Unzweifelhaft gilt: Wenn ab 1. September in den nächsten knapp 2,5 Jahren (bis Ende 2026) in der Steiermark durch Bund und Land rund 300 Millionen in die Schaffung und Sanierung von Wohnraum investiert werden sollen, so tönt das nach viel. Dabei drängt sich naturgemäß sofort die Frage nach dem Vergleich mit den jährlichen Landesausgaben für die unterschiedlichsten Wohnraum-Förderungen auf, die es schon bis dato gegeben hat. Wieviel mehr ist das? Und: An welche Bedingungen ist das Wohnbaupaket geknüpft, das ja nicht vom Land Steiermark finanziert wird, sondern den Ländern vom Bund zugeteilt wird? In einem Bericht des Bundeskanzleramts vom Februar 2024 heißt es:
Die Bundesregierung setzt nun gezielte Maßnahmen, um die Bautätigkeit für ökologischen, qualitativ hochwertigen Wohnbau zu erhöhen, leistbare Miet- und auch Eigentumswohnungen zu schaffen und damit der österreichischen Bauwirtschaft durch die Krise zu helfen. Im Zentrum des Pakets steht 1 Milliarde Euro für den gemeinnützigen Sektor. Mit diesem Paket können ungefähr 20.000 Wohnungen realisiert und ca. 5000 Wohnungen saniert werden. Das ergibt neu geschaffenen Wohnraum für ca. 44.000 Menschen.
Die Steiermark hat sich zum Ziel gesetzt, das Maximum, das der Bund zur Verfügung stellt, abzuholen (Verteilung nach Bevölkerungsschlüssel) und in den nächsten zweieinhalb Jahren rund 5500 neue Miet- und Eigentumswohnungen zu fördern. Laut „Standard“ ist eine Auflage des Bundes zur Freigabe des Geldes an das jeweilige Bundesland, dass der Durchschnitt der Förderzusicherungen der Jahre 2022 und 2023 übertroffen werden muss. Laut Förderungsberichten des Landes Steiermark liegt dieser Durchschnittswert hierzulande bei 525 Wohneinheiten (648 geförderte Wohneinheiten 2022 und 401 im Jahr 2023).
Damit hat sich die Steiermark ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, bedeutet das doch, dass pro Jahr ca. 2.200 Wohnungen gefördert werden sollen. Diese Größenordnung wurde nicht einmal in konjunkturell „guten“ Jahren erreicht, als rund 1100 Wohneinheiten durch Darlehen gefördert wurden (Lt. Wohnbaubericht 2006).
In Summe werden die genannten 300 Millionen für unterschiedliche Förderungen ausgeschüttet, die zum überwiegenden Teil seit langem bestehen. Dazu gehört neben der Wohnbauförderung im Geschoßbau die Kleine Sanierung wie die Umfassende Sanierung und die Eigenheimförderung. Dass weiterhin der Neubau im Einfamilienhausbau gefördert wird (bis 200.00 Euro) macht deutlich, dass es dem Land Steiermark hierbei nicht in erster Linie darum geht, Umweltschutzmaßnahmen zu fördern wie die dringend notwendige Reduktion von Bodenversiegelung und Zersiedelung, sondern die derzeit marode Bauwirtschaft anzukurbeln. Intendiert ist damit wohl auch, „Wahlzuckerl“ für die bevorstehende Landtagswahl zu verteilen. Fairerweise muss gesagt werden, dass die Eigenheimförderung wesentlich erweitert wird: auf den Kauf und die anschließende Sanierung von Bestand, auf den Umbau von Einfamilienhäusern in zwei Wohneinheiten. Einfamilienhäuser können so nach einem Generationenwechsel mit neuem Leben gefüllt und Abbruch oder Leerstand vermieden werden. Dass dabei „bodenschonende und ökologische Maßnahmen bevorzugt gefördert werden“ und besonders begünstigte Darlehen über 30 Jahre mit gestaffelten, anfangs sehr niedrigen Zinsen von 0,25 Prozent ausgeschüttet, ist als nachhaltige Maßnahme die richtige Antwort auf Bodenschonung, Klimakrise und den aktuellen Konjunktureinbruch.
