01/09/2014

Josef Klose, Architekt und em. Univ. Prof. der TU Graz, ist am 23. Juli 2014 im 86. Lebensjahr gestorben. Die TU Graz verliert mit Klose einen hervorragenden akademischen Lehrer und anerkannten Architekten, der mehr als 40 Jahre an der TU, davon über 20 Jahre als Leiter des Instituts für Raumgestaltung, tätig war.

Ein Requiem für Josef Klose wird am Freitag, dem 19. September um 16:00 Uhr in der Kirche zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit in Trofaiach abgehalten.

01/09/2014

Josef Klose, Exkursion in den Alpen-Adria-Raum, 1997

©: Jörg Uitz

Erinnerungen zu Lehre und Werk   

Wollte man mit einem Satz das Wirken von Josef Klose charakterisieren, dann vielleicht folgendermaßen: Klose hat sich als Architekt, Universitätslehrer und Mensch zeit seines Lebens mit größter Hingabe einer zentralen Fragestellung gewidmet: wie man über alles Zweckmäßige und Solide hinaus den Menschen zur Gestaltung einer lebenswerten Welt Schönheit durch die Sprache der Form vermitteln könne.
    Die Ästhetik des Schönen, Zweckmäßigen und Soliden verfolgte Klose, der 1946 mit dem Architekturstudium an der TH Graz begonnen und bei Rosskotten in Düsseldorf praktiziert hatte, zunächst als Assistent und Lehrbeauftragter für Architekturskizzieren und Bauaufnahmen am Institut für Baukunst, von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1997 als Ordinarius des Institutes für Raumgestaltung an der TU Graz. Klose war ein begnadeter, nie belehrender akademischer Lehrer. In Vorlesungen und Übungen zu Grundlagen der Gestaltung, Raumkunst, Möbelbau, Formgebung und Entwerfen kreisten seine in freier Rede geäußerten Gedanken immer wieder um die Sprache und Qualität der Form. Die Modernität seiner Lehre lag in einer kritisch wachen Präsenz, auch im Mut zum Zweifel, zum Fragmentarischen.
    Klose wies auf allgemeingültige, in der Natur und im Menschen verankerte Formgesetze hin. In umsichtigen Analysen von Landschaften, der Formenvielfalt von Pflanzen, dem sorgfältigen Studium anonymer Bauten, der Betrachtung bewährten Gebrauchsgeräts konnte er einer jugendlichen Hörerschaft den Reichtum der Natur, die zeitlose Qualität von Baukultur und Hausrat erschließen. Die Fülle seiner Gedanken sprühte vor allem im vertrauten Kreis hellhöriger Studierender auf alljährlich wegweisenden Exkursionen in den Alpen-Adria-Raum, nach Böhmen und Mähren. Fakultätsreisen nach Dänemark, Norwegen und Schweden boten neue Sichtweisen auf eine behutsame, vom Werkstoff Holz geprägte Bau- und Wohnkultur. Über die bloße Auseinandersetzung mit Architektur hinaus erschloss Klose seinen Wegbegleitern dabei die Qualität unterschiedlicher Landschaftsräume, die klimatischen Voraussetzungen, das historische Umfeld, die Kultur und Lebensweise der Bevölkerung als Impulsgeber für Bauen und Wohnen.
    Form erlebte Klose nicht als statisches Bild, vielmehr in ihrer Kontur von Kräften durchströmt, im Gleichgewicht eines äußeren und inneren Kräftewirkens, der Schwerkraft unterworfen, durch Material und Farbe beseelt. Stets ermunterte er zu einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, zu einer präzisen Wahrnehmung struktureller und räumlicher Qualitäten, zur gewissenhaften Darstellung des Erlebten. Die in Skizzenbüchern dargestellte Formenwelt, der Reichtum ihrer Harmoniegesetze und Farbnuancen sensibilisierte die Studierenden gegenüber Formalismen und kurzlebigen Modernismen. Mit erlesenen Blickwinkeln seiner Fotokunst, filigranen Bleistiftskizzen und luftigen Aquarellen lebte Klose die selbstgestellten Maximen überzeugend vor.
    Neben seiner Lehrtätigkeit schuf Klose als praktizierender Architekt eine Reihe subtiler Meisterwerke – Wohnhäuser, Geschäftseinrichtungen, Möbel, Lampen und Gartengestaltungen. Manches wurde umgebaut, ist heute nicht mehr erhalten. In seinem eigenen Schaffen und den von ihm betreuten Entwurfsübungen stand immer der Mensch im Mittelpunkt des räumlichen Gestaltens. Klose war keine Persönlichkeit großer Gesten. Nur mit Scheu sprach er über seine eigene Tätigkeit als Architekt. Seine Arbeit vollzog sich im Stillen. Bauen bedeutete für ihn, mit höchstem Qualitätsanspruch einen für menschliches Handeln angemessenen Rahmen zu schaffen.
