Ein Zaubermärchen
Der große Entzauberer nimmt seinen Stab und richtet ihn auf eine Reihe von Porträt-Köpfen, die an der Wand hängen. Sie wirken überraschend lebensecht, als handelte es sich um Trophäen. Kurz lacht der große Entzauberer in sich hinein.
„Ja, wen hätten wir denn da. Wenn das nicht eine ehemalige Vizebürgermeisterin ist! Aber das wird sie nimmer, soviel kann ich ihr versprechen. Und Verkehrsreferentin ist sie die längste Zeit gewesen. Dieses Ressort zaubern wir ihr weg.“ Kurz berührt er den Blondschopf mit seinem Stab. „Die Umwelt kann sie meinetwegen haben. Auch die Gesundheit. Die passt zu ihrer grünen Gesichtsfarbe. Und als besondere Vergünstigung überlassen wir ihr die Kultur. Die will nämlich niemand. Mit der Kultur ist kein Staat zu machen. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Die Kultur ist in dieser Stadt ein heißer Erdapfel, den man fallen lässt. Wenn nicht ein Rossapfel. Ja, Lisa, damit kannst du dir jetzt deine Sporen verdienen. Sporen, aber kein Pferd. Ein Fahrrad tut’s auch…
Und wem schenken wir das Verkehrsressort? Da sich im Land ein blauer Herr damit auf höchst eigenwillige Art beschäftigt, werden wir eine solide Achse des Absonderlichen bilden. Ja, der schlagende Mario wird die neue Wunderwaffe im Team. Er, der mit dem Florett so trefflich umzugehen weiß. Das wird die Lisa freuen. Und die Autofahrer erst! Mario ist einer von ihnen. Das kann nicht verkehrt sein. Und schon werden aus Radwegen flotte Schnellstraßen.
Kommen wir zu meinem Problemkind, meiner Kummernummer. Die überfleißige Elke wird auch noch zu entzaubern sein. Durch Mehrbelastung. Sie ist der weibliche Herkules in dieser Runde. Wir werden ihr die Bau- und Anlagenbehörde aufhalsen. Da wird sie sich hoffentlich daran überheben. Und falls nicht: Die Stadtplanung und -entwicklung bleibt zur Sicherheit in meinen Händen. Damit klar ist, wessen starker Zauber in dieser Stadt wirkt.“
Entzückt klatscht der große Entzauberer so laut in die Hände, dass die Köpfe von den Wänden purzeln.