Arthur Zelger und das Grafikdesign in Tirol
Grafikdesign wird zwar viel gesehen, aber selten gezeigt. Das gilt umso mehr für Tirol, wo es für diesen wichtigen Zweig angewandter Gestaltung gegenwärtig nicht einmal universitäre Ausbildungsangebote gibt. Dabei formen Grafikdesigner mit ihren Linien, Farben, Logos, Schriften und Bildern ein Land wahrscheinlich ebenso wie Wind und Wetter … ein Klimaphänomen der besonderen Art, das eine grafische Landschaft schafft, die im Kopf der Betrachter entsteht.
Mit der Ausstellung Ikonen und Eintagsfliegen. Arthur Zelger und das Grafikdesign in Tirol zeigt das Innsbrucker Forum für visuelle Gestaltung Wei Sraum ab Dezember im aut. architektur und tirol erstmals eine Schau zum Tiroler Grafikdesign von 1950 bis heute.
Im Mittelpunkt steht dabei Tirols wohl bekanntester Grafiker, Arthur Zelger. Ausgebildet im Wien der 1930er-Jahre, prägte er das Grafikdesign in Tirol nach 1945. Seine Arbeiten und noch nie gezeigte Skizzen und Entwürfe eröffnen einen faszinierenden Blick hinter die Kulissen grafischer Arbeit. Sie erzählen die Entstehungsgeschichte von Plakaten und Logos nach, die zu Ikonen wurden – obwohl sie eigentlich nie mehr sein wollten als Eintagsfliegen, wie es Zelger selbst in einem späten Interview ausdrückte.
Arthur Zelger (1914–2004) und Zeitgenossen
Seine Arbeiten werden begleitet von jenen weiterer bedeutender Gestalter des Landes: seinen Vorläufern ebenso wie jenen von Zeitgenossen, unter ihnen Ernst Insam, Maria Rehm, Gustav Sonnewend oder Helmut Benko. Beispiele herausragender grafischer Arbeiten bis herauf in die Gegenwart runden die Ausstellung ab. Sie skizziert damit eine Geschichte des Tiroler Grafikdesigns und setzt sie in Beziehung zu Entwicklungen in der unmittelbaren Nachbarschaft: der Schweizer Grafik, der Mailänder Designszene, der Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm – dort entstand in den 1950er-Jahren jenes Grafikdesign, das selbst heute noch als modern gilt.
Aber was macht diese Grafik modern? Und welche Spuren finden sich darin im Tiroler Grafikdesign? Wie ist die «moderne» Tourismuswerbung in Tirol entstanden? Wie wird darin eine Landschaft durch Abstraktion zu einem «Image»? Welche Menschenbilder werden – bewusst oder unbewusst – konstruiert? Wie wird bei einem Logo Schrift zu einem Bild? Was bedeutet der Wandel vom Künstlerplakat hin zu systematischen grafischen Erscheinungsbildern der Gegenwart?
Die Ausstellung wirft spannende Fragen auf und unternimmt erstmals in Tirol den Versuch, grafische Gestaltung aus einer kulturgeschichtlichen Perspektive zu betrachten und damit eine Skizze zu Geschichte und Gegenwart des Tiroler Grafikdesigns zu entwerfen. Und natürlich versucht sie, diese sprichwörtlich augenfällige Thematik in genussvoller Weise ins Bild zu setzen – in der Ausstellung ebenso wie in dem sie begleitenden Katalog.
2014 ist der hundertste Geburtstag und zugleich der zehnte Todestag von Arthur Zelger (1914–2004). Sein Nachlass wurde für diese Ausstellung von der Designforscherin Anita Kern umfassend aufgearbeitet und im Kontext seiner Herkunft und Wirkung bewertet. Zelger, dessen Arbeit stark vom wohl wichtigsten Ahnherrn im Österreichischen Grafikdesign, Joseph Binder (1898–1972), inspiriert wurde, steht prototypisch für die im 20. Jahrhundert stark mit einzelnen Persönlichkeiten verbundene Auffassung von Grafikdesign, die sich auch in Tirol nachverfolgen lässt.
Kunst und Handwerk waren die Basis für eine neue, gerade im entstehen begriffene Form angewandter Gestaltung, wobei die Grenzen zwischen Kunst und Gebrauchsgrafik fließend waren und viele im Bereich der touristischen Werbung in Tirol Arbeit fanden: Alfons Walde, Ernst Insam, Maria Rehm, Reinhard Gruber, Heinrich C. Berran, Viktor Herzner, Helmut Benko und noch manche andere – ihre Namen sind heute in Tirol kaum mehr einem größeren Publikum bekannt. Die Ausstellung möchte das wenigstens in Ansätzen ändern. Es geht um eine Aufarbeitung der Geschichte des Grafikdesigns in Tirol, die in Erinnerung ruft, dass selbst ein scheinbar so ephemeres Phänomen eine überaus interessante und wirkungsvolle Geschichte hat.
Projektinitiator und -träger: Wei Sraum. Forum für visuelle Gestaltung Innsbruck, das seit dem Jahr 2005 mit Vorträgen und Workshops dazu beiträgt, das Bewusstsein für visuelle Gestaltung in Innsbruck und Tirol zu schärfen und einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.
Eröffnung: 04. Dezember 2014, 19:00 Uhr