Herta Rottleuthner-Frauneder war, nach ersten Anfängen während der Vorkriegs- und NS-Zeit, in den Nachkriegsjahrzehnten erfolgreich als Architektin tätig. Mit der Verleihung der Architektenbefugnis 1947 konnte sie sich mit einem eigenen Architekturbüro in Bruck a.d. Mur unabhängig machen, zumal die Heimkehr ihres Mannes und Büropartners aus der Kriegsgefangenschaft damals ungewiss war und sie drei Kinder zu versorgen hatte. Sie nahm an zahlreichen Wettbewerben teil und realisierte eine ganze Palette an Geschäftseinrichtungen – Konditorei, Bäckerei, Café, Gasthaus, Kino, Blumenladen, Autoreparaturwerkstätte – sowie Einfamilien- und Wochenendhäuser. Hinzu kamen Entwürfe für Wohnungsinterieurs und bequem-gediegenes Mobiliar. Später erhielt sie größere Aufträge, für Volks- und Hauptschulen, für ein Studentenheim und sozialen Wohnbau, wobei letztere Bauaufgaben von ihr meist konventionell-pragmatisch umgesetzt wurden.
Schwimmbäder
Besondere Expertise entwickelte Herta Rottleuthner-Frauneder in der Planung öffentlicher Schwimmbäder, mit denen sie überregional Aufmerksamkeit bekam. Anfang der 1950er Jahre war der drängendste Wiederaufbau in Österreich weitgehend abgeschlossen, und die Gemeinden konnten sich der Förderung von Freizeit- und Sportaktivitäten widmen. Das erste nach einem Entwurf der Architektin errichtete Freibad entstand 1952–56 im obersteirischen Niklasdorf, es folgten weitere sieben in der Steiermark und dem Burgenland. 1961 publizierte die Zeitschrift „Der Bau“ in einem Themenschwerpunkt zu aktuellen Bäderanlagen in Österreich Rottleuthner-Frauneders Projekte in Bruck a.d. Mur und Hartberg. Schon in der Zwischenkriegszeit hatten in größeren oder kleineren Gemeinden Schwimmbäder besondere Bedeutung für einen modernen Lebensstil, damals meist ausgeführt als Holzarchitekturen. Nun, in der Nachkriegszeit, wurde mit räumlichen Strukturen experimentiert und Beton, Metall und Glas als Materialien eingesetzt.
Bei den Entwürfen des Büros Rottleuthner-Frauneder waren Schwimmer- und Nichtschwimmerbereiche oft organisch zu einer großen Wasserfläche zusammengefasst. Aufgrund der gut durchdachten, mit Treppen, Büschen und Blickpunkten strukturierten Wegeführung konnten sich die Benutzer:innen gut orientieren, und der Kleinstkinderbadebereich war so gestaltet, dass er für die Eltern leicht überschaubar war. Der größte Auftrag und die bei weitem komplexeste Anlage war das Frei- und Hallenbad in Graz-Eggenberg, das als Hauptwerk der Architektin betrachtet werden kann. Bereits 1956 hatte sie den Wettbewerb gewonnen, erst 1974 konnte das Bad schließlich nach zahlreichen Verzögerungen und Behinderungen eröffnet werden.
Studium in Graz
Herta Rottleuthner-Frauneders Werdegang ist mit der Geschichte der Moderne im Graz der Zwischenkriegszeit verknüpft. 1912 geboren und in Bruck a.d. Mur aufgewachsen, nahm sie 1929 ihr Studium an der Technischen Hochschule Graz auf. Sie freundete sich mit Anna Lülja Simidoff (später verh. Praun) an, die bis dahin die einzige weibliche Architekturstudierende gewesen war. Etwas anders als diese nahm sie die Aufnahme als Frau als unfreundlich wahr, die verunsicherten männlichen Kollegen hätten mit verbaler Diskriminierung und die Professoren mit besonders harten Prüfungen reagiert.
Praxiserfahrung sammelte sie während ihres Studiums fast ein Jahr lang in Bielefeld und 1934 einige Monate lang im Architekturbüro von Herbert Eichholzer, zu dessen Freundeskreis sie auch gehörte. Wie bei vielen Architekt:innen ihrer Generation fällt eine hohe Mobilität auf, die vor allem mit der schlechten Auftragslage und den schwierigen Lebensbedingungen in den 1930er Jahren zusammenhing. In den Jahren nach Studienabschluss arbeitete sie in Regensburg bei Regierungsbaumeister Hans Becker und in Timișoara in Rumänien, wo sie Fabriks- und Wohngebäude plante. Bei Architekt Hans Holzbauer am bayrischen Ammersee war ihre Arbeit schlecht bezahlt, sodass sie gesundheitlich geschwächt war. Dennoch gewann sie in dessen Büro entscheidend an Routine im schnellen Zeichnen und beim Entwurf.
