22/06/2009
22/06/2009

Am Podium der Eröffnung am 17.Juni 2009: (v.l.n.r.) Roland Gruber (nonconform, Vorstandsmitglied wonderland), Georg Pendl (Präsident bAIK), Sándor Finta (Präsident KEK), Shih-Fu Peng (heneghan.peng.architects), Dietmar Steiner (Direktor Az W), Silvia Forlati (SHARE architects, Vorsitzende wonderland). Foto: Franco Winter

Blick in die Ausstellung "Deadline Today!" von wonderland, im Architekturzentrum Wien - Alte Halle. Foto: Alexander Koller

Am Mittwoch, dem 17. Juni 2009 wurde im Az W die wonderland-Ausstellung „Deadline Today! 99 stories on making architectural competitions“ eröffnet. Am 18. Juni fand im Rahmen der Ausstellung das Symposium „Making Competitions“ statt, das das enorme Potenzial aber auch dieRisken von Architekturwettbewerben thematisierte.

„Eine der wichtigsten Fragen in Bezug auf Wettbewerbe ist doch: Ist es den Aufwand wert?“ eröffnete Silvia Forlati, Vorsitzende von wonderland, am Mittwochabend die Ausstellung “Deadline Today! 99 stories on making architectural competitions”. „ArchitektInnen investieren über 5.000 Arbeitsstunden durchschnittlich im Jahr für ca. zehn Wettbewerbsteilnahmen. Realisiert wird allerdings nur eines dieser Projekte. Die Vertrauenswürdigkeit in das Wettbewerbssystem ist trotzdem da: für 40 Prozent aller Architekturbüros, die an der Ausstellung teilhaben, sind Wettbewerbe die Haupteinnahmequelle.“ Im Architekturzentrum Wien, Alte Halle, ist noch bis zum
20. Juli 2007 die Ausstellung „Deadline Today!“ zu sehen, die auf einer wonderland-Studie basiert, einem Aufruf an über 100 europäische Architekturteams, ihre individuellen Erfahrungen mit der Wettbewerbsrealität in Form von Geschichten, Gedanken und Modellen vorzustellen.

Die Ausstellungsgestaltung von wonderland beruht auf modularen dreidimensionalen Körpern, die aus Kapa-Line-Tafeln zusammengebaut sind. In fünf thematischen Linien ziehen sich diese durch die Alte Halle und präsentieren die Architektur-Geschichten in Texten, Zitaten, Fotos und Modellen. Neben den Gründen an Wettbewerben teilzunehmen und den Einflüssen, die auf die Entwicklung von Büros wirken, werden auch unerwartete, oft private Folgen, die sich durch einen Wettbewerb ergeben, sichtbar gemacht. Beim internationalen Symposium “Making competitions: Within the limits / Beyond the limits” im Az W diskutierten ExpertInnen die Wettbewerbsrealität in Europa: welche Rolle spielen Architekturwettbewerbe heutzutage für ein junges, aufstrebendes Architekturbüro? Das erste Panel beschäftigte sich mit den unterschiedlichen Wettbewerbssystemen. In Bezug auf offene Wettbewerbe oder solche mit vorgeschalteten Verfahren fasste Georg Pendl zusammen: „Das beste System ist ein Mix aus den Systemen.“ Eine Institution würde benötigt, die von ArchitektInnen, KlientInnen und Jurymitgliedern gleichermaßen als Referenz für Wettbewerbe genutzt werden könne, ähnlich denen in Skandinavien. Auf die Anonymität bei Wettbewerben drängte neben Pendl auch Architekt Clemens Kirsch, verantwortlich für das Projekt Kindergarten Schukowitzgasse Wien: „Anonymität ist essentiell. Unsere Aufgabe als Architekten ist es, den Beitrag so zu präsentieren, dass die Jury ihn versteht, ihn ‚lesen’ kann. Wir müssen das Projekt ‚lesbar’ machen. Es liegt aber eben auch in der Sache selbst, dass es dabei manchmal Missverständnisse gibt.“

Im zweiten Panel wurden Erfahrungen auf europäischer Ebene ausgetauscht. Ist es für Newcomer möglich, in die etablierten Systeme einzudringen? Hans Ibelings, niederländischer Architekturkritiker und Herausgeber der Zeitschrift A10, erklärte, dass es durchaus Chancen für junge ArchitektInnen gäbe. Einige Länder würden in ihren Wettbewerbsausschreibungen direkt nach solchen Teams suchen. Allerdings gab er auch zu bedenken: „Durch die Erweiterung der EU gibt es einen größeren Markt und somit mehr Möglichkeiten, an Wettbewerben teilzunehmen. Jedoch bedeutet das gleichzeitig mehr MitbewerberInnen.“ Yvette Masson Zanussi vom Europäischen Forum für Architekturpolitik (EFAP) berichtete von den Vorteilen des französischen Systems, das in so genannten Alben junge ArchitektInnen auswählt und potenziellen AuftraggeberInnen vorstellt. Dieses System könnte auf andere europäische Staaten übertragen werden.

Im Abschluss-Panel wurde hinterfragt, ob Architekturbüros spezielle Strategien verfolgen würden, um Wettbewerbe zu gewinnen und ob dazu gehöre, unter anderem die Regeln der Ausschreibung zu brechen. Walter Chramosta, Architekturkritiker und Berater in Wettbewerbsfragen, positionierte sich eindeutig gegen den Regelbruch als Strategie: „Ein Wettbewerbsgewinn kann niemals auf Insubordination beruhen. Von
den zwei Arten von Regeln dürfen die ersten, die formalen Regeln, nicht gebrochen werden. Die inhaltlichen Regeln sind klar unterteilt in feste Regeln, die respektiert werden müssen und in eher weiche Regeln, die verhandelbar sind.“ Dagegen sprachen sich unter anderem VROA architects aus Polen aus, deren Anbau für die Jahrhunderthalle in Wroclaw den Wettbewerb auf Grund eines Regelbruchs gewonnen hatte. Negative Reaktionen hätten sie vor allem aus den Reihen anderer ArchitektInnen erhalten. Roland Gruber von nonconform architektur vor ort engagierte sich für eine neue Form der Erstgespräche, der Briefings, zwischen ArchitektInnen und AuftraggeberInnen, insbesondere in den ländlichen Regionen. Dort sollte zudem ein direkter Kontakt zu den EinwohnerInnen bestehen. Chramosta stimmte zu, dass Briefings die Basis jeder guten Architekturleistung seien und dass sie die ArchitektInnen bereits ab einem sehr frühen Entwicklungsstand des Auftrags einbeziehen sollten.

wonderland Ausstellung
“Deadline Today! 99 stories on making architectural competitions”

Ausstellungsdauer: ´bis 20. Juli 2009
Ausstellungsort: Architekturzentrum Wien - Alte Halle, Museumsplatz 1, Wien
Öffnungszeiten: Täglich 10.00 - 19.00 Uhr
Tickets: EUR 5,00 / EUR 3,50 ermäßigt

Informationen
wonderland – Plattform für Architektur
Mara Marxt, BA
office@wonderland.cx
www.wonderland.cx
T 01/929 40 58
M 0699/192 94 059

Verfasser/in:
wonderland - Plattform für Architektur
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