24/10/2024

Ein „Biopic“ von Haus und Architektin mit dokumentarisch-fiktiven Reenactments und Zeitreisequalitäten über Eileen Grays Haus E.1027 kommt in der Schweiz und in Deutschland in die Kinos. Bleibt zu hoffen, dass auch in Österreich bald Premiere ist.

Preis Beste Regie, Züricher Filmpreis, 2024

24/10/2024

E.1207, Filmplakat, © rise and shine cinema, 2024

Um einen Eindruck von dem laut Regisseurin „hybriden Kinodokumentarfilm“ zu erhalten, bleibt österreichischen Fans bisher nur die Nachschau der ARD-Mediathek der Sendung ttt – titel thesen tempramente vom 13.10. und Trailer und Website zum Film. Der Film wurde am ursprünglichen Standort von E.1027 in Roquebrune-Cap-Martin (F) sowie in Basel (CH), Vézelay und Paris (F) gedreht. Regie führte Beatrice Minger in Co-Regie mit Christoph Schaub, der bei Architekturcineasten mit bedachten und ruhigen Porträts der Werke berühmter Architekten wie Peter Zumthor bekannt ist.

Was der Film verspricht, ist eine Darstellung der Beziehungen, die sich um das Haus entwickelten und deren Geflecht neben Eileen Gray Figuren der Architektur-Moderne wie Le Corbusier und Jean Badovici dominierten.

Verbunden ist das Haus allen voran mit einem Skandal. Le Corbusier greift ungefragt mit eigenen Wandmalereien in das Meisterwerk ein. „Als Le Corbusier das Haus entdeckt, ist er fasziniert und besessen. Später überzieht er die Wände mit Wandmalereien und veröffentlicht Fotos davon. Gray bezeichnet diese Malereien als Vandalismus und fordert ihre Rücknahme. Er ignoriert ihren Wunsch und baut stattdessen sein berühmtes Le Cabanon direkt hinter E.1027, das bis heute die Erzählung des Ortes dominiert.“ Le Corbusier verschweigt lange, dass er nicht der Urheber der Wände ist, auf die er sich selbst verewigte, „eine Gewalttat, eine Vergewaltigung“, wie es Eileen Gray im Nachhinein formuliert haben soll. Der Skandal macht E.1027, nicht aber seine Architektin, berühmt.

„Le Corbusier eignete sich das Haus von Gray nicht an, weil sie eine Frau war. Er konnte ihre andere Sichtweise - ihre tiefe Sensibilität, ihre künstlerische Kraft, ihre Freiheit - nicht ertragen und musste sie sich zu eigen machen“, so Regisseurin Beatrice Minger dazu. Im Fokus ihres Films steht deshalb „ein ungelöster Konflikt. Man kann argumentieren, dass Le Corbusier nichts falsch gemacht hat. Eileen Gray war schon weg, als er auftauchte. Jean Badovici gab ihm die Erlaubnis für die Wandmalereien und ermutigte ihn sogar. Aber ist es in Ordnung, die künstlerische Vision eines anderen Künstlers zu verletzen und sich anzueignen?“

Weniger bekannt ist, dass Eileen Gray zeitnah ein zweites Haus baut und dieses als Rückzugsort und Atelier nutzt. Die Villa Tempe à Pailla hat ein glücklicheres Schicksal, aber nicht weniger bewegt als E.1027. Sie wird seit Juli 2024 für 3,5 Millionen Euro durch eine Agentur für Luxusimmobilien zum Verkauf angeboten. Man müsste renovieren und einen aus den 1980 stammenden Anbau rück-bauen, will man die Idee des zweiten Hauses Eileen Grays vollständig erfahrbar machen. Noch gibt es keine neuen Besitzer.

E.1027 und seine Architektin sind mittlerweile rehabilitiert und Möbel und Innenräume – durch einen weiteren Film 2015 forciert – sind wieder hergestellt, die Skandal-Malereien Corbusiers inklusive. Während in der Schweiz und in Deutschland am 24.10. der Film in die Kinos kommt, muss sich das österreichische architekturaffine Kinopublikum gedulden. Ein Datum für die ersten Screenings gibt es hierzulande leider noch nicht. Besuche an der Côte d’Azur sind eine Option, bis es den Film auch in Österreichs Kinos zu sehen gibt.

Schweiz 2024, 89 min.
Regie: Beatrice Minger,
Ko-Regie: Christoph Schaub
Drehbuch: Beatrice Minger in Zusammenarbeit mit Christoph Schaub
Cast: Natalie Radmall-Quirke, Axel Moustache, Vera Flück, Charles Morillion
Kinostart: Deutschland + Schweiz, 24.10.2024

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