive Grundlage erstellt, der am 25. Februar 2010 einstimmig im Grazer Gemeinderat beschlossen wurde. Er teilt das Gebiet in 20 Stadtquartiere ein und gliedert das Areal weiters in öffentliche Grünräume und Verkehrsflächen. Um eine nachhaltige Strategie der Stadtentwicklung anzupeilen, wurden bereits diverse Förderungsprogramme in Anspruch genommen. Die nächsten Meilensteine laut DI Werle: Anpassung des neuen 4.0 Stadtentwicklungskonzeptes und in Folge Abänderung des Flächenwidmungsplans und Festlegung der Bebauungsplanpflicht. Dann beginnen die Wettbewerbsverfahren als Grundlage für die konkrete Bebauungsplanung.
Chance auf ein adäquates, zeitgenössisches Stadtmodell

Der neue Leiter des Stadtplanungsamtes, DI Arch. Heinz Schöttli, ergriff als nächster das Wort: 60 Prozent der Weltbevölkerung leben in Städten, die Zahl wird noch zunehmen. Deshalb seien Prozesse der Stadtplanung und -entwicklung besonders wichtig; viele Aspekte seien einzubeziehen. Leitbild sei die "Null-Emissions-Stadt". Es gelte, ausgehend vom Ist-Zustand die Vision einer "Lebenswerten Stadt" zu erfüllen. Schöttli berichtete von der Komplexität und Dichte von Stadtquartieren und der Sicherstellung deren funktionellen Qualität. Autofreie Quartiere mit Sammelgaragen und minimalem Lärm seien Dank der Fortschritte von Forschung und Industrie möglich. "Trotz aller Bedenken ist das eine große Chance, ein adäquates, zeitgenössisches Stadtmodell zu entwickeln. Die inhaltlichen Ressourcen sind im Haus Graz vorhanden, um ein Stück Stadt in guter Weise zu entwickeln", so Schöttli.

Erneutes Zögern bei der vereinten Opposition ortete Stadtrat DI Dr. Gerhard Rüsch und ging auf seine VorrednerInnen ein. Parallelverhandlungen waren durch Asset-One jederzeit möglich, das sei bekannt gewesen, es hätte nie ein Exklusiv-Recht für die Stadt gegeben, so Stadtrat gerhard Rüsch. Zur Frage der Finanzierung: 106 Millionen Euro seien für den Infrastrukturausbau in den nächsten zehn Jahren geplant. Durch drei Punkte werde die finanzielle Situation für die Stadt jetzt schlechter: Ein privater Investor habe höhere Finanzierungskosten, er will Gewinne erzielen - warum solle er der Stadt billige Grundstücke geben? - und er will in sechs bis acht Jahren das Areal entwickeln, macht also Druck auf die Stadt.
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Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl zeigte sich voller Freude und Optimismus: "Die Idee Reininghaus lebt! Ich habe eine Riesenfreude, dass wir gemeinsam die Vision, den Traum entwickelt haben, um der ganzen Welt zu zeigen, dass in Graz vorausschauend gedacht wird. Es geht nicht nur ums Bebauen von noch freien Flächen, es geht darum, dass wir die erste österreichische Stadt sind, die sagt: Das Areal lassen wir uns nicht zerwürfeln, wir entwickeln einen urbanen Stadtteil mit dem Ziel Zero-Emission. Ich bin für die Grazer Stadtentwicklung zuständig und denke mit den Beamten ganz klar nach vorne. Was passiert, wenn - wie in den letzten Jahren - weitere 30.000 EinwohnerInnen mehr nach Graz kommen? Wir können die ganze Kraft der Stadtentwicklung für Reininghaus einsetzen und ich bin sehr froh, dass wieder eine Chance für die Stadt eingetreten ist."

Auf die Vorwürfe der Opposition antwortete der Bürgermeister: "Wir haben als Schwarz-Grüne Koalition nicht aus Jux gesagt, wir riskieren selbst und kaufen das Areal. Wenn wir es nicht kaufen, verzichten wir auf Aufwertungsgewinne, die wir bereits einberechnet hatten. Diese Geschichte ist futsch. Ja, ich wurde auch durch den neuen Investor überrascht. Asset-One hat Reininghaus wachgeküsst, jetzt hängt es von uns ab, ob die Idee den Bach hinuntergeht oder nicht. Dr. Fernando hat klar gesagt: Er ist hier, um zu helfen und umzusetzen, was wir uns wünschen. Der Investor spielt in einer tollen Liga, er hat in Linz ein Viertel entwickelt, er hat in Salzburg große Projekte oder auch in Berlin das Projekt am Potsdamer Platz errichtet. Jetzt müssen wir mit ihm gut umgehen. Da werden wir gefordert sein!"
Den Forderungskatalog, so Nagl weiter, werde er gerne erfüllen. Der Unterausschuss werde in einen Ausschuss umgewandelt, der planerische und finanzielle Aspekte umfassen und mehrere Jahre arbeiten soll. Der Bürgermeister abschließend

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