Mit ihrer aufrichtigen Begeisterung für jegliche Art von baulicher Herausforderung, ermöglichte sich Lojen eine 40-jährige Karriere als selbstständige Architektin. Neben ihren planerischen Tätigkeiten war und ist Lojen auch künstlerisch aktiv. Als Mitglied der Sezession Graz und Mitbegründerin sowie spätere Präsidentin der Gruppe 77 prägte sie die Kunstszene mit Ausstellungen und Kunst am Bau-Projekten. Bis heute betreibt sie mit der Gruppe 77 den Kunstraum PLÜ23 in Graz und verwaltet den künstlerischen Nachlass ihres Ehemannes, des Architekten und Malers Gerhard Lojen.
Die Anfänge
1938 in Graz geboren, entschied sich Erika Lojen für ein Architekturstudium an der Grazer Technischen Hochschule. Sie schloss dieses 1963 ab und war zunächst für den Architekten Hermann Staar im oststeirischen St. Stefan im Rosental tätig. Als einzige Mitarbeiterin in dessen Büro erarbeitete sie ein Wettbewerbsprojekt für die Taborschule in Steyr, welche zwei Hauptschulen und zwei Volksschulen an einem Campus vereinen sollte. Trotz renommierter österreichweiter Konkurrenz gewann sie den 1. Preis und übernahm 1965 die Planerstellung sowie die Bauleitung vor Ort. Ins Team holte sie ihren Mann Gerhard Lojen, ebenfalls Architekt, sowie zwei weitere Mitarbeitende. Nach erfolgreicher Fertigstellung des langachsigen Gebäudes mit zwei Haupt- und fünf Seitentrakten (1967/68) zog das Ehepaar von Steyr zurück nach Graz, wo Erika Lojen 1969 die Ziviltechnikerprüfung ablegte.
Das Büro Erika und Gerhard Lojen
In Graz widmeten sich die beiden nach und nach größeren Bauprojekten. Eines der ersten war das eigene Einfamilienhaus in Graz inklusive Räumlichkeiten für das gemeinsame Architekturbüro. Der zweigeschossige Holzskelettbau mit Flachdach und großzügiger, überdachter Terrasse zählte in Österreich zu den ersten Holzskelett-Wohnhäusern mit verleimten Querschnitten. Die Anwendung dieser innovativen Baumethode markierte nicht nur einen architekturhistorischen Meilenstein, sondern etablierte auch eine Arbeitsweise, die das Paar für künftige Projekte beibehielt.
Auf den Erfolg der Taborschule in Oberösterreich folgten weitere Schulbauten in der Steiermark, darunter ein Erweiterungsbau in Sichtbeton für die landwirtschaftliche Fachschule für Weinbau in Silberberg bei Leibnitz (1975-80) und eine eingeschossige Sonderschule in der Grazer Triestersiedlung mit acht Klassenräumen, Werkraum, Lehrküche und Turnsaal (1977). Außerhalb des Schul- und Wohnbaus findet sich ein besonders schönes Projekt in der Alten Pfarrkirche St. Bartholomä, deren Sanierung 1975 vom Gründer des Kunstfestivals steirischer herbst, Hanns Koren, eingeleitet wurde. Die Instandsetzung der teils eingestürzten und feuchten Kirche erforderte eine breitgefächerte Zusammenarbeit Lojens mit diversen Restaurator:innen, Künstler:innen und Denkmalschutzexpert:innen. Für Erika Lojen gehörte die Arbeit im Team zu den schönsten Aspekten der Architektur.
Ein weiteres bemerkenswertes Projekt ist ein halb-öffentliches Gebäude in Wolfsberg im steirischen Schwarzautal, wo Gemeindeamt, Bankfiliale und Wohnungen unter einem Dach zusammenfinden sollten (1978). Das Architekt:innenpaar entschloss sich dabei zu einem ungewöhnlichen Gebäudeaufbau: Der Grundriss setzt sich aus drei überlappenden Rechtecken zusammen, während das Gebäude im Aufriss zwischen zwei und drei Geschossen variiert. In der Erdgeschosszone befinden sich die separat betretbaren Räumlichkeiten von Bank und Gemeindeamt. Die großflächig angelegten Fenster und die weiße Fassade betonen die Öffentlichkeit des Erdgeschosses. Die Obergeschosse beherbergen neun Wohnungen. Die private Nutzung der Obergeschosse wird durch die holzverkleidete Fassade markiert, unterbrochen durch große Eckfenster und weiße Balkone. Das Haus schließt mit schräg abflachender Dachform ab, um die Unterschiede in der Geschosshöhe auszugleichen.
Eine bedeutsame Bauaufgabe im Œuvre Lojens liegt im Erstellen von Flächenwidmungsplänen, welche mit dem Raumordnungsgesetz von 1974 für die steirischen Gemeinden verpflichtend wurde. Das Ehepaar Lojen übernahm die Planerstellung für 16 steirische Gemeinden. Dies war eine Tätigkeit, die viele monatelange Diskussionen mit Bürger:innen und Gemeinderat erforderte und somit eine Teamarbeit darstellte, die besonders gut zu Erika Lojen passte.
Das Büro Erika Lojen
Die gemeinsame Planungsarbeit des Ehepaars hielt 18 Jahre lang, bis Gerhard Lojen 1987 von der Grazer Ortweinschule für die Leitung der Meisterschule für Malerei abgeworben wurde. Fortan führte Erika Lojen das Architekturbüro mit drei bis fünf Angestellten allein weiter. Es folgten unter anderem Aufträge für das Grazer Augartenbad, Wohnbauprojekte, den Kindergarten Murfeld, Zu- und Umbau der Volksschule St. Oswald/Plankenwarth und das Gemeindezentrum Frannach. Neben diesen Planungstätigkeiten nahm Erika Lojen seit den 1980er Jahren an Kunst am Bau-Projekten teil und war lange als Sachverständige in der Grazer Altstadtkommission und im Ortsbildschutz der Gemeinde Fischbach tätig. Des Weiteren war sie viele Jahre Teil des Disziplinarausschusses der Ingenieurkammer für die Steiermark und Kärnten, der dafür Sorge trägt, dass die gesetzlich auferlegten Berufspflichten und die Standesregeln eingehalten werden. Mit ihrer Pensionierung im Jahr 2005 kann Erika Lojen auf 40 Jahre architektonisches Schaffen zurückblicken, welches die österreichische Baukultur bereichert hat.