03/03/2025

Die Erwartungen an den Film “The Brutalist” dürften hoch gewesen sein, vor allem in der Architekturwelt: Ein Film, dessen Hauptprotagonist ein vom Zeitgeist nicht verstandener Architekt ist und ein Titel, der eine kontroverse Architekturbewegung hervorhebt. Leider bleibt das Epos architektonisch erstaunlich unkonkret.
The Brutalist ist mit drei Oscars prämiert und hat einige andere Filmpreise gewinnen können – die Meinungen hingegen bleiben gespalten.

03/03/2025

The Brutalist, 2024, © Universal Pictures Switzerland

Der Titel lässt vermuten, es gehe um Brutalismus. Tatsächlich erblicken wir aber Brutalismus erst kurz vor Ende des Films, als das Lebenswerk des Architekten Laszlo Toth vollendet zu sein scheint. Nur kurz findet das brutalistische Gebäude – ein philanthropisches Projekt eines Unternehmers in Erinnerung an seine verstorbene Mutter – schon vorher Platz, als das geplante Gemeinschaftszentrum der lokalen Gemeinschaft vorgestellt wird, und das Publikum die Unkonventionalität des Entwurfs als “modern” kritisiert.

Der Film erzählt primär die tragische Biographie von Laszlo Toth, der in den 1920-er Jahren als ungarischer Jude und am Bauhaus ausgebildeter Architekt, mehrere große Bauwerke in Budapest umsetzen konnte, dann aber in einem Konzentrationslager inhaftiert wird. Er kann letztlich aus Europa flüchten und landet in einer US-amerikanischen Kleinstadt. 
Das Trauma der Trennung von seiner Familie und der Flucht wird durch Themen wie Drogenabhängigkeit, Armut, prekäre Arbeitsumstände, soziale Ungleichheit, Diskriminierung, sexuelle Übergriffe und vielen weiteren ergänzt. Doch keine dieser Themen erhält wirklich Tiefe. Sie stapeln sich endlos und überladen den Film.

Der tragische Lebenslauf wird im letzten Filmakt auf der ersten Architekturbiennale in Venedig gewürdigt. Die von Toth und seiner Lebensgefährtin als eigene Tochter behandelte Nichte hält die Eröffnungsrede und lobt den im Rollstuhl sitzenden und von seinem Leben geprägten Onkel. Das in Venedig vorgestellte Gesamtwerk bezeichnet die Nichte als eine Reflexion über Toths Leben, und das Gemeinschaftszentrum, anhand dessen Entstehung dem Publikum Toths Geschichte erzählt wird, wird in ihrer Rede als Analogie beziehungsweise persönliche Aufarbeitung der Haftzellen im Konzentrationslager gedeutet.

Ist die eigentliche Geschichte eher zäh, so ist die Bildsprache des Films umso beeindruckender. Die Orte und Räume des Films unterstreichen die Tristesse und Hilflosigkeit Toths subtil, aber durchaus wirkungsvoll. Trotz all dem habe ich mich nach 3 Stunden und 15 Minuten, plus 15-minütiger Pause gefragt: Musste das wirklich alles so lang sein?

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GAT