09/02/2011
09/02/2011

Am 18.01.2011 wurde bei der Sitzung des steirischen Landtags der Landesrechnungshofbericht zum Thema „Honorare gemeinnütziger Wohnbauträger“, der vom Ausschuss "Kontrolle“ mit Antrag zur Kenntnisnahme eingebracht worden war, mehrheitlich angenommen.

Der Landesrechnungshof (LRH) führte zum oben angeführten Thema eine Querschnittsprüfung, betreffend die Honorare und Bauverwaltungskosten geförderter Geschoßbauvorhaben, durch. Erhoben wurde dabei, inwieweit die gesetzlichen Grundlagen, die „honorargrundlegenden Gebührenordnungen“ sowie die damit zusammenhängenden förderungsrelevanen Vorgaben erfüllt wurden und inwieweit die Aufsichtsbehörde ihre dementsprechende Verantwortung wahrgenommen hat (siehe auch "Zur Kenntnis genommen und damit vom Tisch gewischt?, www.gat.st, 19.01.2011).

Nachfolgend die Stellungnahme der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten:

Sehr geehrte Damen und Herren,
ergänzend zu unserem persönlichen Gespräch (mit GAT, Anm.), erlauben wir uns, Ihnen nachfolgend die Stellungnahme der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten zum vorliegenden Bericht des Landesrechnungshofes Steiermark über die Honorare Gemeinnütziger Wohnbauträger mitzuteilen:

Allgemeines
Vorausschickend wollen wir allgemein festhalten, dass sich die Ziviltechnikerkammer sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell intensiv mit dem Thema Wohnbau beschäftigt. Dabei geht es einerseits um die Sicherung bzw. Hebung der Qualität im geförderten Wohnbau, andererseits um eine aufwands-adäquate Honorierung der Leistungen unserer Mitglieder.

Wir haben es deshalb begrüßt, dass der Landesrechnungshof eine Prüfung der Honorare und Bauverwaltungskosten geförderter Geschoßbauvorhaben, die von Gemeinnützigen Wohnbauträgern errichtet werden, durchgeführt hat. Der vorliegende Bericht bestätigt weitgehend die Position der Ziviltechnikerkammer, weshalb wir ihn auch zum Anlass nehmen werden, unsere Initiativen gegenüber Land und Gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen zu intensivieren, um die Empfehlungen des Landesrechnungshofes in der Praxis umzusetzen. Im Wesentlichen geht es uns dabei um folgende Punkte:

Richtlinie für eine einheitliche Vorgangsweise
Der geförderte Wohnbau wird aus öffentlichen Mitteln finanziert, unterliegt jedoch in den meisten Fällen nicht dem öffentlichen Vergabegesetz. Um dennoch die erforderliche Transparenz bei der Abwicklung von geförderten Wohnbauvorhaben zu gewährleisten, ist es notwendig, im Wege von Gesetzen bzw. Verordnungen durch das Land einheitliche Richtlinien vorzugeben.

Qualitätssicherung durch einheitliche Leistungsstandards und Honorarregelungen
Wie der Landesrechnungshof selbst festgestellt hat, werden seitens der planenden Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker im geförderten Geschoßbau zum Teil sehr hohe Nachlässe gewährt. Dies ergibt sich einerseits durch die von den beauftragenden Wohnbauträgern geforderten Nachlässe auf die Honorarleitlinie für Architekten (HOA), andererseits jedoch auch dadurch, dass nur 84 % der förderbaren Baukosten statt der gesamten Errichtungskosten als Honorarbasis herangezogen werden dürfen.

Weiters ist zu beachten, dass im geförderten Wohnbau viele Zusatzleistungen verlangt werden, die über das Regelleistungsbild der HOA hinausgehen, jedoch nicht gesondert honoriert werden.
Deshalb gibt es bereits seit ca. einem Jahr Gespräche mit Land und Gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen, die erreichen sollen, ökologische Maßnahmen bei Wohnbauprojekten explizit zu fördern und künftig auch Ökopunkte honorarwirksam zu berücksichtigen.

Es wird notwendig sein, gemeinsam ein den aktuellen Anforderungen entsprechendes Leistungsbild und darauf aufbauend ein aufwandadäquates Honorierungsmodell auszuarbeiten. Damit kann auch gewährleistet werden, dass im Fall von Eigenleistungen durch die Gemeinnützigen Bauträger entsprechende Leistungsnachweise erbracht werden können bzw. müssen.

Gerade im Bereich der Statik/Tragwerksplanung kommt es, wie auch der Landesrechnungshof ausgeführt hat, zu enormen Honorarnachlässen. Hier ist vor allem die Frage der Qualität zu stellen bzw. zu hinterfragen, ob die ausgeschriebenen und/oder angebotenen Teilleistungen auch tatsächlich erbracht werden.
Die Kammer hat sich wiederholt darum bemüht, einen einheitlichen Mustervertrag für den geförderten Wohnbau zu verhandeln. Der Bericht des Landesrechnungshofes beweist, dass es aus unserer Sicht notwendig ist, dass seitens des Landes wieder in gewissen Umfang eine Regulierung erfolgt, um damit die erforderliche Transparenz und Nachvollziehbarkeit beim Einsatz von Fördergeldern zu gewährleisten.

Vier-Augen-Prinzip
Die Erbringung von Planungsleistungen sowie Leistungen der geschäftlichen Oberleitung und örtlichen Bauaufsicht durch Gemeinnützige Wohnbauvereinigungen wird von uns generell in Frage gestellt. Wir sprechen uns vielmehr im Sinn des Vier-Augen-Prinzips für eine klare Trennung von Bauherrnfunktion und Planungs- bzw. Bauaufsichtstätigkeiten aus, nicht zuletzt deshalb, weil dadurch in allen Bereichen eine effizientere Kontrolle und damit Qualitätssicherung verbunden ist. Auch kann damit vermieden werden, dass es zu Überschneidungen von Aufgaben der Bauverwaltung gemäß Entgeltrichtlinienverordnung (ERVO) mit jenen der Geschäftlichen Oberleitung gemäß HOA kommen kann, was auch vom Landesrechnungshof hinterfragt wurde.

Mit freundlichen Grüßen
Architekt DI Martin Gruber
Vorsitzender der Sektion Architekten

DI Thomas Eichholzer
Vorsitzender der Sektion Zivilingenieure

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