17/11/2009
17/11/2009

Hemma Fasch und Jakob Fuchs (fasch&fuchs., Hausmannstätten/Wien), seit 1994 beruflich wie privat ein Paar, wurden am montag, dem 16. November 2009 im MUSA – Museum auf Abruf für ihr Lebenswerk mit dem Preis der Stadt Wien ausgezeichnet. fasch&fuchs bauten und planten in Wien u. a. die Autobusgarage Leopoldau (2006), die Schiffsstation Wien City, den Wohnbau Missindorfstraße (geplante Fertigstellung für beide Projekte 2010) und den Neubau Wasserwerk Kleehäufl Wien (in Planung) – allesamt Wettbewerbssiege.
GAT führte anlässlich der Auszeichnung das nachfolgende Gespräch. Auf Wunsch der Architekten werden die Antworten in Kleinschreibung veröffentlicht.

GAT: Sie haben steirische Wurzeln, leben jetzt in Wien und bauen dort auch viel. Wie kam das?

Hemma Fasch: fasch&fuchs. sind beide nicht aus wien. jakob studierte bei josef lackner in innsbruck ich bei günther domenig in graz. wir haben uns als assistenten am institut helmut richter kennen gelernt. schon bald danach haben wir gemeinsam wettbewerbe bearbeitet.
wir bauen nicht vorwiegend in wien. hier wird derzeit nach der autobusgroßgarage in der leopoldau erst das zweite projekt, die schiffsanlegestelle am schwedenplatz im 1. bezirk realisiert. ab dem nächsten frühjahr wird ein wohnbauvorhaben in wien umgesetzt. ansonsten finden sich unsere bauvorhaben in graz, in bad gastein, salzburg, schwechat, feldkirchen, gmunden, knittelfeld, also quer durch österreich.

GAT: Hatten Sie nicht eine ganz besondere Diplomarbeit, die Domenig erst gar nicht akzeptieren wollte?

H. F: ich fand sie nicht so „besonders“. ich habe mich damals viel mit john cage, merce cunningham usw. beschäftigt. da war meine arbeit eigentlich nur ein experiment zu den räumlichen überlegungen, die diese künstler in mir entzündeten. ja, günther domenig hat die tanzmaschine zunächst abgelehnt, ich hatte auch nicht wirklich viele pläne gezeichnet. sie musste ohnehin 1:1 gebaut werden, da waren mir die zeichnungen egal. günther domenig hat sich allerdings nach der diplom-vorführung sehr intensiv für diese arbeit eingesetzt – auch finanziell.

GAT: Seit 1994 betreiben Sie mit Jakob Fuchs das Büro fasch&fuchs. Jakob Fuchs ist auch privat Ihr Partner. Ist das ein Vorteil für den kreativen Prozess?

H. F: ja, es ist von vorteil. wir sehen dinge gemeinsam, wir besprechen dinge gemeinsam, wir sprechen zwar nicht die idente, aber eine sehr verwandte architektursprache, das ist hilfreich im entwicklungsprozess. das heißt nicht, dass wir immer einer meinung sind, aber es kürzt oft den weg einer prozessfindung ab, weil wir hohes vertrauen in das räumliche empfinden des anderen haben. und – mitunter entstehen konzepte im urlaub, oder auf einer serviette an einer bar …

GAT: Läuft die Aufgabenverteilung immer gleich oder ähnlich ab?

H. F: nein, bei vielen wettbewerben beschäftigt sich jakob mit der erarbeitung der grundlagen. danach entwickeln wir gemeinsam weiter. es ist bei der konzeptfindung wie beim ping-pong, wenn es gut läuft, kann ein interessantes spiel daraus entstehen. (das spielerische element – auch des risikos – trägt einen großen teil unserer arbeit.) bei der umsetzung treffen wir architektonische, technische entscheidungen gemeinsam, die betreuung der projekte ist mal stärker beim einen, dann beim anderen. das entwickelt sich einfach so. manchmal hat das auch mit den auftraggebern zu tun …

GAT: Gibt es Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Architekten? Hat man es als Frau manchmal schwerer oder leichter in dem Beruf?

H. F: natürlich gibt es einen unterschied zwischen männlichen und weiblichen architekten – das liegt ja schon im aussehen (!), aber es gibt keinen unterschied zwischen weiblicher und männlicher architektur. ich war lange der meinung, dass es mann wie frau gleich schwer oder leicht im umfeld der architektur hätte. honiglecken ist der job mit allen risiken und unsicherheiten, haftungsfragen usw. sowieso nicht. es ist jedoch eine tatsache, dass leider meist nur männer an besprechungstischen sitzen. ich wünschte mir, es gäbe mehr frauen in diesem bereich. frauen können sehr zielorientiert, konzentriert arbeiten und halten sich selten mit eitelkeiten auf.

GAT: Welche Stolpersteine haben Sie im Laufe Ihrer Karriere erlebt, welches waren die guten Momente?

H. F: wir hatten immer unglaubliches glück – mit juryentscheidungen, mit auftraggebern und nutzern, vor allem auch mit kollegen und unseren mitarbeitern. der prozess gegen die stadt wien war schon anstrengend, die prompt darauf folgende gegenklage sogar existenzbedrohend, aber letztendlich hat uns dieser lange prozess auch gestärkt.