Detailliert und differenziert sind die Förderungen für thermische Sanierung. Es beginnt mit einer „Sanierung für Alle“, die bei genauer Betrachtung eine thermische Sanierung von Ein- und Zweifamilienhäusern für einkommensschwache Haushalte ist. Ersetzt werden bis zu 100 Prozent der förderungsfähigen Kosten. Die „Umfassende energetische Sanierung“ unterscheidet sich von ersterer dadurch, dass neben der thermischen Sanierung auch die „Verbesserung des energetisch relevanten Haustechniksystems unter Nutzung alternativer Energieformen“ und in Summe mindestens drei Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Wer bekommt die Förderung? Mieter:innen und Eigentümer:innen eines Gebäudes oder einer Wohnung! Das ist innerhalb eines Mehrparteienhauses einfacher vorstellbar, seit für Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten nur mehr eine qualifizierte Mehrheit und nicht mehr die Einwilligung aller Bewohner:innen notwendig ist. Die Förderung "Thermische Sanierung" im gemeinnützigen Wohnbau zielt wohl in erster Linie darauf ab, die Energiekosten in älteren Wohnhäusern zu senken (und den Bausektor zu unterstützen), wird vermutlich aber nicht dazu führen, die Entwicklung und Verwendung neuer, umweltverträglicherer Dämmmaßnahmen zu fördern. Styropor bleibt umweltschädlich und keinesfalls nachhaltig.
Ein erklärungsbedürftiger Widerspruch ergibt sich aus der Tatsache, dass alle Sanierungsmodelle auf die Erhaltung und Verbesserung des Bestands abzielen, während gleich im nächsten Kapitel der Broschüre als Fördermodell die "Assanierung" aufgeschlüsselt wird. Wissen Sie, was Assanierung ist? Ich wusste es nicht, hätte jedoch nie vermutet, dass in der Wortbedeutung auch das „weitgehende Ersetzen eines bestehenden Gebäudes am selben Standort“ enthalten ist und auch der Ersatz durch einen „kompletten Neubau“ gefördert wird. Man beachte: „Die maximal geförderte Nutzfläche darf das Fünffache der Bestandsnutzfläche im Allgemeinen nicht überschreiten“ (siehe Kapitel Assanierung, Seite 30). Förderungsberechtigte sind Eigentümer:innen oder Bauberechtigte, also Immobilienentwickler. Vorgelegt werden muss ein Amtsgutachten, das „die Assanierung im Interesse der Entwicklung des Wohnumfeldes“ bestätigt. Schwant Ihnen, was mir klar wurde, als ich genau wissen wollte, was Assanierung bedeutet?
Positiv vermerkt werden kann die Landesförderung zum Heizungstausch zusätzlich zu der Bundesförderung „Raus aus Öl und Gas“, weiters die Förderung von Photovoltaikanlagen (wobei die Einspeisung ins allgemeine Netz wohl auch reformiert, sprich aufgewertet werden müsste) und der Handwerkerbonus als Bundesförderung. Vom Land werden Ortskernbelebung und Revitalisierung gefördert und die individuelle Energieberatung des Landes, die großteils refundiert werden wird. Eintragungsgebühren fallen generell weg, weil der Bund diese Erleichterung in seiner Initiative festgeschrieben hat.
Dass der noch regierenden steirischen Landeskoalition die Wohnbauoffensive des Bundes „wie gerufen“ kam, ist vor dem Hintergrund der Wahl am 24. November nachvollziehbar. Demnach ist die Steiermark aktuell das erste Bundesland, das – gut vorbereitet, Hut ab! – eine breite Palette an verständlich erklärten Förderungen in der übersichtlich layoutierten Broschüre vorlegt. Das rasche Handeln der Steiermark hat vermutlich auch jenen Unsinn verhindert, den die schwarz-blaue Landesregierung in Salzburg zu ihren Förderungsmaßnahmen lanciert hat (Oktober 2024). Dort hat sich laut ORF Salzburg die Landeshauptmann-Stellvertreterin der FPÖ nicht nur für einen starken Fokus auf die Förderung von Eigenheimen ausgesprochen, weil ein Eigenheim „Unabhängigkeit“ bedeute, sie hat auch angekündigt, dass in Salzburg ausreichende Deutschkenntnisse ein Vergabekriterium für eine geförderte Wohnung sein werden, „denn eine geförderte Wohnung ist die teuerste Sozialleistung“. Tja, da werden Letztere wohl Deutsch büffeln müssen, während Erstere, Frau Svazek, an ihrem maßlos überbordenden Selbstbewusstsein als fachlich versierte Politikerin feilen sollte.