Bekannt war Habatl, wie der gebürtige Oberösterreicher genannt wurde, seit ich mich erinnern kann, wie ein bunter Hund. Nicht wenige Jahre des Studiums verbrachten wir Tür an Tür im obersten Stockwerk der TU Graz (damals noch die Technische Hochschule) in der Rechbauerstraße, ich im Architekturzeichensaal 3, er im Vierer. Aber kannte ich ihn? Mitnichten. Dass ihm wichtig war, zu betonen, er sei in Wartberg ob der Aist geboren, erzählte mir erst Heinz Lang (Halle 1), der Freund aus Studientagen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband, auch nachdem sich ihre beruflichen Wege trennten. Herbert Liska hat mit seiner Frau Renate fünf Kinder, das erste kam 1974, als Habatl gerade 24 war. Kein Wunder, dass er immer parallel zum Studium gearbeitet hat. Bei Heinz Lang war es ähnlich, und so fuhr man einmal im Jahr zum gemeinsamen Familienurlaub nach Rovinij, im Winter zum Skifahren nach Saalbach.
Übereinstimmend erzählen alle, die je mit Herbert Liska an einem gemeinsamen Projekt gearbeitet haben oder seine Arbeitsweise kannten, weil sie mit ihm in einer losen Bürogemeinschaft saßen, dass er immer akribisch genau arbeitete und daher sehr lange brauchte, bis er eine Sache abschloss. Zitat Heinz Lang: Habatl hatte einen anderen Zeitbegriff, er reklamierte eine „gedehnte“ Zeit für sich. Und Lang erinnert sich an die Bauaufnahmen in Istrien mit Professor Klose und Holger Neuwirth, wo dieser beim Skizzieren immer erst am Vorder- oder Hintergrund zeichnete, als die anderen schon wieder weiterziehen wollten. Später bereitete er sowohl Projekte wie auch Wettbewerbe für unterschiedliche Auftraggeber minutiös genau vor. Das war, nachdem er sich mit der räumlichen Teilung einer großen Gründerzeitwohnung am Stadtpark neben Marlies Binder, Wolfgang Feyerlik/Susi Fritzer und Gerhard Mitterberger selbstständig gemacht hatte. Das muss um 1987 oder 1988 gewesen sein.
Zuvor jedoch, nach Absolvierung des aus den genannten Gründen lang dauernden Studiums, war Herbert Liska Mitarbeiter im Büro von Günther Domenig. Dort war er Teil des Teams, das die Geometrisierung des Steinhauses vorantrieb, das bis dahin auf den Skizzen Domenigs beruhte, die ein mehr emotionaler als struktureller Ausdruck von Brechungen und Zerbrechungen von Landschaften und traditionellen Bauformen des Kärntner Oberlandes war. Im gedruckten Oeuvre von Günther Domenig taucht der Name von Herbert Liska nicht auf, weder im Werkbuch aus dem Residenz-Verlag, noch in dem von Matthias Boeckl herausgegebenen Buch „Recent Work“ oder im Buch über das Steinhaus, das im Kärntner Ritterverlag erschienen ist. Nur der Ausstellung „Wir Domenig“ des Kurators und ehemaligen Domenig-Assistenten Michael Zinganel, die von Oktober 2022 bis Februar '23 im Kunsthaus Mürzzuschlag zu sehen war, können wir entnehmen, dass Habatl von 1986 - 87 an der Genese des Steinhauses beteiligt war.
Dass er bei Domenig ohne Streit ausschied, wirft auch ein Licht auf ihn selbst als Mitarbeiter und Mensch. Fragt man Freunde und Weggefährten über ihn aus, so formt sich ein Bild, erstaunlich homogen, das wohl nur so über die Person Herbert Liska entstehen konnte, weil Habatl „als Mensch authentisch“ war (Zitat Heinz Lang). Übereinstimmend werden ihm Bescheidenheit, Besonnenheit und auffallend große Gutmütigkeit konstatiert, er war wohl immer abwartend, dabei aber auch immer sehr dem oder den anderen zugetan. „Ja, der Habatl, der hat an so vielen Themen Interesse gezeigt, alles hat ihn interessiert“, meint der Freund aus Studientagen, „und der konnte gut zuhören, wiewohl er auch gern viel geredet hat.“ Und er fügt hinzu: Leben und feiern, das verstand er.
Nun ist er gestorben, vermutlich im Schlaf. Bei Menschen mit dem Wesen eines Herbert Liska besteht die Gefahr, dass man ihr Verschwinden aus dem Bekanntenkreis (und aus der Grazer Architektenblase) gar nicht bemerkt, zumal der Generationswechsel unter den hiesigen Architektinnen und Architekten schon länger vollzogen ist. Doch wer ihm je begegnet ist und in den Genuss der Erzählung einer seiner vielen Gschichteln kam, der wird ihn nie vergessen, den erdverbunden wirkenden und zugleich intellektuell geschulten „gstandenen“ Oberösterreicher. Feiern ja, aber ihn nach seinem Tod hochleben zu lassen, das hätte er nicht gewollt, der Habatl.
Herbert Liska
Danke liebe Karin für den Nachruf.
Habatl war mir ein lieber Zeichensaalkollege. Irgendwann haben wir uns aus den Augen verloren.
Aber wann immer ich durch die Krenngasse gefahren bin, habe ich an ihn gedacht.
Habatl - wie gut, dass es dich auf dieser Welt gegeben hat!