12/08/2025

Jetzt ist es so weit: Erste Planungsleistungen für den Campus Althangrund sind in einem zweistufigen, offenen Wettbewerb ausgeschrieben. Unter anderem sind ein „städtebaulicher Masterplan zur Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und des Bebauungsplans“ zu leisten sowie „die fachliche Begleitung des Widmungsprozesses“. Außerdem umfasst, laut Absichtserklärung, die Leistung „einen Qualitäten-Katalog, der als Grundlage für die Sicherung von Qualitäten (Städtebau, Architektur und Freiraum) für die weiteren Planungsphasen dient.“

12/08/2025

Universitätszentrum Althanstraße, Wien 2017, Foto: Nxr-at, Ausschnitt: red. This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.

Der Campus Althangrund soll ein neuer, topmoderner Bildungscampus werden und gilt der Stadt Wien als Leuchtturmprojekt für klimafreundliches Bauen. Sie will den Fokus auf Kreislaufwirtschaft und „Klimareparatur“ des Areals legen. Umso brisanter, dass erst einmal der Bestand minimiert werden soll, bevor es an tausende Quadratmeter Neubau geht. Aber die Diskussion hatten wir schon, und der Gegenstand der Demontage der jetzt etwas mehr als 40 Jahre alten Megastruktur wird engagiert von verschiedenen Initiativen seit 2024 in vielen Facetten öffentlich thematisiert.

2023 hatte eine von mehreren Machbarkeitsstudien den Anteil der zu erhaltenden Bausubstanz mit etwa 40% bestimmt, ohne genauer zu definieren, was außer der Überdeckung des lokalen Bahnhofs noch zu den 40 % gehören könnte oder ob mit dem „Deckel", diese erschöpft sind. Die Stadt Wien formuliert dazu auf ihrer eigenen Webseite: „Auch wenn große Gebäude-Bereiche aus technischen Gründen abgebrochen werden müssen, können mindestens 40 Prozent der Tragstruktur weiterhin erhalten bleiben.“ Es „können" also. Welche Tragstruktur genau und was passiert mit den restlichen 60% der erwähnten Betonmassen? 
Mag sein, dass die BIG auf Druck öffentlicher Diskussionen in der nun herausgegebenen Ausschreibung den Grad der Wiederverwendung von Bausubstanz vage ließ. 

Ein Versuch, Verantwortungen auf einreichende Architektinnen und Architekten, Planerinnen und Planer zu verschieben? Oder ist das ein erster Erfolg auf dem Weg zu einem Umdenken im Fall der alten Wirtschaftsuniversität? Warum so zögerlich? Vielleicht ist mehr als 40% aufgrund von Raumprogrammvorstellungen nicht machbar? Die herzustellende Erdbebensicherheit wird noch einmal separat betont. Zum Thema Architekturwettbewerb und Kreislaufwirtschaft verfasst die Bundesimmobiliengesellschaft ein klares JEIN. Schreibt, dass „der teilweise Abbruch keine explizite Vorgabe für die Projektentwicklung bzw. den Wettbewerb“ ist. „Vorgegeben wird, dass 40 Prozent der gesamten Tragstruktur jedenfalls erhalten bleiben müssen.“ Das ist vorsichtig formuliert entmutigend, statt visionär.

Die Wettbewerbsjury wird entschiedener sein müssen. Die von der Ziviltechniker:innen Kammer Wien, Niederösterreich und Burgenland benannten Preisrichter*innen versprechen eine reflektierte Auseinandersetzung mit Kreislaufwirtschaft, Klimaanpassung und Bildungsbau. Mit Barbara Buser, vom „baubüro in situ ag“ aus der Schweiz, ist eine Reuse-Pionierin als Hauptfachpreisrichterin in der Jury. Sie steht dafür, Spuren zu erhalten, soziale Möglichkeitsräume zu schaffen und für einen umsichtigen Ressourcenumgang in eigenen Projekten. Die Wiener Architektin Hemma Fasch ist für universitäre Großbauprojekte bekannt und hat in Graz gerade den vollständigen Rückbau der Vorklinik für das Gebäude des Centers of Physics begleitet. Mit Architekt Wolfgang Feyferlik wurde ein Schulbauexperte benannt und auch mit Evelyn Rudnicki stellt die Kammer jemanden mit langjähriger Großprojekterfahrung auf. Unter den weiteren Fachpreisrichtern ist zudem Bernd Vlay, Mitverfasser der bereits genannten Machbarkeitsstudien von 2021 und 2023.

Das Programm ist also gesetzt, der Kostenrahmen gesteckt und die Studien geben den Fahrplan vor. Ein Teil der Wettbewerbsaufgabe ist es, „bestehende physische Barrieren“ zu beseitigen. Vorstudien zum Erhalt von „mehr als nur dem Plateau“ konnten sich bisher nicht durchsetzen. Konzepte und Argumente für eine schrittweise Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit aktuellen Nutzerinnen und Nutzern und Vertreterinnen und Vertretern aus den angrenzenden Stadtteilen mittels Transformation der gesamten Gebäudestruktur verhallen ebenso. Mit dem Wettbewerb sind abschätzbarere Antworten gesucht, um das Areal baulich zu adaptieren.

Es gibt überzeugende Argumente für eine Beteiligung am offenen zweistufigen Realisierungswettbewerb und es wird für einige ausreichend Gründe gegen eine Beteiligung geben. Die erste Runde ist angezählt.

Mehr Hintergründe gibt es beispielsweise hier:
>>> Ausschreibung auf www.architekturwettbewerb.at
>>> Download Informationen zu Campus Althangrund, Stadt Wien
>>> Informationen und Statement der BIG zum Projekt
>>> Zu jung zum sterben auf www.gat.news.  
>>> Allianz Alte WU
>>> House Europe 
>>> Leerstand nutzen! Forderungskatalog ig-architektur 
>>> BIG im Report-46 von Mies TV auf

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