Die Seestadt ist ein Stadtteil, in dessen Entstehung und Formfindungen unterschiedliche Parameter hineinspielen. Es ist ein Zusammenspiel von Vorgaben von Fördergebung, behördliche Vorschriften, Sicherheitsvorschriften (betreffend Eigeninitiativen der Nachbegrünung etwa), Bauträger, Stadtentwicklung, Bauwirtschaft und nicht zuletzt auch des Stadteilmanagements Aspern und der Bewohner:innen. Auch, etwa im Unterschied zum Sonnwendviertel, sind rundum keine alten vorhandenen, organisch gewachsenen Strukturen gegeben, die das Viertel und die dort neu entstehenden Initiativen und Gemeinschaften mittragen, was ebenso das Leben dort formt. Dadurch weckt die Seestadt Assoziationen mit Satellitenstädten, die tatsächlich nur zum Pendeln und Schlafen genutzt werden, mit dem wichtigen Bestandteil natürlich, dass öffentlicher Verkehr dorthin gegeben ist, und war, noch vor der Errichtung der Wohnquartiere. Oder etwa an die Bauten die am Stadtrand von Madrid während der Immobilienblase vor etwa 20 Jahren entstanden, und erst nun aufgrund von Teuerung im Stadtkern genutzt werden. Grünraum ist ein wichtiger Aspekt der Aufwertung der Wohnqualität eines neuen Viertels am Rande der Stadt.
Auf lange Sicht ist dafür, wie die Seestadt sich entwickeln wird, die Möglichkeit zur Nachbegrünung und das sich Einbringen der Bewohner*innen in der Gestaltung ihres Viertels essenziell.
Nachbegrünung
Aspern Seestadt, ist ein neues Stadtviertel am Rande Wiens, und es befindet sich noch im Aufbau. Während einige Wohngebiete bereits fertiggestellt wurden, ist der Bereich zwischen See und der Station Aspern Nord weiterhin in Entwicklung. Im Sommer sorgt das Viertel regelmäßig für Diskussionen – vor allem wegen Hitze, fehlendem Schatten und versiegelten Flächen. Doch auch die Bäume wachsen, und es tut sich einiges zur Verbesserung der Grünräume.
Eine wichtige Initiative, die bereits in GAT präsentiert wurde ist SeeStadtgrün – „ein überparteilicher, gemeinnütziger Verein, bestehend aus Bewohner*innen, die sich um vielfältige Begrünungsinitiativen in der Wiener Seestadt bemühen“. Sie erarbeiten Initiativen zur (Nach)Begrünung, organisieren regelmäßige Treffen und sind selbst aktiv in der Begrünung und Organisation der Gießrunden. Das gemeinschaftliche Engagement ist wichtig, es trägt das Gefühl von Dazugehörigkeit und das eigene Stadtviertel mitgestalten zu können.
Ein Nachmittag im Pioniergebiet
Hier, im sogenannten Pioniergebiet, wurden bereits vor über zehn Jahren die ersten Wohnhäuser erbaut. Bei meinem Besuch 2020 wirkte die Begrünung im südlichen Teil der Seestadt, vor allem in Zwischenräumen noch eher bescheiden. Drei Jahre später zeigt sich ein strukturierteres Bild – wohl auch dank Initiativen wie SeeStadtgrün. Es gibt verschiedene Formen von Begrünung: große Parkanlagen gemäß der Stadtplanung, kleinere Gemeinschaftsgärten zwischen den Häusern, bepflanzte Zwischenräume und Projekte wie die „Essbare Seestadt“, welches ein grüner Gürtel mit Beeten, Trögen und kleinen Gärten markiert. Trotzdem: Vieles wirkt noch immer leicht provisorisch oder künstlich – als versuche mensch, eine Idylle zwischen Stadt und Garten zu schaffen, die noch nicht ausreichend organisch gewachsen ist.
Bäume, Bäume, Bäume!
Zusätzliche Begrünung ist für die Maria-Tusch-Straße und den Hannah-Arendt-Park geplant. Im Park wird derzeit die Wasserkaskade umgebaut, doch insgesamt wirkt das Areal noch karg. Der Hügel im Park bietet zwar beeindruckende (Foto)Perspektiven, doch Schatten fehlt. Wichtig bleibt auch die Begrünung auf Dächern und Terrassen – sie kann zur Kühlung beitragen.
Insgesamt bleibt das Gefühl, dass trotz Nachbegrünung viele Wege im Sommer mühsam begehbar sind. Gerade der Weg von der U-Bahn nach Hause kann heiß werden – nicht alle Routen führen am See entlang. Es bleibt zu hoffen, dass die Bäume nicht nur schneller wachsen, sondern auch mehr Schatten spenden.