29/11/2009
29/11/2009

ArchitektInnen und IngenieurkonsulentInnen in Österreich: wirtschaftliche Standortbestimmung der Branche

Am 1. Dezember 2009 präsentierte die Bundeskammer der ArchitektInnen und IngenieurkonsulentInnen (bAIK) im KUNSTHALLE wien project space die Ergebnisse einer Studie, die den Status der Gesamtbranche der ArchitektInnen und IngenieurkonsulentInnen in Österreich untersuchte. Besondere Beachtung fanden dabei Umsätze, Kosten und Erträge. Gemeinsam mit Triconsult befragte die bAIK im Sommer 2009 alle IngenieurkonsulentInnen und ArchitektInnen sowie Ziviltechniker-Gesellschaften (ZT-Gesellschaften) mit aufrechter Befugnis.

Umsatz und Auftragslage
4.118 Betriebe von IngenieurkonsulentInnen (IK) und ArchitektInnen erwirtschafteten 2008 knapp zwei Milliarden Euro Umsatz, wobei etwas mehr als die Hälfte auf IngenieurkonsulentInnen entfiel, weil sie insgesamt mehr Umsatz pro Büro machen als ArchitektInnen. Der Umsatz betrug 2008 bei den IngenieurkonsulentInnen im Median 126.000 Euro, bei den ArchitektInnen 103.000 Euro. Die Aufwendungen für Personal und Leistungen Dritter dominieren auf Seite der Kosten. Unternehmen mit Jahresverlust sind bei IngenieurkonsulentInnen und ArchitektInnen sehr ähnlich verteilt. Im Jahr 2009 war der Auftragsstand – insbesondere bei zahlreichen ArchitektInnen - geringer als 2008. Besonders interessant ist, dass die Auftragsvolumen bei den IngenieurkonsulentInnen zu rund 40 Prozent aus der öffentlichen Hand kommen, bei ArchitektInnen nur zu knapp 25 Prozent. Während IngenieurkonsulentInnen von privaten AuftraggeberInnen knapp die Hälfte ihrer Aufträge erhalten, sind es bei den ArchitektInnen fast zwei Drittel.

Auftragsvergabemodalitäten und Wettbewerbe
Ausländische MitbewerberInnen spielen für die Befragten keine besondere Rolle – Konkurrenz kommt eher aus der unmittelbaren Region, oder, seltener, aus den übrigen Bundesländern. Die Vergabemodalitäten für Aufträge der öffentlichen Hand unterscheiden sich deutlich bei IngenieurkonsulentInnen und ArchitektInnen: bei ArchitektInnen sind in rund 50 Prozent aller Fälle Wettbewerbe, bei IngenieurkonsulentInnen nur in Ausnahme-fällen, da hier Direktvergaben deutlich häufiger vorkommen. Dementsprechend nehmen auch nur 17 Prozent der IngenieurkonsulentInnen an Wettbewerben teil, während dies auf ArchitektInnenseite 63 Prozent der Befragten tun. Allerdings erhalten an Wettbewerben teilnehmende IngenieurkonsulentInnen durch diese Aktivität im Schnitt 1,7 Aufträge, ArchitektInnen jedoch nur 0,7 - jeweils durchschnittlich einen Erfolg nach 4,86 Wettbewerben. ArchitektInnen investieren circa 1,3 Millionen Stunden in Wettbewerbe und tragen Kosten in Höhe von rund 73 Millionen Euro, von denen sie etwas mehr als 33 Millionen Euro in Form von Aufwandsentschädigungen zurück erhalten.

Tätigkeitsbereiche
IngenieurkonsulentInnen unterscheiden sich hinsichtlich der Tätigkeitsbereiche nach der Art des Unternehmens deutlich. ZT-Gesellschaften planen öfter Ingenieurbauwerke oder sind im Projektmanagement im Bereich Wasser, Abwasser, Abfall, in Raumplanung, Landschaftsplanung und Städtebau tätig. Einzelne ZiviltechnikerInnen begleiten häufiger Projekte der Umwelttechnik, Bauphysik, Bauaufsicht und sind als Sachverständige tätig.
Die Tätigkeitsbereiche der ArchitektInnen unterscheiden sich weniger zwischen EinzelarchitektInnen und ZT-Gesellschaften. Sie nennen als Arbeitsschwerpunkte Bürogebäude, sozialen Wohnbau, öffentliche Gebäude - aber auch Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Generalplanungen.

Berufszufriedenheit
Die Frage, wie sich ZiviltechnikerInnen in ihrem Beruf fühlen und welches Sozialprestige sie sich zuschreiben, brachte zu Tage, dass die Berufswahl von nur 15 Prozent bedauert wird. Die Zufriedenheit mit der Höhe des Einkommens ist jedoch eher gering. IngenieurkonsulentInnen sind mit ihrem Einkommen rund doppelt so häufig zufrieden wie ArchitektInnen, auch die berufliche Lebensqualität und das professionelle Umfeld schätzen sie positiver ein. Nur drei bis vier Prozent würden gern vor dem Pensionsantrittsalter aus dem Beruf aussteigen, während jede/r Achte unsicher ist.

Beschäftigte und Stundensätze
Die Branche beschäftigte 2008 national insgesamt rund 24.250 Menschen im Vollzeitäquivalent. 2009 bleibt der Beschäftigungsstand so hoch wie im Vorjahr. Rund 73 Prozent der geleisteten Arbeitsstunden können weiterverrechnet werden, der durchschnittliche Stundensatz liegt bei 80 Euro. Ergänzt um den betriebswirtschaftlich notwendigen Gemeinkostenfaktor bedeutet das einen zu verrechnenden Stundensatz von 114 Euro. Auffällig ist das immer noch vorherrschende Geschlechterungleichgewicht: 91 Prozent Männer und 9 Prozent Frauen nahmen an der Befragung teil. Dies macht erneut deutlich, dass Ziviltechnikerinnen nach wie vor unterrepräsentiert sind.

Untersuchungsdesign
Die Untersuchung wurde mittels eines webgestützten schriftlichen Interviews im gesamten österreichischen Bundesgebiet durchgeführt. Alle ausgewiesenen Zahlen sind Projektionen, da die Ergebnisse der Befragung auf Basis der Kammermitglieder je Bundesland gewichtet und hochgerechnet wurden. Felix Josef, Geschäftsführer Triconsult GmbH, sagt zur Besonderheit der Studie: „Die Teilnahmebereitschaft unter den Befragten war sehr gut und führte zu einer Rückmeldung von mehr als 20 Prozent aller Mitglieder. Durch die saubere Verteilung über alle Bundesländer und über die verschiedenen ZT-Befugnisse (formale Berechtigungen) stehen die Projektionen auf solider Basis.“

Verfasser/in:
bAIK
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