Eigenes Büro
Nach ihrer Rückkehr nach Österreich 1938 – der „Anschluss“ war bereits vollzogen – fand sie wie viele andere Architekt:innen bald eine Anstellung in der Bauabteilung der Reichswerke Hermann Göring (offenbar ohne NSDAP-Mitglied zu sein). Sie arbeitete bis 1941 im Büro von Chefplaner Herbert Rimpl vor allem im Arbeiterwohnbau in der Obersteiermark mit, so bei der Bergarbeitersiedlung in Trofeng (Eisenerz), einer der größten NS-Siedlungsanlagen in der Steiermark für unbemittelte, kinderreiche „deutsche Volksgenossen“.
Nach der Geburt ihres Sohnes führte sie ab 1941 in Bruck a.d. Mur ein eigenes Architekturbüro gemeinsam mit ihrem Mann, dem Architekten Ernst Rottleuthner, der allerdings bald nach der Heirat 1939 im Kriegseinsatz war. Ein erster Büroerfolg war der erste Preis beim Wettbewerb für eine (nicht ausgeführte) Volksschule in der Schirmitzbühel-Arbeitersiedlung der Böhler-Werke in Kapfenberg, der im „Völkischen Beobachter“ Beachtung fand, auch ein HJ-Heim wurde geplant. In den Nachkriegsjahren war die repräsentative Neugestaltung und gesamte Inneneinrichtung der Raiffeisen Zentralkasse in Graz ein erster größerer Auftrag des Architekturbüros Rottleuthner-Frauneder. Die traditionalistisch-gediegene Architektur und die behäbigen Möbel der 1948 fertiggestellten Räumlichkeiten nehmen noch deutlich Bezug auf die Formwahl der erst kurz zurückliegenden Jahre.
Im Brucker Büro war auch eine weitere Architektin tätig, Grete Pasterny, die später ein eigenes Büro in München haben sollte. Der Erfolg von Herta Rottleuthner-Frauneders Arbeit war nicht zuletzt dadurch möglich, dass ihre Mutter sie bei der Versorgung ihrer drei Kinder unterstützte. Nach ihrer Scheidung 1968 führte sie gemeinsam mit ihrer Tochter Elisabeth das Büro bis in die 1980er Jahre weiter. Sie verstarb im Jahr 1999, ihr Büronachlass kam 2012 an das Archiv der TU Graz.
more Infos über Zustand der Gebäude
Liebe Antje,
Danke für das schöne Portrait. Was ich aber noch viel interessanter finden würde, wäre die Aussage, wie viele oder welche Gebäude von ihr heute noch stehen und wie sich der Zustand der Gebäude darstellt z.B. durch Fotoserie. Gibt es überhaupt noch welche? Die meisten Schwimmbäder sind ja verschwunden und abgebrochen wie u.a. Eggenberg. Stehen Gebäude unter Denkmalschutz von ihr? Zudem vermiss ich im Grunde die Ambitionen eine Datenbank einzurichten bzw auszubauen, wie jene der von Wiener Architekt:innen, Architekt*innenlexikon vom AZ W: https://past.azw.at/page.php?node_id=84&lang_id=de
LG Petra
Antwort auf more Infos über Zustand der Gebäude von Petra Kickenweitz
Freibad Bruck an der Mur
Die Frage kann ich zum Teil zweimal mit ja beantworten, das Freibad in Bruck an der Mur steht noch und auch unter Denkmalschutz, wenn auch eifrig daran gearbeitet wird, die Details aus der Entstehungszeit zu entsorgen. Den Zustand des Bades hat Markus Kaiser vor ein paar Jahren eindrucksvoll festgehalten. https://www.markus-kaiser.at/ausstellung-herta-frauneders-freibad-bruck…
Das Bad steht im Wesentlichen noch so da wie 1968, das große zusammenhängende Becken wurde 1986 gegen 3 dem ursprünglichen Umriss folgende Stahlbecken ausgetauscht, die Liegetribüne vor wenigen Jahren von einen plumpen Abklatsch ersetzt. Im Großen und Ganzen ist der Entwurfsgedanke noch zu erkennen.