27/04/2012
27/04/2012

SIEGERPROJEKT, Schaubild Eingangsbereich BesucherInnenzentrum. Planung: Arch. DI Ferdinand Certov, Graz

SIEGERPROJEKT, Schaubild Sport- und Schießanlage. Planung: Arch. DI Ferdinand Certov, Graz

SIEGERPROJEKT, Lageplan. Planung: Arch. DI Ferdinand Certov, Graz

SIEGERPROJEKT, Schaubild BesucherInnenzentrum. Planung: Arch. DI Ferdinand Certov, Graz

SIEGERPROJEKT, Westansicht BesucherInnenzentrum. Planung: Arch. DI Ferdinand Certov, Graz

Architekt Ferdinand Certov aus Graz konnte mit seinem Entwurf den von der Bundes Immobilien Gesellschaft ausgelobten, EU-weiten, offenen Realisierungswettbewerb zur Erlangung von baukünstlerischen Vorentwurfskonzepten für den Neubau eines BesucherInnenzentrums und einer Sport - und Schießanlage in der Justizanstalt Karlau in Graz für sich entscheiden. Juryvorsitzende war die Grazer Architektin Danijela Gojic.

Die weitere Reihung:
2. Rang: Arch. DI Roland Winkler, Klagenfurt
3. Rang: Arch. DI Georg Eder, Graz
Anerkennung (Nachrücker Rang): Zdouc/Kern Architekten, Wien
Anerkennung: Arch DI Josef Hohensinn, Graz
Anerkennung: ARGE Arch. DI Anton Mariacher, Arch. DI Werner Schwarzenbacher, Graz
Nachrücker Anerkennung: Bergwerk Architekten ZT GmbH, Graz

Bauhistorisches:
Die im Renaissancestil erbaute und wertvoll ausgestattete Sommerresidenz von Erzherzog Karl II erhielt noch während der Bauzeit 1584-1590 den Namen KARL–AU. 1769 ließ Kaiserin Maria Theresia das Gebäude erstmals als Arbeitshaus für „müßiges und faules Gesinde“ verwenden. Unter Kaiser Joseph II. wurden dort französische Kriegsgefangene untergebracht. Mit der Einführung des Strafgesetzes wurde es 1803 zum Provinzialstrafhaus für Frauen und Männer bis zu einer Strafe von 10 Jahren. Im Jahre 1805 wanderten die in der Zitadelle und den Kasematten des Grazer Schloßberges verwahrten Schwerverbrecher in das Strafhaus Karlau. 1820 wurde erstmals ein zweistöckiger Zubau in westlicher Richtung an das Schloss angefügt. Nach den Kriterien der Gefängnisarchitektur des 19. Jahrhunderts entstand weiter ein Zellengefängnis, dessen drei Flügel in einem Achsenkreuz zusammen laufen, mit einem oktogonalen Zentralturm. Die gegen Ende des 2.Weltkrieges zweimal schwer bombardierte Anlage erfuhr bis heute immer wieder Adaptierungen und Modernisierungen. 1991 wurde in der Strafvollzugsanstalt Graz die erste Außenstelle der Justizwacheschule eingerichtet. Die seit 1993 unter dem Namen „Justizanstalt Graz-Karlau“ geführte Anlage ist die zweitgrößte Justizanstalt Österreichs. Sie dient heute dem Vollzug von Freiheitsstrafen an männlichen Gefangenen mit einer Strafzeit von über 18 Monaten bis lebenslang.

Das Areal der Anstalt beträgt inklusive der vorgelagerten Personalhäuser und Vorgärten ca. 67.500 m². In den Unterkünften, bestehend aus 260 Einzel- und Gemeinschaftshafträumen können 470 Insassen untergebracht werden.

Beschreibung des Siegerprojektes:

_ BesucherInnenzentrum
Das BesucherInnenzentrum ist als kompakter Baukörper zwischen dem Schlossgebäude und dem Verwaltungsgebäude situiert und mit diesen durch verglaste Gänge verbunden. Auf einem zwischen zwei Gebäude und Gefängnismauern eingezäunten Bauplatz entsteht als Reaktion auf die Massivität des Bestandes ein Gebäude in einer leichten und offenen Bauweise. Innen ist das Gebäude lichtdurchflutet, Einblicke vom Schloss- und Verwaltungsgebäude in das BesucherInnenzentrum sind ausgeschlossen. Der Anschluss zum Schlossgebäude erfolgt außerhalb des denkmalgeschützten Tores (Glaskonstruktion). Das Volumen des kompakten Baukörpers wird sehr gering gehalten, sodass die geplanten Zugänge bzw. Anlieferungen und Zufahrten optimiert werden können.
Die Wegeführung im Inneren ist durch die konsequente Trennung der Funktionen kreuzungsfrei. Durch unterschiedliche Ausformung der Wege – Verbreiterungen etc. – entstehen attraktive Räume und Verweilbereiche.
Die Gestaltung der Fassade ermöglicht eine durchgehende natürliche Belichtung der Räume und Ausblicke ins Freie, ohne jedoch Einblicke von außen zu gewähren. Grüne Fassadenlamellen (punktuell Rottöne) verstärken die positive Raumstimmung. Die Wechselwirkung der Belichtung von außen über Fassadenöffnungen und über Oberlichten schafft qualitätsvolle und attraktive Innenräume. Wandgestaltungen aus Holz und Glas im Inneren des Gebäudes geben den Räumen eine helle und vertraute Atmosphäre. Die beiden Einheiten für Langzeitbesucher verfügen über großzügige Atrien.

_ Sport- und Schießanlage
Die Westfassade des kompakten Baukörpers ist exakt in der Flucht des bestehenden Gebäudes situiert, sodass beim Eingang ein geräumiger Vorplatz entsteht und sich das Gebäude zur Parkanlage hin öffnet.
Das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks ähnelt dem des BesucherInnenzentrums (Form und Fassade). Somit bilden die beiden Baukörper einerseits eine Einheit und treten andererseits durch ihre unterschiedlichen Standorte (BesucherInnenzentrum im Innenhof, Sport- und Schießanlage im Park) divergierend in Erscheinung.
Die Dächer werden extensiv begrünt.

„Durch die konsequente Weiterentwicklung des Entwurfs ergibt sich ein schlüssiges Gesamtprojekt, sowohl für das BesucherInnenzentrum als auch für die Sport‐ und Schießanlage. Sowohl der Anschluss an das Bestandsgebäude als auch die Ausformulierung der Fassade hinterlassen einen zurückhaltenden, spielerisch aufgelösten Baukörper. Dieser wirkt durch die Auflösung der Fassade – Unschärfe – neben den massiven Bestandsgebäuden leicht und immer veränderbar.“, liest man in der Beurteilung des Preisgerichts.

Die umfassenden Dokumentation des Verfahrens mit allen 46 TeilnehmerInnenbeiträgen finden Sie demnächst im WB-Portal der bAIK www.architekturwettbewerbe.at .

Verfasser/in:
Redaktion GAT, Graz Architektur Täglich
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+