30/10/2011
30/10/2011

F.Á.: herr ott, sie sind seit über 20 jahren als architekturfotograf tätig. warum gerade architektur und nicht mode, schöne frauen oder die natur? was hat sie am anfang richtung architektur gestoßen?
P.O.: eine gewisse affinität zur architektur war immer schon vorhanden. ich wollte aber weder das Gleiche studieren wie mein älterer bruder (Architektur; Anm.) noch das fotostudio (portrait, hochzeiten, usw ) meiner mutter übernehmen... architektur zu fotografieren war die logische konsequenz.

F.Á.: können sie sich an einen architekten und/oder ein gebäude erinnern, der/das sie besonders fasziniert hatte, bevor sie fotograf wurden?
P.O.: auch wenn ich länger nachdenke, nein. bevor ich nach graz ging, habe ich architektur, glaube ich jedenfalls, nur regional wahrgenommen (ende der 70er die umstrittene nike von haus-rucker-co und anfang der 80er in linz das rathaus von architekt rupert falkner). dann, in graz, bin ich durch befreundete architekturstudenten natürlich mit den großen internationalen namen sowie den ansässigen architekten der grazer schule ( domenig, giencke, hafner, kada, usw ) konfrontriert worden.

F.Á: was war das erste projekt, das sie fotografiert haben?
P.O.: die ersten projekte hab ich eigentlich für mich fotografiert, aber eines dieser projekte war eine ausstellung über die kunst der zwischenkriegszeit in graz.

F.Á: bekommen sie bei der arbeit freie hand oder kriegen sie manchmal anweisungen?
P.O.: über die architektur wird schon gesprochen, informationen über die architektur, funktionen usw. sind schon ganz gut, aber der rest liegt bei mir.

F.Á.: haben sie mit der zeit ein "architekten"-auge entwickelt?
P.O.: nein, ich habe mir meine eigene sichtweise behalten.

F.Á.: ist es vorgekommen, dass sie nach besichtigung eines hauses den auftrag absagt haben?
P.O.: ich bin in der glücklichen lage, dass ich keine uninteressanten projekte angeboten bekomme.

F.Á.: schauen manchmal die objekte am bild besser aus als in der wirklichkeit?
P.O.: was bedeutet besser? auf der einen seite kann ich nur das fotografieren, was ich sehe, es ist also ein abbild des vorhandenen, der wirklichkeit. auf der anderen seite ist ein foto immer nur eine interpretation dessen, ein versuch, ein dreidimensionales raumempfinden auf einem 2d bild wiederzugeben. zudem gibt eine kamera einen ausschnitt und noch einige andere grenzen vor, die sich von der menschlichen wahrnehmung stark unterscheiden und sie vermag weder umgebungsgeräusche noch gerüche usw. einzufangen. ich kann aber den blick des betrachters lenken und auf mir wichtiges fokussieren und unwichtiges ausgrenzen.

F.Á: gibt es so etwas wie retuschieren oder ist es strengstens verboten?
Paul Ott: ja, das hat es aber auch schon zu analogen zeiten gegeben. die grenzen ziehe ich aber relativ schnell, retuschen bedeuten ja auch nur kleinere ausbesserungen oder die entfernung von schmutz usw. fotomontagen, welche die grenzen zur realität aufheben, mache ich nicht.

F.Á: gibt es in österreich architekten, die ihrer meinung nach wertvolle architektur machen, die aber momentan (noch) nicht so bekannt sind?
P.O.: mit sicherheit, überregionale bekanntheit hängt auch mit regelmäßigen publikationen in internationalen fachzeitschriften zusammen.

F.Á: haben sie, ähnlich wie schauspieler, die oft einen rollentraum haben, einen projekttraum?
P.O.: ja, zeitliche und auch finanzielle unabhängigkeit sowie die freiheit, ausschließlich für sich selbst zu fotografieren.

Verfasser/in:
Architekt Ferdinand Arpad; erschienen im Weblog von Ferdinand und Ferdinand Architects
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