16/06/2009
16/06/2009

Projekt Parabol mit blaugrüner Begleitung. Fotos: Emil Gruber

Foto 1 - 5: Projekt-Parabol.

Foto 1 - 5: Projekt-Parabol.

Der Sozialhistoriker Joachim Hainzl ist als Mitglied des Programmforums im Forum Stadtpark zwar auch an der Ausarbeitung eines Masterplans für den Grazer Stadtpark beteiligt, der seit Herbst des Vorjahres entwickelt werden soll. So recht in die Gänge zu kommen scheint dieser Plan, mit dem die Nutzung des Stadtparks „neu definiert“ werden soll, offenbar nicht. Von den Problemen im Stadtpark – „Vandalismus, Drogenhandel, Überfälle, Fahrradrowdies“ – betroffen zeigt sich inzwischen auch das „offene Haus“ Forum Stadtpark. Als gerade hier ansässige Institution wurde das Forum Stadtpark jedenfalls von den politisch Verantwortlichen nicht um Vorschläge bzw. zu einer Diskussion um die Causa gefragt. Joachim Hainzl sagt daher, man wolle sich mit dem aktuellen, auf mehrere Wochen angelegten Projekt unter dem Titel „Forum im Stadtpark“ in die „Auseinandersetzung der Politik einmischen“ und zwar mittels Kunst respektive Intervention und Diskurs.

Vorab und nach außen wohl deutlichstes Zeichen, die Dinge in die Hand zu nehmen, ist einer Künstlergruppe mit Veronika Dreier, Armin Lixl, e. d gfrerer und Markus Wilfling die Umsetzung einer Installation namens „Parabol“ gelungen. Das vielleicht größte Kunststück dürfte die Einholung von Genehmigungen seitens Umwelt-, Denkmalschutz und Liegenschaftsverwaltung gewesen sein, infolge dieser nun auf der Wiese zwischen Brunnen und Forum eine parabolförmige Grube ausgehoben wurde, etwa 20 Meter im Durchmesser und im Zentrum zwei Meter tief. Begrünt mit den zuvor abgehobenen Rasenziegeln werden in die Fugen Krokuszwiebel gesetzt, die in den kommenden drei Jahren in geometrischem Raster austreiben sollten. Das Gegenstück zum Parabol bildet ein Kegel von Aushubmaterial, das im Bereich eines ehemaligen Silberbergwerkes in Übelbach aufgeschüttet wurde und nach drei Jahren wieder zur Einebnung im Stadtpark verwendet wird. Im Parabol und an seinem Gegenstück in Übelbach sollen in den kommenden Wochen Theaterstücke und Musik aufgeführt werden, die genauen Termine sind noch nicht fixiert, können aber demnächst der website www.forumstadtpark.at entnommen werden.

Mit der Reihe „Grenzkonflikte“ setzt sich Joachim Hainzl über Aktionen im öffentlichen Raum mit Fragen auseinander, die private und öffentliche Bereiche im scheinbar Öffentlichen betreffen. Aus seiner Recherche um Zeitungsberichte geht etwa hervor, dass auch in den 1960er Jahren Vandalismus im Stadtpark dominantes Thema war, ebenso Alkohol- und Bettlerfrage im Bereich des Grazer Hauptplatzes, denen man bis 1974 noch mit dem „Landstreichergesetz“ beizukommen versuchte. Einen aktuellen Konflikt greift Hainzl am Europaplatz vor dem Grazer Hauptbahnhof auf. Steigt man etwa an der Haltestelle aus dem vorderen Waggon der Straßenbahn, betritt man Privatgrund der ÖBB, für den deutlich andere Regeln gelten als für den Bereich des zweiten Waggons, der im wirklich Öffentlichen der Stadt hält. Aufsichtspersonal, Polizei und Passanten sind sich dieser Situation keineswegs bewusst und über das Skurrile hinaus sind rechtliche Fragen, etwa um Aufnahmen aus Überwachungskameras, in Konfliktsituationen oft nicht berücksichtigt oder werden „pragmatisch“ ignoriert.

Kuratorin Eva Martischnig widmet ihre Ausstellungsreihe „Plateau – Raum für Zwei“ diesmal, und mit Eröffnung am 18. Juni um 19.00 Uhr, Johanna Kirsch und Bernhard Hosa, die sich mit ihren Arbeiten um den Standort des Forum Stadtpark auseinandersetzen, besonders mit Kontroversen, die mit der Nutzung des Parks durch verschiedene Interessengruppen verbunden sind. Zentral dabei sind Codes und Regeln der Raumnutzung.
Arbeiten von Studierenden der TU Graz werden unter dem Titel „Im Stadtpark: Architektur, Geschichte Ethnografie“ präsentiert. Street Art um das Forum installieren eine Gruppe junger KünstlerInnen als „Four Elements Convention“: Hip-Hop, DJs, Rap und Street Painting.
In der Reihe „agit.Doc“ zeigt Daniel Erlacher am 18. Juli zwei Filmdokumentationen zum Thema Jugendkultur. „Loslassen, losgelassen“ behandelt die Jugendszene in Graz im Jahr 1986, „Freiräume“ dagegen die aktuelle Situation am Beispiel Salzburg. „Mission Statements für die Ewigkeit“ ist eine Zusammenarbeit des Dramatikers Joachim Schrettle und des Schauspielers Michael Ostrowski: Etliche Performances im Stadtpark werden aufgezeichnet und als Film im Herbst präsentiert.

Und schließlich versucht Joachim Hainzl Stadtpark-Betroffene und Politiker, die vielleicht ebensolche sein könnten, zur Diskussion an einen Tisch zu bringen, und Hainzl stellt die Frage: „Wem gehört der Grazer Stadtpark?“

Weitere Informationen und hoffentlich bald feststehende Termine unter www.forumstadtpark.at

Verfasser/in:
Wenzel Mracek, Bericht
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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