16/03/2011
16/03/2011

Arch. DI Martin Gruber, Vorsitzender der Sektion Architekten der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Stmk. + K

Unabhängig von der rechtlichen Frage, ob ein Planungsauftrag dem Vergabegesetz unterliegt, spricht sich die Sektion Architekten für die verpflichtende Einhaltung des Bundesvergabe-gesetzes als Voraussetzung für die Vergabe von Fördermitteln aus.

Aufgrund eines aktuellen Anlassfalles hat sich die Kammer mit der Frage beschäftigt, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Errichtung einer Therme durch eine Betreibergesellschaft dem Bundesvergabegesetz unterliegt.

Im Folgenden kurz das Ergebnis:
Zunächst ist zu klären, ob eine Errichtungs- bzw. Betreibergesellschaft als öffentliche Auftraggeberin anzusehen ist.
Öffentliche Auftraggebereigenschaft
Gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 2 Bundesvergabegesetz 2006 i.d.g.F. (BVergG) können neben Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden auch andere Einrichtungen als öffentliche AuftraggeberInnen angesehen werden. Diese Einrichtungen haben jedoch kumulativ folgende drei Voraussetzungen zu erfüllen:

Es muss sich um eine Einrichtung handeln, die
a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind, und
b) zumindest teilrechtsfähig ist und
c) überwiegend von einem Auftraggeber gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 1 BVergG oder anderen Einrichtungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Ziff. 2 BVergG finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von Auftraggebern gemäß Ziff. 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziff. 2 ernannt worden sind.

Jedem dieser Merkmale kommt dabei eine eigenständige Bedeutung zu, sodass die Kriterien auch einzeln zu überprüfen sind.
Zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind
Diesbezüglich gibt es keine Definition in den Vergaberichtlinien. Der Begriff Allgemeininteresse ist demnach je nach Mitgliedstaat unterschiedlich. Unter „im Allgemeininteresse liegende Aufgaben“ ist ein gewisser Kernbereich von Agenden zu verstehen, die im Interesse des Gemeinwohles vom Staat als Träger des Interesses der Gesamtheit besorgt wird.

Die Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe führt allerdings noch nicht per se zu einer Freistellung von Verpflichtungen der Vergaberichtlinie und des Bundesvergabegesetzes. Eine weitere Voraussetzung ist die Besorgung von „Aufgaben nicht gewerblicher Art“. Das Vorliegen eines entwickelten Wettbewerbes und insbesondere der Umstand, dass die betreffende Einrichtung auf dem betreffenden Markt im Wettbewerb steht, stellt ein Indiz dafür dar, dass es sich um eine Aufgabe gewerblicher Art handelt. Bei der Beurteilung dieses Kriteriums ist auf die Gesamtbetrachtung abzustellen.

Der EuGH hat besonders auf die Erbringung einer wirtschaftlicher Tätigkeit Bedacht genommen. Wichtig ist, ob die Einrichtung, auch wenn sie keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, doch gemäß ihrer Satzung nach Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien arbeitet.

Soferne kein Mechanismus zum Ausgleich etwaiger finanzieller Verluste durch die öffentliche Hand vorgesehen ist, und die Einrichtung selbst das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit trägt, spricht dies für die Wahrnehmung von Aufgaben gewerblicher Art.

Unter einer Einrichtung, die Aufgaben „gewerblicher Art“ besorgt, ist folglich eine Einrichtung zu verstehen, die in Konkurrenz mit privaten Wirtschaftstreibenden unter den gleichen Bedingungen wie diese am allgemeinen Wirtschaftsleben teilnimmt und das wirtschaftliche Risiko ihres Handelns trägt.
Zum anderen indiziert, wenn eine Einrichtung zum Beispiel wegen der Möglichkeit von staatlicher Finanzierung oder staatlichem Verlustausgleich (Ausfallshaftung) bei unbefriedigenden Geschäfts-ergebnissen das wirtschaftliche Risiko ihrer Entscheidungen nicht trägt, das fehlende Insolvenzrisiko eine Nicht-Gewerblichkeit.

Dieses Kriterium (im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art) wurde bei Thermen in der Vergangenheit in der Regel verneint. So etwa in der Entscheidung des UVS Burgenland, 085/06/02003, in welcher der Therme Lutzmannsburg die Stellung als öffentliche Auftraggeberin abgesprochen wurde. Das Thermalbad, die Sauna, das Hotel und das Restaurant seien reine Freizeiteinrichtungen ohne medizinischen Hintergrund, weshalb auch keine Aufgabe im Allgemeininteresse verfolgt werde. Weiters läge ein entwickelter Wettbewerb in geografischer Nähe sowohl im Burgenland als auch in den Bundesländern Steiermark und Niederösterreich sowie im angrenzenden Ungarn vor.

Rechtspersönlichkeit
Das Erfordernis einer „zumindest teilrechtsfähigen“ Einrichtung führt in der Regel kaum zu Auslegungsschwierigkeiten. Jede vollrechtsfähige juristische Person des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten, Fonds) bzw. des Privatrechts (Kapitalgesellschaften, Vereine, Privatstiftungen, Genossenschaften) erfüllen dieses Kriterium. Auch eine OG bzw. KG oder öffentlich rechtliche Einrichtung kommt Teilrechtsfähigkeit zu.

