15/01/2025

Schluss, aus, vorbei. Am 8. Jänner 2025 fand im Hörsaal der Albert Schweitzer Klinik der zweite „Informationsdialog zum Areal Rösselmühle und Postgarage” statt. Der Abend stellt den letzten fixen Termin im Beteiligungsprozess zum Stadtentwicklungsgebiet im Grazer Bezirk Gries dar. Nach der Präsentation des aktuellen Planungsstandes wurde zum letzten Mal eine offizielle Bühne für kritische Anmerkungen, Bedenken und Fragen geboten.

15/01/2025

Bis zum Beginn der Veranstaltung füllen sich auch noch die letzten Plätze.

©: Jakob Bock

“Das sind schon ziemliche Mugln”, lautete ein Kommentar zu den gezeigten Baumassen.

©: Jakob Bock

Wenn hohe Gebäude urbane Kernzonen definieren, entsteht hier eindeutig ein Stadtteilzentrum.

©: Jakob Bock

Auch nach der Präsentation bleiben viele noch eine Weile für die abschließende Diskussion.

©: Jakob Bock

Durch den Abend führte die Moderatorin Andrea Mann, die selbst neben Raumplanungen auch Beteiligungsprozesse gestaltet. Auf das Publikum wartete eine Präsentation mit Rückblick, Zwischenergebnissen und Ausblick auf den laufenden Prozess. Danach beschloss man den letzten öffentlichen Teil des Beteiligungsprozesses mit einer kurzen Verkündung der Ergebnisse aus den Arbeiten in den drei „Infocornern”.

Vor Beginn des Hauptteils hob Frau Mann noch die bisherigen Beiträge hervor, wie den ersten „Infodialog“ oder die beiden „Offenen Ateliers“. Aber auch die der externen Akteure, wie z.B. der „erhaltenswerte“ Forschungsbeitrag des Projektes „MEHL GRIES BETON”, die Forderungen des Komitees Rösselmühle nach niederschwelligen Sozial- und Kulturräumen oder der Raumbedarf des Johann-Joseph-Fux Konservatoriums oder der Albert Schweitzer Klinik fanden eine kurze Erwähnung. 

Das interdisziplinäre Projektteam vertrat der leitende Architekt Andreas Kleboth, für die Stadt Graz stand Bernd Schrunner Rede und Antwort. Nicht anwesend waren die Eigentümervertreterin der RöMü GmbH, Birgit Leinich, und die politisch Verantwortliche, Vizebürgermeisterin Judith Schwentner. Letztere ließ sich jedoch durch den Grünen Gemeinderat Tristan Ammerer vertreten.

Nach weiteren Begrüßungsworten des Grünen Gemeinderats und einem kurzen Dankeschön für das Interesse der teilnehmenden Bürger:innen ging es auch schon direkt in das Thema des Abends: den Status quo des Rahmenplans rund um die Rösselmühle.

In den Planungsworkshops auf dem Gelände der Rösselmühle haben sich einige Grundsätze herauskristallisiert, auf denen der zukünftige Rahmenplan aufbaut: Auf zwei Baufeldern östlich und westlich des Mühlgangs sollen vertikale Baukörper das Gebiet verdichten und dabei die Wirkung der Silos aufnehmen.  Bei den Freiräumen wird dem Platz südlich der Postgarage und einem Park im Südosten große Bedeutung beigemessen. Darüber hinaus soll der Mühlgang durch eine angrenzende „Esplanade” aufgewertet und der vorhandene Gebäude- und Baumbestand weitestgehend erhalten werden.

Grundsätze, die durch eine beispielhafte Baumassenverteilung verdeutlicht werden. Im ersten Baufeld soll die Postgarage in ihrer Wirkung als Solitär gestärkt werden. Dazu soll der Parkplatz einer kleinen Parkanlage im Süden weichen. Im zweiten Baufeld östlich des Mühlgangs fasst ein zweigeschossiger Sockel vier vertikale Punkthäuser mit bis zu 36 Metern Höhe und elf Geschossen zusammen. Am Westufer werden drei Hochhäuser platziert, auf ein gemeinsames Sockelgeschoss wird hier verzichtet.

Mit dem Bestand zeigt man sich flexibel: Entweder bleiben Wohnhaus und Mühle mit Silos stehen, oder sie weichen einer westlichen „Esplanade” entlang des Mühlgangs – die frei werdende Fläche kann wegen der Nähe zum Wasser nicht bebaut werden. Mit Blick auf den Entwurf ohne erhaltenen Bestand sagt Herr Kleboth: „Mir fehlt da was”.

Zur Raumnutzung verlor man nur wenige, sehr allgemeine Worte: In den sich nach außen öffnenden Sockelgeschossen sollen gemischte Nutzungen Platz finden. Was darüber passiert, bleibt undefiniert – über dem Nutzungsmix schwebt das Damoklesschwert namens „Wohnen“. Für den immer noch höchsten Baukörper, das Silo, gibt es Überlegungen für Sondernutzungen, für die es sich die Erschließung mit einem angebauten Turm teilen könnte.

