10/03/2005
10/03/2005

In einer Bauzeit von nur 24 Monaten wurde das Justizzentrum Leoben errichtet.
Geplant wurde es vom Grazer Architekten Josef Hohensinn (hohensinn architektur ZT GmbH) als Gewinner eines EU-weiten offenen Wettbewerbs (2000). Errichter und Betreiber ist die BIG Bundesimmobiliengesellschaft.
Das Justizzentrum beheimatet das Bezirks- und Landesgericht, die Staatsanwaltschaft und eine Justizanstalt für 196 Insassen (inkl.Freigängerhaus).

Im Rahmen von BIG Kunst & Bau arbeiteten im Justizzentrum Leoben insgesamt neun Künstler an Rauminstallationen und weiteren künstlerischen Interventionen: Barbara Holub, Mona Hahn, Johann Jascha, Johann Feilacher, Gerhard Roth, Flora Neuwirth, Eugen Hein, Lois & Franziska Weinberger

Am Freitag, den 11. März 2005 wurde das neue Justizzentrum durch Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic feierlich eröffnet. Lesen Sie nachfolgend die Beschreibung des Projektes von Eva Guttmann:

Die Lage und Topografie des Baugrundstückes für das Justizzentrum ergibt schlüssig die Anordnung des Gerichtsgebäudes zur Stadt hin gewandt und dahinter liegend die Justizanstalt. Mit sehr klaren und in ihrer Dimension der Nutzung entsprechenden Baukörpern wird ein städtebauliches Zeichen für die Zentrumserweiterung von Leoben gesetzt.
Das Gerichtsgebäude – gleichsam als Schaufassade zur Stadt hin – stellt in seiner Ausführung als offenes, transparentes Bauwerk das neue Selbstverständnis der Justiz dar. Kein „Justizpalast“, sondern eine moderne, offene, lichtdurchflutete, bürgernahe „Servicestelle“. Die Gerichtsstellen – Landesgericht, Staatsanwaltschaft, Bezirksgericht – werden durch die dreigeschossige Erschließungshalle miteinander verbunden. In den darüber liegenden Geschossen befinden sich die zum jeweiligen Gericht gehörenden Büro- und Verwaltungsräume, die durch eigene Baukörper nochmals betont werden. Durch die Doppelfassade im Verwaltungstrakt war es möglich, die innere Haut mit einer Holzoberfläche zu gestalten.

Die Konzeption der mehrfach gesicherten Justizanstalt (JA) folgt einer im Vorfeld theoretisch erarbeiteten Grundstruktur, die hinter dem vorgeschalteten Eingangs-, Verwaltungs- und Besucherbereich entlang einer Verteilerebene mit übergreifenden Einrichtungen Hafteinheiten staffelt und sowohl in horizontaler als auch vertikaler Richtung erweiterbar ist. In Leoben wurde dieses System sehr kompakt ausgeführt, wobei wichtigstes organisatorisches und gestalterisches Kriterium die Optimierung der Aufenthaltsqualität für Angestellte und Insassen war. Dabei wurden Lebensumstände geschaffen, die bezüglich der Wohn-, Arbeits- und Freizeitsituation dem Alltag in Freiheit ähneln und Resozialisierungsmaßnahmen bestenfalls überflüssig machen. Die Hafteinheiten sind wie Wohngemeinschaften angelegt, in denen jeweils bis zu fünfzehn Personen untergebracht sind. Jede Einheit verfügt über Teeküche, Sanitärblock, Gymnastik- und Aufenthaltsraum sowie eine Loggia, welche die interne Bewegungsfreiheit um die Dimension des „ins Freie Tretens“ erweitert. Arbeits- und Freizeiteinrichtungen sind so angelegt, dass sie von den Insassen unbegleitet und selbstständig aufgesucht werden können. Das entlastet die Angestellten und beugt einer völligen Entmündigung vor. Die jeweils einer Abteilung zugeordneten Höfe, der Spaziergarten am Dach und die Sportanlagen sind Filter zwischen Insassen und Mauer bzw. so ausgebildet, dass kein unerlaubter Kontakt nach außen hergestellt werden kann, jedoch stellen auch sie in Dimensionierung und Gestaltung den Menschen in den Mittelpunkt und vervollständigen den Mikrokosmos einer modernen Justizanstalt.
PROJEKTDATEN

STANDORT
Gericht: Dr. Hanns-Groß-Straße 7, Leoben
Justizanstalt, Freigängerhaus: Dr. Hanns-Groß-Straße 9, Leoben

Baubeginn: November 2002
Fertigstellung: November 2004

Nutzfläche: 16.962 m²
Bruttogeschossfläche: 27.346 m²
Umbauter Raum: 98.151 m²
Baukosten: EUR 39,4 Mio netto
Errichtungskosten: EUR 46,0 Mio netto

BAUHERR:
Bundesimmobiliengesellschaft mbH

NUTZER UND MIETER:
Bundesministerium für Justiz

PLANUNG:
_ Projektleitung/entwicklung
BIG Services
Landesdirektion Steiermark
8010 Graz, Wartingergasse 43
_ Generalplaner:
Hohensinn Architektur ZT GmbH
Architekt DI Josef Hohensinn
8020 Graz, Grieskai 80
_ Projektleitung:
Josef Schneider, Irene Falkner, Wolfgang FrischenschlagerSTATIK:
ARGE STATIK UND KONSTRUKTION JZ LEOBEN
ILR–Ingenieurgemeinschaft Lukas & Rath ZT.GmbH, Graz
Spirk & Partner ZT.GmbH, Salzburg

Verfasser/in:
Redaktion GAT Graz Architektur Täglich
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16. + 17.11.2023
 
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