Viktor Hufnagls Entwurf war ein Geschenk an die Bürger:innen: eine kleine Stadt in Hanglage, mit einer Agora, einem Campanile, einem „Torhaus“ für den Schulwart und drei tempelartigen Gebäuden, die Bildungseinrichtungen für Jungen und Mädchen beherbergen. Auch an die „Unterwelt“ war gedacht: ein Informationszentrum, Physik- und Zeichensäle, Werkräume, ein Lehrschwimmbecken, Garderoben, Umkleiden, Nebenräume, Lagerräume und Heizräume – alles, was notwendig war, um dem Schönen unter dem Licht den Glanz des Neuen zu verleihen. Lasten wurden von monumentalen Säulen getragen, unter auskragenden Dächern war alles offen, luftig und frei – ganz im Gegensatz zu den preußischen Unterrichtskasernen mit ihren schlauchigen Gängen, in denen Kleiderhakenbatterien den Rhythmus bestimmten.
Doch vieles war experimentell: Statt Stein und Marmor dominierte „béton brut“, der schnell alterte. Zwar wurden einige Mängel im Laufe der Zeit behoben, doch die kleine Bildungsstadt wurde über die Jahre von der „polis“ so sträflich vernachlässigt, dass die Politik schließlich entschied, aus Kostengründen Teile dem Orkus zu überlassen – und damit die eigenen Versäumnisse dem Vergessen zu überantworten. Mit dem Verlust dieses Gebäudes verliert Weiz nicht nur eine Schule, sondern auch ein kulturelles und architektonisches Wahrzeichen. Es bleibt die Frage, warum ein so bedeutender Teil der Stadtidentität nicht erhalten und aufgewertet wird – ob es wirklich hilfreich ist, dass die Schule an einem Pilgerweg liegt?
Schulzentrum Weiz
Längst keine Hauptschule mehr, sticht das Schulzentrum von Viktor Hufnagel aus der Stadtstruktur des Industriestandorts Weiz als einziges urbanes Element hervor. Wohl aus Platzgründen konnte meinem Artikel der vorgefundene offizielle und leicht veränderte Stadtplan, der dies demonstriert, nicht beigefügt werden. Er kann aber auf der WIKIPEDIA-Seite "Hauptschule Weiz" eingesehen werden.
Peter Riemann (Dipl.Ing./M.Arch (USA), Eggersdorf bei Graz