Im Anschluss an den Informationsblock bestand die Möglichkeit, Fragen zu den Inhalten der Präsentation zu stellen. Eine Möglichkeit, die auf großes Mitteilungsbedürfnis in den gut gefüllten Reihen stieß. Darunter waren nicht nur Anrainer:innen rund um das Projektgebiet, sondern auch Vertreter:innen des Komitees Rösselmühle und der Zwischennutzer:innen.

Betrachtet man die bisherigen Beteiligungsveranstaltungen, so tauchen an dieser Stelle des Abends immer wieder die gleichen Fragen, Sorgen und Wünsche auf. Dies verdeutlicht einerseits die Wichtigkeit der Themen. Andererseits zeigt es aber auch, dass es im bisherigen Prozess offenbar nicht gelungen ist, die Anliegen der Bevölkerung zu ihrer Zufriedenstellung zu berücksichtigen.

Da ist zum Beispiel das erhöhte Verkehrsaufkommen, das sich hinter dem Stehsatz „so wenig Autoverkehr wie möglich” verbirgt. Schließlich gehen 200 bis 350 Wohneinheiten und zwei Tiefgaragen nicht spurlos am Quartier vorbei. Oder die Frage, woher der hohe Bedarf an Wohnungen kommt und wer dort wohnen soll – Stichwort Gentrifizierung. Vor allem die sogenannten „Mugln” auf den beispielhaften Darstellungen der Baumassen sorgten für skeptische Kommentare.

Zwei Punkte wurden jedoch von verschiedenen Seiten besonders kritisiert: erstens das Fehlen einer vertieften Analyse des Flächenbedarfs, der Nutzergruppen und des Verhältnisses von Wohnen und Nicht-Wohnen. Zweitens der Modus und Umfang des Beteiligungsprozesses, der auf einer Skala von Informieren, Konsultieren, Einbeziehen, Kooperieren bis hin zum Ermächtigen der Bürger:innen gerade mal an Punkt zwei heranreicht.

Kritisch zur Diskussionskultur ist anzumerken, dass in diesem Segment einige wenige Stimmen aus dem Publikum durch ausufernde Wortmeldungen viel Zeit in Anspruch nahmen. Im hitzigen Hin und Her und Nebeneinander war es schwer, der Diskussion zu folgen. Zudem gingen einige pointierte Fragen und Kommentare unter oder konnten aus Zeitgründen gar nicht erst gestellt werden.

Nach Abschluss der Fragerunde im Plenum verteilte sich das Publikum auf die drei „Infocorner“ – allerdings erst nach heftigem Widerstand gegen den „aufgezwungenen Prozess". Dort warteten schon diverse Mitarbeiter:innen des Projektteams und der Stadt Graz. Sie beantworteten die Fragen und dokumentierten Kritik, Anregungen und Wünsche auf Kärtchen an Pinnwänden. Die Dokumentation der Ergebnisse soll in den nächsten Tagen im Veranstaltungsbericht auf der Website der Stadt Graz nachzulesen sein.

Aber wie geht es nun weiter? Mit dem an diesem Abend skizzierten Bild einer zukünftigen Bebauung geht es nun an die Ausarbeitung des Rahmenplans. Mit dessen Fertigstellung ist etwa im April 2025 zu rechnen. Er selbst ist kein „formelles“ Planungsinstrument. Er muss auch nicht von einem offiziellen Gremium beschlossen werden, sondern bedarf lediglich der politischen Zustimmung. Inhaltlich flexibel definiert er Ziele und Rahmenbedingungen und enthält darauf aufbauend einen beispielhaften Entwurf.

Der Rahmenplan dient als Grundlage für eine mögliche Änderung des Flächennutzungsplans, die dann vom Gemeinderat beschlossen wird. Beide Pläne können durch ergänzende Verträge präzisiert und mit zusätzlichen Auflagen versehen werden. Kernpunkt ist die Umwidmung von Betriebsgebiet in Kerngebiet, wodurch auch Wohnnutzungen auf den Baugrundstücken möglich werden.

Als Gewinn für die Stadt Graz werden rund 5.000 Quadratmeter der Grundfläche in Aussicht gestellt, die mit der Umwidmung in die öffentliche Hand übergehen. Inwieweit der Mehrwert für die Stadt und insbesondere den Stadtteil darüber hinausgeht, wird die Zukunft zeigen. Von offizieller Seite ist der Dialog zwischen Bauträger:innen, der Stadt Graz und Bürger:innen fürs Erste abgeschlossen. 

______
Anmerkung der Redaktion: GAT-Autor Jakob Bock vermittelte im vergangenen Jahr einen Einblick in den Ablauf einer der Workshop-Veranstaltungen im Rahmen des Beteiligungs-und Informationsprozesses zur Entwicklung des Rahmenplans für das Rösselmühlareal im Stadtteil Gries. Er war auch am 8.1.2025 vor Ort bei dem vorerst letzten Informationsangebot durch die Stadt Graz an Nachbarschaft und interessierte Öffentlichkeit und schildert seine Eindrücke. 

Hier geht's zum 
Nachrichtenarchiv 
und zum Kalender
 
 
Winter-
pause 
bis 7.1.2025
GAT