26/08/2009
26/08/2009

kammerl.wordpress.com
Kammerl der Architekten und Architekturstudenten

Mit viel Humor haben drei Wiener Architekturabsolventen, unter dem Synonym UnZiviltechniker aufgrund ihrer Erfahrungen bei der Jobsuche das Weblog „Kammerl der Architekten und Architekturstudenten“ eingerichtet. Es ist ein Weblog für all jene, die sich gerade auf Jobsuche in der Architekturbranche befinden, aber auch für Architekten, um sich ein reflektorisches Bild über die Arbeitsbedingungen zu verschaffen und sich auch eine Form von Feedback zu holen.

Ziel ist, Studenten, Berufsanfänger und Absolventen über Interessensvertretung, Dienstverhältnisse, etc. zu informieren und darüber hinaus die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Arbeit von Architekturschaffenden.

Auf dieser Internetplattform finden sich neben der Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch, Umfragen, Anmerkungen zur (Un-)Kultur der Formulierungen von Stellenanzeigen, sowie die Serviceleistung bei erfolgloser Bewerbung ein Feedback vom Unternehmen einzuholen.

„Positive Erlebnisse“ sind ausdrücklich erwünscht – auch wenn sich derzeit leider keine diesbezüglichen Schilderungen im Weblog finden –denn es geht den Betreibern explizit um mehr Fairness im Berufsalltag und eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation. Dabei werden vor allem die langen Arbeitszeiten, die Gehälter weit unter dem Kollektivvertrag, die fehlende Zahlungsmoral und die fehlenden Dienstverhältnisse kritisiert. Diese prekären Arbeitsverhältnisse betreffen derzeit vor allem Wien, wie sich im Gespräch mit einem der UnZiviltechniker zeigte. Den Betreibern der Seite ist es durchaus bewusst, dass die Ursache der momentanen Situation vielschichtig ist. So ist das Einkommen der Architekten im Vergleich zu anderen Dienstleistern (u. a. Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen, Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, Unternehmensberatung und Ingenieurbüros) lt. Einkommensbericht 2008 am niedrigsten. Immer mehr junge Architekturabsolventen denken über eine Neudefinition des Berufsbildes nach und wandern in den Bereich der Architekturschaffenden (all jene ohne Ziviltechnikerbefugnis, wie Werkvertragnehmer, Freelancer, Gewerbescheininhaber, Patchworker mit mehreren Beschäftigungen, etc.) ab, wobei deren Einkommenssituation lt. der Studie Berufsfeld Architektur (Oliver Schürer) auch nicht besser ist. Hinzu kommen kleinteilige Unternehmensstrukturen, meist Einpersonenunternehmen oder lose Teamzusammenschlüsse, wodurch kaum Angestelltenverhältnisse, Weiterbildung oder Karriereverläufe vorhanden sind.

„Selbstverwirklichung in eigenverantwortlicher Selbstständigkeit bei gleichzeitigem Schaffen für die Gesellschaft scheint für viele Entlohnung genug“ (Katharina Tielsch, in: Berufsfeld Architektur 1.0) – aber wie lange noch?

Lesetipp:
Oliver Schürer, Helmut Goller, Berufsfeld Architektur 1.0, Bestandsaufnahme und Zeitdiagnose, Verlag LIT, 2008. ISBN-13: 978-3825811006

Werner Merzeder, Österreichs Architekten zählen zu den Spitzenverdienern Europas, in: konstruktiv, Zeitschrift der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, Ausgabe 272, März / April 2009, S. 34-35.

Verfasser/in:
Petra Kieckenweitz
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