29/01/2025

Das Haus der Architektur (HDA) in Graz am Südtirolerplatz, mitten im urbanen Geschehen gelegen, hat seit Ende 2024 eine neue Doppelspitze und richtet sich in den kommenden drei Jahren strukturell wie inhaltlich neu aus. Einen ersten Ausblick auf Veränderungen und Programm 2025/2026 stellten Vorstand, Beirat und Leitungsteam jetzt gemeinsam vor. 

29/01/2025

Zerina Džubur und Karin Oberhuber, neues Leitungsteam des HDA Graz

©: The Schubidu Quartet

Als über Architekturkreise hinaus renommierte Institution, die sich der Förderung von Architektur, Baukultur und städtischer Entwicklung widmet, prägen das HDA und seine Protagonist:innen nicht nur die steirische Architekturszene. Das Haus wurde vor fast 40 Jahren gegründet und hat sich seither als ein Ort für den Austausch zwischen Architekt:innen, Fachleuten und der breiten Öffentlichkeit regional wie international etabliert. 1988 noch das erste Haus seiner Art, gibt es mittlerweile in jedem Bundesland Österreichs ähnliche Institutionen.

„Wir sind Begegnungsraum für Architekturinteressierte und Akteur:innen aus der Planungspraxis und Architekturtheorie, der gerne auch von Touristen und Neugierigen besucht wird“, erklärt Karin Oberhuber, neue operative Leiterin des HDAs gemeinsam mit Zerina Džubur, Programmleitung, die aktuelle Ausgangslage. Die beiden Neuen haben zwar neue Rollen im Haus, sind aber seit mehr als 15 Jahren im Team des Hauses tätig. „Das war mit ein Grund, warum wir vor gut einem Jahr keine öffentliche Ausschreibung der Leitungsposition gemacht haben, sondern auf die interne Kompetenz der beiden und auf deren Idee, das HDA offener und kollektiver zu gestalten, gesetzt haben“, erklärt Heidrun Primas, bis 2024 Vorstandsmitglied des Vereins, der hinter dem Haus steht. Man möchte sich in den kommenden Jahren von dem Prinzip einer kuratorischen Spitze weg, „hin zur Moderation eines Netzwerks und dynamischen Feldes, das auch gesellschaftsbildend wirkt“, entwickeln, so Primas. Das sei ein Experiment, ließe aber bisher nicht dagewesene und vielfältig nutzbare Spielräume zu.

Neues in Kürze

Zerina Džubur erläutert den zukünftigen Motor eines kollektiv erarbeiteten Programms, einen Open-Call, den sie nicht als Wettbewerb, sondern als Ideengenerator verstanden wissen will. Ein erster wird zusammen mit neu besetztem Programmbeirat bis Mitte 2025 formuliert werden. Programmpunkte aus diesem sind für 2026 geplant. Das heißt, ab kommendem Jahr soll sich die breite Vielfalt und Mitgestaltung der Szene der Architekturschaffenden im Haus konkreter abbilden. Beirat und Leitung möchten Räume öffnen und zur Verfügung stellen, die durch eine Vielzahl an eigeninitiativen Kooperationen genutzt und gestaltet werden.

Wechsel bei Vereinsvorstand

Als amtierender Vorstand werden Andreas Tropper, Landesbaudirektor, Bertram Werle, Leiter der Stadtbaudirektion, Burkhard Schelischasnky für die Kammer der Ziviltechniker:innen Steiermark Kärnten, Matthias Castorph als Vertreter der TU Graz sowie für das Forum Stadtpark Rivka Saltiel und für die ZV Steiermark Birgit Schiretz, neben Vereinsmitglied Stephan Brugger die Neuerungen begleiten.

Stephan Brugger, neuer Vereinsvorsitzender, studierte in den 2000-er Architektur in Graz und kam durch das HDA in Berührung mit Baukultur und Architekturvermittlung. Sein Fazit heute: Es sei kaum zu unterschätzen, wie wichtig Orte der Kommunikation wie das HDA auch für die eigene Praxis sind. Zwar verlagere sich der Austausch teils in die digitalen Netzwerke. Baukultur sei aber intensive Zusammenarbeit verschiedener Persönlichkeiten und dafür brauche es die physische Begegnung mit Andersdenkenden, mit neuen Ansätzen und natürlich auch mit Gleichgesinnten. So sieht er gemeinsam mit Heidrun Primas eine grundsätzliche Haltung der Kooperation für die Zukunft des Hauses als existenziell an. Das sei im neuen Programm und in der Herangehensweise der neuen Leitung spürbar.

Alles neu?

Eine neue Jury nimmt ab 2025 die Auswahl steirischer Architekturprojekte für die Architekturdatenbank nextroom.at. Hier setzt man auf externe und internationale Expertise. Nicht überall entschied man sich aber für das Neue. Bisher stets präsent, soll bis auf Weiteres die Diskussion um neue Räumlichkeiten für das HDA keine Priorität mehr haben. Als öffentlicher Schwellenraum funktioniere das Haus in seiner aktuellen Lage hervorragend, so Oberhuber und Džubur.