    In seinen seltenen Äußerungen zum eigenen Entwurfsprozess betonte er die Notwendigkeit einer genauen Analyse des Geländes, der Orientierung, der internen Handlungsabläufe; die Beachtung eines sinnvollen und harmonisch proportionierten Raumgefüges, die Erfüllung physischer Ansprüche an Licht, Raumklima und Akustik; den Anspruch an höchste Qualität der Konstruktion und des Details, der Harmonie von Formen und Farben sowie an die Reinheit der Aussage. Sein Schaffensprozess war von hoher Materialkenntnis und umfangreichem Wissen um Fertigungsmethoden und Bauabläufe geprägt. Kein Detail blieb dem Zufall überlassen, wurde bis zuletzt verfeinert. Dabei achtete Klose in der Planungsphase stets auf modellhafte Anschaulichkeit, auf größten Realitätsbezug. Um den Studierenden Brücken zwischen Planung und Ausführung  zu bauen, hatte er das Institut mit einer Möbelwerkstatt sowie einem Raum- und Lichtlabor erweitert.
    Die von ihm in einem eigenen Werkbericht veröffentlichten, zwischen 1958 und 1968 errichteten Gebäude in Grazer Villenbezirken überblenden das damals aktuelle Formenvokabular der internationalen Architekturentwicklung mit seinen Erfahrungen aus der anonymen Bautradition. Mit erfrischender Klarheit verzichten Bauten wie die Bibliothek Bene (1958), das Haus Neubacher (1958-60), die Ferienhäuser Beer (1964), Riebler (1964-65) und Tscherne (1967-68), das Haus Mayer-Rieckh (1967-68) oder das Haus Kastner (1970-71) auf plakativen Regionalismus, brachen nach Kloses eigenen Worten „bestehende Verkrustungen“ des lokalen Baugeschehens auf. Jedes Gebäude trägt eine den Auftraggebern angemessene charakteristische Handschrift.
    Klose arbeitet in dieser Schaffensperiode mit ausgewogen proportionierten Baukörpern in weiß verputztem Mauerwerk oder reinem Klinker, schlanken, weiß gestrichenen Stahlkonstruktionen, mit Sattel-, Pult- oder Flachdächern, großflächig verglasten Öffnungen, vorgelagerten Terrassen. Besonderes Augenmerk gilt der Wegführung zu den Gebäuden, der Gartengestaltung. Die lichtdurchfluteten Innenräume sind mit eigenen Möbelentwürfen und Möbelklassikern der Zeit kultiviert eingerichtet. Innerstädtische Einrichtungen und Geschäftsumbauten wie die Arztpraxis Tscherne (1962) oder das Herren- und Damenmodegeschäft Prokop (1962, 1967, 1970) nehmen mit ihrer erlesenen Materialwahl von Naturstein, Edelhölzern, weißem Schleiflack, Linoleum, Chromstahl, Messing oder Tombak angemessen auf die entsprechende Bauaufgabe und örtliche Lage Bezug. Die Architekturrezension bezeichnet viele dieser Arbeiten als Schlüsselwerke der österreichischen Architekturszene ihrer Zeit.
    Mit seiner Berufung konzentriert sich Klose einige Jahre ausschließlich auf die Lehre, reflektiert selbstkritisch seine bisherige architektonische Arbeit, schärft an Kontakten zu Skandinavien und England seine Kritik an der Moderne, distanziert sich vom Modeströmungen der Zeit. Die ab 1978 errichteten Häuser, Geschäftsumbauten und Einrichtungen – wie die Bibliothek und der Dachausbau Mayer-Rieckh (1976, 1980), das Haus Ableitner (1978), das Juweliergeschäft Schullin (1981), die Backstube Auer (1982), das Modegeschäft Prokop (1983) oder die Bibliothek und das Badehaus Tessmar-Pfohl (1982, 1991) – sind durch ihre Materialwahl, Farbgestaltung und handwerkliche Qualität von den Idealen englischer und skandinavischer Architekten geprägt, sind von Heiterkeit und Wärme erfüllt. Klose bekennt sich zu Sattel- und Walmdächern, wechselt von asketischem Weiß und glänzendem Metall zu Nadel- und Laubhölzern, zu harmonischen Farbklängen, stellt auch seine Entwürfe nicht mehr in Tusche, sondern in aquarellierter Bleistiftzeichnung dar.
    Die überzeugende Aussagekraft seines Wirkens hat Klose durch seine große Verbundenheit zur Natur, durch eine bis zuletzt unstillbare Neugier an Archäologie bis Zeitgeschichte, durch höchste Qualitätsansprüche an sich selbst, durch ein uneitles, herzliches Auftreten gegenüber seinen Bauherren, Ausführenden und Mitarbeitern vorgelebt. Mit seinem ganz dem Menschen zugewandten Bauen hat er ein architektonisches Werk hinterlassen, das seinen Bewohnern kultivierte Wohnlichkeit bei höchster Lebensqualität bietet. Vor allem aber hat Klose durch die Anschaulichkeit seines ganzheitlichen Denkens und Handelns unzähligen Studierenden eine solide Basis für den eigenen Schaffensprozess gewiesen. „Man muss sich“, äußerte er einmal im Kreis von Studierenden, „mit Schönheit volltrinken, um auch in der Bedrängnis etwas davon weitergeben zu können.“

Christiane Brettschuh

Zu den Nachrufen von Konrad Frey und Jörg Uitz:
Liebevolle und kenntnisreiche Würdigungen.
Josef Klose war in einem - wie ihn Konrad Frey beschreibt - charismatisch - und wie Jörg Uitz es tut, scheu. Das machte ihn ungemein anziehend, gerade für junge Menschen. Die Systematik der Blattanordnung einer Brennessel beschreibend, konnte er mehr räumliche Wahrnehmung bei Studenten bewirken als alle "Semantik-und Semiotik", alles "Bauhaus" und alle "Wiener Werkstätte" seiner Professorenkollegen zusammen
CMB

Mi. 03/09/2014 11:10 Permalink
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