Staatliche Finanzierung/Kontrolle
Unter diesem Tatbestand wird eine enge Verbindung mit dem Staat zum Ausdruck gebracht. Durch dieses Merkmal soll die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass eine vom Staat, von Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanzierte oder kontrollierte Stelle sich von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt.

- Überwiegende Finanzierung:
Maßgeblich hiefür ist, dass die Finanzhilfe ohne spezifische Gegenleistung erbracht wird. Weiters wird unter dem Begriff „überwiegende“ Finanzierung verstanden, dass mehr als die Hälfte von der öffentlichen Hand finanziert wird.

- Leitungsaufsicht:
Hiebei ist entscheidend, ob eine Entscheidungsbeeinflussung nach spezifisch staatsbezogenen Kriterien möglich ist. Eine bloß nachprüfende Kontrolle reicht nicht aus, der Staat muss die Entscheidung der Einrichtung im Bezug auf öffentliche Aufträge zumindest mittelbar beeinflussen können.

- Organstruktur:
Auch hier kommt es darauf an, ob die öffentliche Hand bedeutende Einflussnahmemöglichkeiten auf das Beschaffungsverhalten der betreffenden Einrichtung hat. Entsprechend der Finanzierung bzw. Leitung reicht eine mehrheitliche Beschickung aus.

§ 3 Abs. 2 BVergG – Einstufung als öffentlicher Bauauftrag
Die Errichtung einer Therme könnte auch dann in den Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes fallen, wenn Auftraggeber im Oberschwellenbereich einer Einrichtung, die kein Auftraggeber im Sinne des Abs. 1 ist, Bauaufträge über Tiefbauarbeiten im Sinne des Anhangs I oder Bauaufträge im Sinne des Anhangs II oder in Verbindung mit solchen Bauaufträgen vergebene Dienstleistungsaufträge zu mehr als 50 % direkt subventionieren.

Es sind alle Formen von Subventionen oder Finanzierungen, einschließlich der Gemeinschaftsmittel, zu berücksichtigen, die unmittelbar für den betreffenden Bauauftrag bestimmt sind. Allgemeine regionale Förderungen zählen nicht dazu.

Wie sich zeigt, ist es jeweils eine Frage des Einzelfalls, ob die Planung bzw. Errichtung einer Therme unter den Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes fällt oder nicht. Unabhängig von der vergaberechtlichen Frage ist es jedoch aus allgemein politischen Überlegungen erforderlich, beim Einsatz öffentlicher Mittel bei der Planung und Errichtung von Bauvorhaben auf ein transparentes Vergabe-verfahren mit größtmöglicher Beteiligung der in Frage kommenden BewerberInnen zu bestehen, wobei auch der Qualtitätsaspekt entsprechend berücksichtigt wird.

In diesem Sinn sprechen wir uns für die verpflichtende Einhaltung des Bundesvergabegesetzes als Voraussetzung für die Vergabe von öffentlichen Förderungen aus.

Mit freundlichen Grüßen
Architekt DI Martin Gruber
Vorsitzender der Sektion Architekten
der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Stmk. + K

> > ANMERKUNG DER REDAKTION:
Bei dem oben angeführten aktuellen Anlassfall handelt es sich um den geladenen Realisierungswettbewerb Parktherme Bad Radkersburg (Abgabe: 07.04.2011) der Kur- und Fremdenverkehrsbetriebe Bad Radkersburg. (siehe LINK)

feyferlik

Der zuerst von klasnik und dann von voves so hochgelobte gemeindeleitfaden wir von den förderstellen souverän übergangen, von der politik wie alles was mit kultur zu tun hat einfach ignoriert. Sich privat zu fühlen und es auch nicht wirklich erklären, geschweige dem nachweisen zu müsssen, sondern nur zu behaupten ist business as usual – immer schon gewesen. Das bundesvergabegesetz ist in dieser richtung ja eher zahnlos weil wenig erklärend und der spielraum zu groß und eine überprüfung nur dem betroffenen obliegt, kostenpflichtig natürlich, damits ja keiner macht, schon gar keiner der als sogenannter kleiner betrieb sich im freien wettbewerb einer aufgabe stellen möchte. Haselsteiner und co würde sich so nicht auf den kopf scheißen lassen, die ziviltechniker leider schon.
An dieser stelle sei dem arch. andreas lichtblau gedankt, der seine jurorentätigkeit an besagtem verfahren, gut begründet, zurückgelegt hat, auch der wba der aik graz nahm seine juroren zurück, aber man muß wahrscheinlich nicht lang suchen um ersatz zu finden, notfalls halt ohne architekten abwickeln, weil wir sind ja privat.
Auch an dieser stelle gesagt, die feinde sitzen letztendlich in den eigenen reihen, projektvorbereiter und projektsteuerer sind vermehrt nicht dem berufsethos des ziviltchnikers verpflichtet, sondern immer mehr ausschließlich der hand, die sie füttert, sprich ihren „privaten“ auftraggebern, die als bürgermeister oder gemeinderat im vorstand der diversen finanziellen gemeindekonstrukten sitzen. Ausnahmen bestätigen natürlich immer die regel – das gibt hoffnung

Mi. 16/03/2011 7:53 Permalink
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