Kollektiver ja, interdisziplinärer nein

Mit dem Open-Call, der sich an Architekturakteur:innen und verwandte Disziplinen richten wird, betritt man zwar strukturell Neuland, aber der erneuerte Beirat, der über das Programm mitbestimmen wird, ist ausschließlich mit etablierten Personen der Grazer Architekturszene besetzt, zudem ist er nicht wirklich interdisziplinär. Diesbezüglich äußern sich die neuen Beiratsmitglieder Wolfgang Timmer und Heidrun Primas ähnlich. Man wolle „in erster Linie die Heterogenität der eigenen Disziplin abrufen“, als ein Signal, den Fokus im Programm auf lokale Netzwerke und Themen zu richten und der Kerndisziplin der Architektur den Vorzug zu geben. Timmer hebt die Heterogenität innerhalb der Planungsdisziplinen hervor. Die Interdisziplinarität soll durch die Programmeinreichungen entstehen, sagt er, „es sind nicht wir, die das Programm machen, wir beraten hinsichtlich Auswahl und Ausrichtung“. 
Der Programmbeirat besteht aus den fünf Architekt:innen Artem Kitaev, Sigrid Verhovsek, Markus Bogensberger, Wolfgang Timmer, Heidrun Primas und der Kulturwissenschafterin Petra Eckhard. Damit sind viele Tätigkeitsfelder innerhalb des Architekturschaffens abgebildet und verknüpft. In der Szene gänzlich neue oder noch unbekannte Namen sind aber leider nicht vertreten. Vorstand und Landesbaudirektor Andreas Tropper sieht im Open-Call und dem lokal besetzten Beirat einen ersten Schritt der Öffnung des Hauses, der „ohne erprobte Zusammenarbeit und Stabilität im Beirat“ nicht umsetzbar wäre. Heidrun Primas ergänzt, dass die Persönlichkeiten bewusst so gewählt seien, da sie lokal etabliert und verankert sind, ihre Netzwerke aber weit ins Überregionale und Internationale und auch ins Interdisziplinäre gehen.

____
Programm 2025 (Auswahl)

Der neuen Leitung ist es grundlegend wichtig, "das Haus zu öffnen, einen lebendigen Diskurs anzuregen und die Region mit der Welt zu verknüpfen". So werden 2025 Vertreter:innen aller Generationen und verschiedene Akteurinnen der österreichischen Architekturszene im Haus aktiv sein. Formate dafür sind klassische Ausstellungen wie die des Bauherr:innen Preises 2024 im Februar und des Architekturpreises des Land Steiermark zum Jahresende.

Die jüngste Generation der Architekturakteurinnen, Studierende und Zeichensäle der TU Graz, setzen im April eine eigene Ausstellung um, die in Verbindung mit dem lendwirbel, die banale potenziale im Haus verankert. Ebenso werden Absolventinnen auf dem Weg der Professionalisierung mit Ausstellung und Diskussionsveranstaltungen unter dem Titel Zwischen Kostenschätzung, Muttermilch und Bauwende ihre Herangehensweisen zeigen. Die Ausstellung sei „eine Momentaufnahme einer Generation von jungen Architekt*innen, die trotz multipler Krisen mit taktischem Optimismus agiert“.

Die etabliertere Generation wird 2025 von Hermann Czech vertreten. Seine Wiener Ausstellung Ungefähre Hauptrichtung wird für Graz adaptiert, mit Fokus auf Projekte außerhalb Wiens, darunter auch Grazer Entwürfe. Die Motivation hinter der Adaptierung: Czechs unkonventionelle Zugänge zu Architektur zu beleuchten und auf Aktualität zu prüfen.

Mit dem Jahresprogramm wird die lokale und österreichische Szene auch eingebettet in internationale Kontexte. Das neue Vortragsformat World Wide Wisdom ergänzt Themen in den Ausstellungen durch internationale Positionen.

Über das Jahr verteilt, wird Häuser schaun – die extrem erfolgreiche Veranstaltungsreihe mit Besichtigungen fertiggestellter Bauprojekte in Graz und Umgebung – weiterhin stattfinden. Am 22.3. beginnt sie in ihrem 15. Jahr mit einem der potenziell unkonventionellsten Orte der Stadt. Die Tennenmälzerei in Reininghaus wird danach als Kultur- und Nachbarschaftszentrum adaptiert und in Betrieb gehen. Im Jubiläumsjahr wird zudem ein Re-Visit, ein Besuch nach langer Zeit bei einem der ersten Projekte, die Reihe ergänzen.

_____
Neues Leitungsteam (www.hda-graz.at)
Zerina Džubur übernimmt in der Geschäftsführung die Programmleitung, Karin Oberhuber zeichnet für die operative Leitung des Hauses verantwortlich. Das Team des HDA nimmt in Zukunft eine gestärkte Rolle ein.

Zerina Džubur ist ausgebildete Architektin und eine junge Verfechterin der Baukultur und deren Vermittlung. Karin Oberhuber bringt langjährige Expertise in budgetären, operativen und vereinsbezogenen Belangen mit. Beide sind aus ihrer Tätigkeit heraus bestens international und regional vernetzt – besonders mit der jungen engagierten Architekturszene, die für das HDA zukunftsweisend ist – und mit den aktuellsten Themen aus Architektur, Stadtentwicklung und Baukultur vertraut. Gemeinsam mit dem bestehenden Team werden sowohl neue als auch bewährte Programme umgesetzt.

Hier geht's zum 
Nachrichtenarchiv 
und zum Kalender
 
 
Winter-
pause 
bis 7.1.2025
GAT