GAT: Worum ging es bei diesem Prozess?

H. F: die klage ist schon 9 jahre her, das endgültige urteil kam erst heuer. danach hab ich’s einfach vergessen. (Der Prozess betraf das Bauprojekt Kaiserin-Elisabeth-Spital der Stadt Wien, Anm. der Red.)

GAT: Was bedeutet Ihnen der Preis der Stadt Wien?

H. F: viel. wir haben uns darum ja nicht beworben, die mitteilung kam völlig überraschend. das berufsfeld der architekten besteht zu einem gewissen, nicht vernachlässigbaren teil aus bewerbungen für diese und jene wettbewerbsverfahren und architektonischen aufgaben, aus einreichungen für diverse preise, wichtige und weniger wichtige awards, dotierte und nicht dotierte anerkennungen etc. mitunter könnten architektinnen zur ansicht kommen, ohne bewerbungen und einreichungen gäbe es weder aufträge noch preise und als folge – keine öffentliche wahrnehmung. so ein preis „für das lebenswerk“ ist unerwartet, er veranlasst uns zu einem kurzen, verwunderten innehalten – aber viel zeit haben wir nicht zum innehalten.

GAT: Derzeit baut fasch&fuchs. in Wien die Schiffsstation Wien City auf der Höhe des Schwedenplatzes. Ab 2010 werden von dort der Twin City Liner und auch ein Teil der Ausflugsschiffe der DDSG Blue Danube-Flotte Richtung Bratislava ablegen. Also ein Bauwerk, das nahezu ‚Landmark-Charakter‘ haben wird. Was bedeutet das für Sie?

H. F: es macht schon spaß, im 1. bezirk am wasser zu bauen. es ist auch nett, vom gegenüberliegenden strandcafe die baustelle zu beobachten und die kommentare der passanten zu hören. wir waren sogar so neugierig und haben die anlieferung des längsten trägers um 4 uhr morgens beobachtet. es war auch ein riesenglück, dass wir diesen wettbewerb gewonnen haben und dass das projekt entgegen unserer eigenen einschätzung auch realisiert wird.

GAT: Sie hatten sich um die Nachfolge von Prof. Richter am Institut für Hochbau II der TU Wien beworben. Warum wurde nichts daraus?

H. F: das will ich nicht weiter kommentieren. es hat sicherlich auch mit der eingangs gestellten frage nach dem unterschied zwischen männlichen und weiblichen möglichkeiten (und netzwerken) in unserem berufsfeld zu tun. da wir beide die arbeit von helmut richter schätzen und seine begeisterungsfähigkeit an der tu wien kennen gelernt haben, hätte mich natürlich die nachfolge eines so großen lehrers und architekten interessiert.

GAT: fasch&fuchs bekommt seine Bauaufträge in der Regel über Architekturwettbewerbe. Direktaufträge kommen nicht vor. Gibt es einen Grund?

H. F: nein, es gibt keinen speziellen grund. wir beschäftigen uns eben lieber mit einer konkreten aufgabe als mit pr und akquisition. das können wir nicht, wir haben es nicht mal richtig versucht.

GAT: ArchitektInnen arbeiten oft Tag und Nacht – was tun Sie, um abschalten zu können oder sich kreative Energie zu holen?

H. F: wir gehen ins quell, in unser lieblingswirtshaus gleich um die ecke, trinken wein und bier und reden mit freunden und bekannten – selten über architektur.

GAT: Gibt es noch ein Traumobjekt?

H. F: kurz nach wettbewerbsgewinn ist jedes objekt ein traumobjekt, aber trotzdem: vielleicht ein krankenhaus in der dritten welt, und zugleich ein hotel am meer. die eine aufgabe in dem wissen, dass es wirklich gebraucht wird, die andere weil besondere orte besondere antworten provozieren. und ein traumobjekt, bzw. -projekt wäre die rettung eines dem untergang geweihten children health ressorts an der magarska riviera, gebaut 1961 von rikard marasović. ein unglaubliches gebäude, ein ufo, gelandet mitten im pinienwald, direkt am wasser.

GAT: Wir danken für das Gespräch!

Biografische Notiz:
Hemma Fasch studierte an der Architekturfakultät der TU Graz, Jakob Fuchs an der Architekturfakultät der Uni Innsbruck. Nach mehrjähriger Lehrtätigkeit am Institut für Hochau 2 der TU Wien bei Helmut Richter gründeten Hemma Fasch und Jakob Fuchs 1994 das Büro fasch & fuchs. mit Sitz in Wien und Hausmannstätten b. Graz. Zu ihren bekanntesten und mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Bauten zählen das Kindermuseum in Graz (Architekturpreis des Landes Steiermark, Nominierung für den Mies van der Rohe Award), der Zu- und Umbau LKH Knittelfeld mit Lukas Schumacher (Geramb Dankzeichen, Nominierung für den Mies van der Rohe Award), die Sonderschule Schwechat (Österreichischer Bauherrenpreis, Österreichischer Bau-Preis, Betonpreis der Österreichischen Zementindustrie) und die Autobusgarage Leopoldau (Österreichischer Bauherrenpreis, ZT Award).

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Verfasser/in:
Susanne Baumann-Cox, Gespräch
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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